Betr.: Leserbrief „Besser Programm zitieren“, UZ vom 29. März

Beliebte Moral

Von Roland Winkler, Aue

Wir haben mit Sicht auf 30 Jahre die Ergebnisse nicht endender und immer neu geforderter Entschuldigungen und demütigender Verbeugungen bis zum Abschwören. Welche der deutschen Parteien hat sich jemals für ihre wahrlich brutalsten und massenhaften Verbrechen entschuldigt, für Verbrechen, die ihrem System des Kapitalismus immanent sind? Daran darf erinnert werden. (…) Politik wird von Menschen gemacht, Menschen, die von Krieg und Imperialismus geprägt wurden, die erst mit sich ändernden gesellschaftlichen Verhältnissen sich selbst verändern.

Wieviele Parteiprogramme geben ihre Ziele idealisiert, zukunftsorientiert vor? Welche können das glaubhaft tun und welche müssen sich zu Demokratie, Freiheit, Recht und Menschenrechten verlogen und heuchlerich bekennen, was hinreichend Erfahrung ist? Von diesen Überlegungen ausgehend, kann ich dem, was DKP-Vorstand, der Vorsitzende und Wera zum Thema zu sagen hatten, mit bestem Gewissen zustimmen (…).

Unsere DKP vereint heute Erfahrungen, Erkenntnis, Erleben von Generationen von Kommunisten, die in historisch unterschiedenen Systemen an unterschiedlichen Aufgaben gearbeitet haben, Erfolge gefeiert haben und bittere Niederlagen erleiden mussten. Als Kommunisten wissen und erleben wir in unseren Tagen eindrucksvoller denn je, was selbst am schlechtesten Sozialismus immer noch mehr zu schätzen ist als das, was dieser Kapitalismus über uns und die Menschheit immer brutaler bringt.

Als Kommunisten sollten wir endlich auch wissen, zu den großen Idealen der Demokratie, Freiheit, Recht, Humanismus bis Menschenrechten gehören immer auch die interessen- und klassenmäßig nicht zu umgehenden dialektischen Kehrseiten der Widersprüche. Schmerzlos, gerecht, nur harmonisch wird der beste Sozialismus nicht zu machen sein.

Ronald Schernikau brachte es 1990 in der DDR auf dem Schriftstellerkongress auf den Punkt, der heute oft außer Acht gelassen wird und doch so viel aussagt. „Der Westen hat (…) die Moral eingeführt, um über Politik nicht reden zu müssen. Moral, weil sie unter allen möglichen Standpunkten ausgerechnet den herzzerreißenden wählt, macht sich selber handlungsunfähig; deshalb ist sie so beliebt.“

Wie lange wollen wir den Demagogen, Hassern, Hetzern und Lügnern unterwerfen oder ihnen folgen? Diffamierungen der DDR, noch dazu von Geschichtsfälschern und Antikommunisten, müssen wir besten Gewissens nicht vorauseilend die Ehre erweisen.

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher laden wir Sie ein, die UZ als Wochenzeitung oder in der digitalen Vollversion 6 Wochen kostenlos und unverbindlich zu testen. Sie können danach entscheiden, ob Sie die UZ abonnieren möchten.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Beliebte Moral", UZ vom 5. April 2019



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Baum.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]

    Das könnte Sie auch interessieren

    Unsere Zeit