Der Elefant im Raum

Das Bundeskabinett hat den Kriegs- und Schuldenhaushalt 2026 verabschiedet. Seitdem wird munter diskutiert, wofür zu viel Geld ausgegeben wird. Vor allem für das Bürgergeld natürlich. Arbeitsverweigerern und Betrügern müsse endlich zu Leibe gerückt werden. „Wer das System ausnutzt, dem muss mit klaren Sanktionen begegnet werden“, meint etwa Dirk Wiese, Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD. Großes Getöse, um dem Elefanten im Raum nicht zu nahe zu kommen: Den größten Zuwachs im Haushalt verzeichnet das Kriegsministerium. Dessen Budget soll auf rund 82,7 Milliarden Euro steigen.

Ein Offener Brief von der Insel Hiddensee legt den Finger in die Wunde. Bürgermeister Thomas Gens schrieb ihn an Bundeskanzler Merz: „Während Sie und viele Abgeordnete auf Panzer und Raketen zählen, zählen wir in Städten und Gemeinden jeden Euro zweimal. Während Sie Milliarden über Milliarden in Rüstung, Aufrüstung und Auslandseinsätze pumpen, kämpfen wir vor Ort ums Überleben unserer sozialen und kommunalen Infrastruktur. (…) Wir auf Hiddensee wollen Wohnungen bauen, unsere Schule sanieren und digitalisieren – und endlich eine eigene Schulsporthalle errichten.“

Mit großem Tamtam werde nun in Mecklenburg-Vorpommern ein „Investitionsgipfel“ gefeiert – 1,92 Milliarden Euro aus einem Sondervermögen. Diese Summe verteile sich auf zehn Jahre – also rund 192 Millionen Euro jährlich für das gesamte Bundesland. „Wie sollen davon über 700 Städte und Gemeinden ernsthaft profitieren, wenn allein auf Hiddensee Millioneninvestitionen für Schule, Wohnungsbau und Küstenschutz notwendig wären?“, fragt Gens. „Unser Land braucht keine Panzerpatenschaften – es braucht eine Sozialdividende, eine Bildungsoffensive und ein echtes Infrastrukturpaket. Und es braucht den politischen Mut, sich dem Rüstungswahn zu widersetzen.“ Der Offene Brief an Kanzler Merz wurde als Petition in wenigen Tagen von mehr als 7.000 Menschen gezeichnet.

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"Der Elefant im Raum", UZ vom 8. August 2025



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