Zum 120. Geburtstag von Clemens Kraienhorst

Der Löwe von Bottrop

Am 25. Mai jährte sich zum 120. Mal der Geburtstag des kommunistischen Gewerkschafters und Bottroper Kommunalpolitikers Clemens Kraienhorst. Aus diesem Anlass dokumentieren wir einen redaktionell leicht bearbeiteten und gekürzten Beitrag, der zuerst in den „UZ Notizen“ der DKP Bottrop erschienen ist. Dem Artikel vorangestellt sind die persönlichen Worte des Gedenkens: In diesen schwierigen Zeiten, in denen die Sorgen um Kriegsgefahr, Faschismus, Angst um den Arbeitsplatz und ein Leben in Armut viele Menschen umtreibt, hätte er uns allen einiges zu sagen. Auf keinen Fall aufgeben, wäre sicherlich sein Rat – und dass es sich lohnt, für bessere Verhältnisse zu kämpfen.

Die Kreisorganisationen und die Ratsfraktionen der DKP in Bottrop und Gladbeck verabschiedeten sich 1989 in einer Anzeige zum Tod ihres Genossen Clemens Kraienhorst mit den Worten: „Die Bottroper Bürgerinnen und Bürger verlieren mit Clemens Kraienhorst einen Anwalt der kleinen Leute. Die DKP verliert einen allerseits anerkannten Weg- und Kampfgefährten. Wir werden ihm ein bleibendes Andenken bewahren.“

Geprägt vom Leben als Arbeiterkind in Bottrop und politisiert durch einen sozialdemokratischen Vater, der immer eng mit der Arbeiter- und Gewerkschaftsbewegung verbunden war, wuchs Clemens Kraienhorst auf. In der Schule erkannten die Lehrer sein Talent und hätten ihn gerne für die Klosterschule empfohlen. Aber ein Leben als Pastor konnte sich der junge Bottroper nicht vorstellen. Stattdessen arbeitete Clemens Kraienhorst mit 14 Jahren auf der Zeche Rheinbaben und war stolz, mit seinem Lohn den Lebensunterhalt zu Hause unterstützen zu können. Ein Jahr später starb seine Mutter, vermutlich infolge einer Fehlgeburt.

Clemens entwickelte für sein politisches Wirken einen klaren Kompass. Er erkannte, dass die SPD durch die Zustimmung zu den Kriegskrediten im Vorfeld des Ersten Weltkrieges einen verhängnisvollen Fehler gemacht hatte und wandte sich der kommunistischen Bewegung zu. 1922, mit 17 Jahren, wurde er Mitglied der KPD und ein unerbittlicher Gegner von Krieg und Faschismus.

Die KPD erkannte rechtzeitig die Gefahr, die der aufkommende Faschismus für die Organisationen der Arbeiterbewegung bedeutete und baute Strukturen für die zu erwartende illegale Arbeit auf. Bei seinen Genossinnen und Genossen genoss Clemens damals schon sehr viel Vertrauen, und sie machten ihn mit 28 Jahren zum Leiter der Bottroper KPD für die Arbeit in der Illegalität. Nachts schrieb, druckte und verteilte er Flugblätter gegen die Diktatur der Nazis. Schon 1933 verhafteten die Nazis Clemens Kraienhorst. Trotz aller Brutalität, die er im Gefängnis Brauweiler und später im Konzentrationslager Esterwegen erlitt, konnten sie ihn nicht brechen. Es folgten Arbeitsverbot, später Arbeit auf der Zeche mit anderen Kriegsgefangenen und in den letzten Tagen des Zweiten Weltkrieges noch der Einzug in den sogenannten Volkssturm.

Am 25. Mai 1985 veröffentlichte die kommunistische Zeitung Unsere Zeit ein Grußwort zum 80. Geburtstag. Darin ist zu lesen: „Und nach dem Tag der Befreiung im Mai 1945 hast du sofort mit angepackt. Schutt weggeräumt: Von den Straßen und vor allem aus den Köpfen der Menschen. Kommunist. Mann der ersten Stunde. Mitbegründer der Einheitsgewerkschaft. 15 Jahre Betriebsratsvorsitzender auf der Zeche Rheinbaben und Gesamtbetriebsratsvorsitzender von Hibernia. Dass die Kumpels dich mit 90 Prozent aller Stimmen wählten, das war die Regel. ‚Clemens macht’s‘, sagten sie, wenn sie Probleme und Ärger hatten. Clemens macht’s, auf dem Pütt und im Eigen.“

1973 erhielt Clemens Kraienhorst die Plakette der Stadt Bottrop vom Stadtrat für sein „nimmermüdes Engagement für die Inte­ressen und Anliegen der Bürger“. Als er sich mit 77 Jahren aus der aktiven Kommunalpolitik zurückzog, hatte er als Kommunist 28 Jahre im Stadtparlament für die Menschen in Bottrop gewirkt. Er gehörte ab 1948 der KPD-Fraktion an. Mit dem widerrechtlichen KPD-Verbot verlor er sein Mandat im Stadtrat. Schon 1962 wählten die Bottroper über eine Personenliste Clemens Kraienhorst wieder in den Stadtrat. Nach der Neukonstituierung der DKP konnte er mit einer DKP-Fraktion in den Stadtrat einziehen, der er bis 1982 angehörte.

Viel zu kurz nur kann hier an den Familienmenschen Clemens Kraienhorst erinnert werden. Das Leben zu Hause war nicht leicht. Clemens hat früh Armut erfahren – aber auch die Fürsorge in der Familie und das solidarische Miteinander im Eigen (Anm. d. Red.: Stadtteil von Bottrop). 1929 heiratete Clemens seine Frau Lotte und wurde Vater von drei Töchtern. Er erlebte, wie schwer es seine Töchter als Kinder einer Arbeiterfamilie hatten, vor allem als es darum ging, weiterführende Schulen zu besuchen. Den Antikommunismus erlebten auch seine Töchter. Als das auch zum Schulverweis für eine Tochter führte, hatte Clemens auch die Kraft, wie ein Löwe für seine Tochter zu kämpfen.

Clemens Kraienhorst hat vorgelebt, wie man das Leben für eine bessere Welt mit dem Kampf vor Ort, im Betrieb, in der Stadt und im Wohngebiet miteinander verbinden kann. Sein offenes Ohr für Menschen, die Hilfe brauchten, und sein Bemühen, dann Lösungen zu finden, machten ihn weit über die Grenzen Bottrops hinaus bekannt.

„UZ Notizen“ Bottrop

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"Der Löwe von Bottrop", UZ vom 30. Mai 2025



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