Dar al Janub (Haus des Südens, UZ) – Verein für antirassistische und friedenspolitische Initiative mit Sitz in Wien steht seit kurzem im Fokus der österreichischen Verfolgungsbehörden. UZ sprach mit Marcus Scholz, Vorsitzender von Dar al Janub, über die Vorwürfe.
UZ: Die Behörden behandeln euch wie Schwerkriminelle. Kannst du erklären, was ihr so Gefährliches treibt?
Marcus Scholz: Den Verein gibt es seit 2003. Wir machen im Grunde seit über 20 Jahren das Gleiche: Wir verfolgen das Ziel, globale und lokale Ungerechtigkeiten durch Veranstaltungen, Reisen und Publikationen sichtbar zu machen, ihre historischen Ursachen verstehen zu lernen und versuchen, auf dieser Grundlage aktuelle politische Forderungen zu formulieren. Konkret hat der Verein den Anspruch, eine Plattform für marginalisierte Stimmen aus dem Globalen Süden und Menschen, die von Rassismus betroffen sind, zu bieten. Von Beginn an haben wir in unserer Arbeit Rassismus hierzulande immer mit Kriegen im Süden in Verbindung gebracht und institutionalisierten Rassismus als ideologische und praktische Vorstufe zum Völkermord angeprangert.
Einer unserer Schwerpunkte war und ist der sogenannte Nahost-Konflikt. Wir haben mehrere Besuche in die Region unternommen, Konferenzen organisiert, ein Bildungsprojekt durchgeführt und an zahlreichen Kundgebungen und Demonstrationen teilgenommen. Vor etwa zehn Jahren haben wir einen neuen Schwerpunkt in unsere Arbeit aufgenommen, als wir begannen, uns intensiv mit der Geschichte Schwarzer Kämpfe in den USA auseinanderzusetzen, indem wir Zeitzeugen und Wissenschaftler eingeladen haben.
UZ: Das klingt spannend, aber nicht sonderlich gefährlich. Woher die Repression?
Marcus Scholz: Im Libanon, im Westjordanland und im Gaza-Streifen hat Dar al Janub Treffen mit Basisorganisationen, Vertretern der EU und der UNO sowie politischen Repräsentanten verschiedener palästinensischer Parteien durchgeführt. Zu den Gästen unserer Konferenzen zählen ehemalige österreichische Minister, Mitglieder des deutschen Bundestags, EU-Parlamentarier, Vertreter der österreichischen Entwicklungsagentur ADA sowie Wissenschaftler von Institutionen wie Columbia University, Exeter University, Birzeit University und vielen anderen. Wir haben sogar Fördermittel von der Stadt Wien und ADA erhalten. Das heißt, es gab staatliche Partner für unsere Projekte. Heute werden trotz der offiziellen Partnerschaften aus alten Projekten Anschuldigungen wegen der Interviews mit Palästinensern konstruiert.
UZ: Wie läuft die Repression gegen euch ab?
Marcus Scholz: Wegen dieser 20 Jahre zurückliegenden öffentlichen Arbeit hat die Spezialeinheit WEGA zwischen dem 20. Februar und dem 18. September 2025 an fünf Orten, die mit dem Verein in Verbindung stehen, Hausdurchsuchungen durchgeführt – mit massiver Gewalt.
Die Anschuldigungen lauten: Beteiligung an einer terroristischen Vereinigung, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Anstiftung zu terroristischen Handlungen und Billigung terroristischer Handlungen sowie Anstiftung zu kriminellen Handlungen und Billigung krimineller Handlungen.
Da all diese Vorwürfe komplett aus Interviews und öffentlichen Zusammenkünften im Rahmen unserer Projekte konstruiert wurden, wird uns die Mitgliedschaft beziehungsweise Unterstützung gleich mehrerer Organisationen vorgeworfen, nämlich der Hamas, der PFLP (Volksfront zur Befreiung Palästinas, UZ) und des Palästinensischen Islamischen Jihads.
UZ: Wie wehrt ihr euch gegen diese Repression?
Marcus Scholz: Primär durch Öffentlichkeit und Transparenz. Wir haben zum Beispiel Ende November eine öffentliche Tagung zu den Angriffen durchgeführt. Aktuell gibt es noch keine Anklage durch die Behörden. Wir prüfen aber unsererseits rechtliche Schritte gegen die Razzien.









