Das Interesse an den ersten beiden UZ-Reisen in die Volksrepublik China war überwältigend. Über 60 Personen reisten mit der UZ im Oktober und November 2025 zunächst nach Peking, Tianjin, Shanghai und Shenzhen und danach in den äußersten Westen des Landes, in die Provinz Xinjiang. Ein erster spannender Bericht von Arnold Schölzel erschien in UZ am 28. November 2025 unter dem Titel „Im Land der freundlichen Hochgeschwindigkeit“.
Die VR China wird in einigen Jahren die weltweit stärkste Wirtschaftsmacht sein – geführt von einer Kommunistischen Partei. Seit einigen Jahren verschärft sich die globale Konfrontation gegen den „Systemgegner“ China. Gerade auch in Deutschland wird in der Politik und in den Medien der Blick auf China verdreht und entstellt. Diese Kampagne reicht leider bis hi-nein in die Gewerkschaften und in Teile der Friedensbewegung. Auch in marxistischen Kreisen wird kontrovers darüber diskutiert, ob sich China auf einem Entwicklungsweg zum Sozialismus befindet oder ob der Kapitalismus restauriert wird. Dabei hat kein anderes Land in den vergangenen Jahrzehnten solche Erfolge im Interesse der Menschen erzielt. China ist auf der Überholspur und wichtiger als die Zahlen sind das Vertrauen der Menschen in die politische Führung, der Stolz auf das Geleistete und die Freude am Alltag. Der zunehmend bessere Lebensstandard hat für die Führung des Landes Priorität, das beweisen auch die Diskussionen um die Schwerpunkte des 15. Planjahrfünfts (2026 bis 2030), die augenblicklich in China geführt werden.
Blick hinter die Kulissen
Ziel der UZ-Reisen war es, ein authentischeres Bild von der Entwicklung in China zu gewinnen und auch hinter die Kulissen blicken zu können. Die beiden Reisegruppen erlebten zunächst den prosperierenden Osten. Peking mit seinen Zeugnissen der reichen Geschichte des Landes, die attraktive Hafenstadt Tianjin, Shanghai als Chinas bedeutendste Industriestadt und Shenzhen, ein Versuchslabor für die Zukunft der VR China. Der zweite Teil der Reise führte ans andere Ende von China. Xinjiang erstaunt die wachsende Schar inländischer Touristen, die erleben können, dass auch China ein 1001-Nacht-Flair bietet. Die beiden UZ-Gruppen gehörten zur noch sehr kleinen Zahl westlicher Besucher, die sich ein eigenes Bild über die Lage der Uiguren machen konnten.

Xinjiang und die Lebensbedingungen der Uiguren sind ein häufiges Thema in deutschen Medien. Allerdings verirren sich nur selten westliche Journalisten in diese Region. Gegenseitiges Abschreiben scheint an der Tagesordnung zu sein, Quellen werden anscheinend selten bis gar nicht hinterfragt. Das führt zu Vorwürfen wie Zwangsarbeit oder gar Genozid an der uigurischen Bevölkerung. Vor zwei Jahren reiste eine Gruppe von deutschen Wissenschaftlern und Publizisten nach Xinjiang und kam zu einer völlig anderen Einschätzung. Der angesehene Völkerrechtler Norman Paech schrieb danach: „Obwohl es heute in Xinjiang keinerlei Anzeichen für das gibt, was in den Medien als Vernichtungskampf gegen die Uiguren verbreitet wird, geistert dieser Vorwurf immer noch (…) in der einflussreichen Presse herum.“ Sein Beitrag erschien zusammen mit neun weiteren Artikeln in einem lesenswerten Sammelband des LIT-Verlags mit dem Titel „Xinjiang – eine Region im Spannungsfeld von Geschichte und Moderne“.
Aufholen in Xinjiang
Die Uigurische Autonome Region Xinjiang, so der offizielle Name, hat eine Fläche von 1,6 Millionen Quadratkilometern, dort leben etwa 27 Millionen Menschen. Chinas Gesamtfläche beträgt 9,6 Millionen Quadratkilometer bei einer Bevölkerung von 1,45 Milliarden Menschen. Im Vergleich zur Gesamtfläche der VR China ist dieser Landesteil äußerst dünn besiedelt. Xinjiangs Anteil an der Gesamtfläche Chinas beträgt rund 17,5 Prozent, bei nur knapp 2 Prozent Bevölkerungsanteil. Der China-Kenner Uwe Behrens schrieb dazu in UZ: „Die Region ist geprägt durch Grasland, Wüsten und Gebirge mit nur bescheidener landwirtschaftlicher Nutzung. Entsprechend lagen traditionell der Wohlstand sowie das Bildungsniveau der Bevölkerung weit unter dem anderer Regionen Chinas, insbesondere den industriellen Provinzen im Osten des Landes, an den Küsten. Mit der Gründung der Volksrepublik brach eine neue Zeit an. Die rückständige, teils noch unter mittelalterlichen Bedingungen lebende multiethnische Bevölkerung sollte am Aufbau des neuen Chinas teilhaben.“

Diese Teilhabe der Menschen in Xinjiang an der wirtschaftlichen Entwicklung Chinas ist überall sichtbar. Bereits bei der Ankunft auf dem Flughafen in der Provinzhauptstadt Ürümqi ist die Überraschung groß. Ein moderner Flughafen mit drei Terminals, bedeutendes Drehkreuz und Heimatflughafen mehrere chinesischer Airlines, erwartet die Reiseteilnehmer. Der positive Eindruck setzt sich auf der weiteren Reise durch Chinas Westen fort. Die funktionierende Infrastruktur ist für leidgeplagte Bahnnutzer aus Deutschland etwas Besonderes. Es vergeht kaum ein Tag ohne ironische Vergleiche mit dem abgewirtschafteten Schienen- und Straßennetz zu Hause.
Der chinesische Staat betreibt einen hohen Aufwand, um die strukturellen Nachteile der Region auszugleichen. Neben der Infrastruktur und dem Wohnungsbau betrifft das vor allem Investitionen in den Bildungssektor. Dazu gehört der privilegierte Zugang aller nationalen Minderheiten zu den Hochschulen des Landes. Und im Gegensatz zur Darstellung in der hiesigen Presse wird die uigurische Sprache nicht unterdrückt, sondern besonders gefördert. Uigurische Kinder werden in der Schule zunächst in ihrer Sprache unterrichtet und lernen erst ab Klasse drei chinesisch. Straßenschilder und auch sonstige Beschriftungen sind immer zweisprachig, Uigurisch/Chinesisch, und in einigen Landesteilen zusätzlich noch in kyrillischer Schrift dargestellt.
Ökologischer Fortschritt
Sieht man sich die Landkarte an, fällt ein ernstes geografisches Problem der Region auf. Xinjiang grenzt an Afghanistan, Kasachstan, Kirgisistan, die Mongolei, Pakistan, Tadschikistan sowie Indien und Russland. In vielen dieser Länder toben seit Jahrzehnten kriegerische Konflikte. In Afghanistan und Pakistan wurden bereits vor Jahren bewaffnete Verbände von uigurischen Islamisten gegründet, die sich gegen „Ungläubige“ in der VR China in Stellung brachten. Zuletzt soll sich in Syrien eine IS-Brigade mit uigurischen Kämpfern gebildet haben. In den frühen 2010er Jahren gab es mehrere Anschläge mit teils vielen Toten und Verletzten. Die Sicherheitslage ist kompliziert. Das ist auch an neuralgischen Punkten zu spüren. Der Eingang des großen Basars in Ürümqi oder der Altstadt in Kashgar ist durch Polizeikräfte gesichert. Hinein kommt nur, wer eine Sicherheitsschleuse passiert. Die ungezwungene und fröhliche Stimmung der Menschen wird durch diese Maßnahmen allerdings nicht beeinflusst. Überall in den Parks wird getanzt, gespielt und gelacht. Auch als „Langnase“ wird man unmittelbar in das Treiben einbezogen. Diese Begegnungen gehören zu den unvergesslichen Momenten der Reise.
Xinjiang ist überwiegend gebirgig und karg. Im Zentrum des Landes befindet sich eine der weltweit größten Wüsten mit Namen Taklamakan. Sie erstreckt sich über eine Gesamtfläche von etwa 330.000 Quadratkilometer, ist damit annähernd so groß wie Deutschland. Im Gegensatz zu fast allen anderen Wüsten auf der Erde dehnt sie sich nicht aus. Aufwändige Maßnahmen führen sogar zu einer Reduzierung der Wüstenfläche. Seit Ende 2024 ist sie von einem fast 3.000 Kilometer langen Baumgürtel umgeben. Insgesamt soll die Waldfläche in China von 5 Prozent (1978) auf 14 Prozent erhöht werden. Die Projekte in China sind Vorbild und werden weltweit nachgeahmt, insbesondere in Afrika.

Die UZ-Reisegruppen konnten sich vor Ort von einem solchen Projekt überzeugen. Durch den Anbau von Schutzpflanzen und Anpflanzung von Windschutzstreifen wird die Erosion des Bodens reduziert. Aufforstungs- und Bodenverbesserungsprojekte erhöhen die Stabilität des Bodens und führen zu Humusbildung und zu einer Verbesserung der Bodenfeuchtigkeit. Eine Wasserbewirtschaftung, effiziente Bewässerung (zum Beispiel Tropfbewässerung) und die Wiederherstellung von Feuchtgebieten verlangsamen den Grundwasserabbau.
Diese ökologischen Projekte werden durch soziale Maßnahmen ergänzt. Im Rahmen der Aufforstungsprogramme entstehen unter anderem neue Arbeitsplätze und Fortbildungsmöglichkeiten zum Beispiel beim Anbau klimafreundlicher Kulturen. Es gibt aber auch Projekte zur Förderung von Tourismus und Kultur. Die wirtschaftliche Nutzung der Wüste wird stetig ausgebaut. Bereits aus dem Flugzeug sind riesige Photovoltaikanlagen erkennbar. Zwar sind noch zahlreiche Kohlekraftwerke in Xinjiang in Betrieb, die Provinz ist aber auch einer der größten Produzenten von erneuerbarer Energie. Der Strom wird über tausende Kilometer in den Osten Chinas und auch in Nachbarländer exportiert.
Dank den Kommunisten
Eine gesamtgesellschaftliche Planung und der konzentrierte Einsatz staatlicher Mittel ermöglicht die Entwicklung einer Region, die seit Jahrhunderten zu den Armenhäusern der Welt zählte. Die weitere Angleichung der Lebensbedingungen zwischen dem industrialisierten Osten und dem Westen hat Priorität. So werden große Investitionen in den Küstenmetropolen nur noch genehmigt, wenn gleichzeitig auch Arbeitsplätze im Westen geschaffen werden. Trotz der angespannten geopolitischen Lage hält die VR China an ihren Entwicklungszielen fest. Ganz oben auf der Agenda stehen die Beseitigung der Armut und die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung. Armutsbekämpfung verbindet sich mit Umwelt- und Ressourcenschutz, um langfristige Lebensgrundlagen zu sichern. China stellt sich den sozialen Herausforderungen wie der Sicherung der Renten und der Gesundheitsversorgung.
Ohne technologischen Fortschritt, die Förderung von Digitalisierung und Innovation, somit der umfassenden Entwicklung der Produktivkräfte sind diese Ziele nicht realisierbar. Darüber findet eine breite gesellschaftliche Debatte statt. Die rund 100 Millionen (!) Mitglieder der Kommunistischen Partei Chinas stehen in einer besonderen Verantwortung. Sie sind Motor des gesellschaftlichen und ökonomischen Fortschritts im bevölkerungsreichsten Land der Erde.
Die nächsten UZ-Reisen in die VR China für das Jahr 2026 sind bereits geplant. Nähere Infos auf Seite 23 und unter reisen@unsere-zeit.de
Der UZ-Shop bietet eine Literaturauswahl zur Entwicklung in der VR China.









