Festungsökonomie

Wer auf der Website der IG Metall stöbert, trifft dort auf das neue Lieblingswort ihrer Führung zu Abwendung der drohenden Deindustrialisierung Deutschlands: „Local-Content“-Regeln. Warum das in Englisch formuliert ist, weiß kein Mensch – vielleicht, weil die deutsche Übersetzung „Regeln für lokale Inhalte“ ein bisschen zu sehr nach miefigem Kirchturm gerochen hätte. Danach riecht es aber trotzdem. Ehrlicher ist da schon der britische „Economist“, der Anfang Oktober die „Fortress Economy“ der US-Regierung auseinandernahm – also die „Festungsökonomie“. Illustriert hatte das Blatt den Artikel mit einem mittelalterlichen Turm, aus dessen Spitze der obere Teil der Freiheitsstatue herausragt. Begriff und Bild treffen diesen Kurs auf das Einmauern gegen die böse Welt besser als die verdruckste Formulierungsakrobatik der IG-Metall-Führung.

Auf der Industriekonferenz der IG Metall erläuterte Jürgen Kerner, 2. Vorsitzender der Gewerkschaft, das „Local-Content“-Konzept und drosch auf die angeblichen Subventionen ein, mit denen China die europäischen Märkte bei Solarzellen, Halbleitern, Autos – eigentlich jedem modernen industriellen Produkt – flute. Die Frage, aus welcher geheimnisvollen Schatulle denn ein Staat seine gesamte Industrie subventionieren könne, wird noch nicht einmal gestellt – etwa aus den Erträgen der Bauern?

Auch die unter fast allen Medienschaffenden und politischen Kräften offenbar vereinbarte Sprachregelung, jeden chinesischen Stahlträger reflexartig als „Billigstahl“ zu bezeichnen, hilft nix. Die beiden Gründe für die globalen Verschiebungen liegen auf der Hand: Sozialismus, also staatliche Planwirtschaft, die auch privatwirtschaftliche Elemente unter Steuerung der führenden politischen Kraft zulässt, ist effektiver als Kapitalismus, und die in jeder Wirtschaft der Welt wichtigen sogenannten Skaleneffekte wirken bei einem Markt von 3.500 Millionen Menschen, also den BRICS-Staaten, besser als bei der Einigelung auf den Markt der 340 Millionen der USA oder den der 450 Millionen Menschen der EU. Selbst dann, wenn die sich zusammenschlössen, würde das am Generaltrend nichts ändern – aber noch nicht mal das kriegt diese Niedergangs-Chaos-Gurkentruppe im USA/EU-Block gebacken.