Arbeitskämpfe in Britannien halten an. Streikende wehren sich gegen Angriffe

Fürs Streikrecht und mehr Geld

Solange kein ordentliches Angebot auf den Tisch kommt, wird in Britannien weitergestreikt. Am Donnerstag vergangener Woche waren Gespräche zwischen Minister Jeremy Quin und mehreren Gewerkschaften gescheitert. Die Krisensitzung war einberufen worden, um weiteren Streiks zuvorzukommen. Einen Tag zuvor hatte die PCS, Gewerkschaft für den öffentlichen Dienst, beschlossen, am 1. Februar zum landesweiten Streik der Staatsangestellten aufzurufen. Ihr Generalsekretär Mark Serwotka bezeichnete das Treffen mit Quin als „totale Farce“, dieser hätte nichts angeboten und nicht einmal verneint, dass Lohnsteigerungen nur auf den gestiegenen Mindestlohn zurückzuführen seien. Damit hält die PCS am geplanten Streik fest. Über 100.000 Staatsangestellte werden zu Beginn des nächsten Monats die Arbeit niederlegen.

Auch in anderen Branchen sind weitere Ausstände geplant: In England streiken Pflegende Mittwoch und Donnerstag dieser Woche (nach Redaktionsschluss) und die Ambulanzdienste am kommenden Montag. Die Universitätsbeschäftigten von 150 Universitäten treten im Februar und März für ganze 18 Tage in den Ausstand. Ab April planen sie, die Benotung zu boykottieren. In England und Wales legen die Lehrer im Februar für sieben Tage die Arbeit nieder. Diese und weitere geplante Streiks, vorwiegend in den Branchen Gesundheit, Transport und Bildung, bezeugen die unverminderte Kampfbereitschaft. Bei den Bahnern dagegen scheint sich nach mehreren großen Streiks im Dezember und Januar ein Ende des Arbeitskampfes abzuzeichnen. Deren Gewerkschaft RMT, die diese Woche in Verhandlungen steht, gab sich zuversichtlich, zu einer Einigung zu kommen. Ein Ergebnis lag bis Redaktionsschluss nicht vor.

Auch wenn mit den Streiks um Lohn, Rente und bessere Arbeitsbedingungen gekämpft wird, spielt bei den Kundgebungen der Widerstand gegen einen der größten Angriffe auf das Streikrecht eine zentrale Rolle. Die Regierung plant, in Schlüsselbereichen eine Minimalbesetzung zu beschließen. Beschäftigte könnten entlassen und Gewerkschaften verklagt werden, wenn sie sich der Mindestregelung verweigerten. Das Gesetz ist von konservativer Seite bereits seit Jahren geplant, richtet sich nun aber konkret gegen die aktuelle Streikwelle. In London debattierte am Montag das britische Unterhaus über den Gesetzentwurf, der vergangene Woche in der ersten Lesung vorgestellt worden war. Die Labour-Fraktionsvorsitzende Angela Rayner wies darauf hin, dass einige Berufsgruppen durch das Gesetz ihr Streikrecht de facto gar nicht ausüben könnten. Nach hitziger Debatte stimmten 309 Abgeordnete dafür, 249 dagegen, dass das Gesetz zum dritten und damit letzten Mal im Unterhaus zu Debatte kommt. Sollte es dann beschlossen werden, wird es ins britische Oberhaus weitergereicht.

Der Gewerkschaftsdachverband TUC hat bereits angekündigt, die Gesetze auf jedem Schritt des Weges zu bekämpfen, auch mit juristischen Mitteln. Von den Gewerkschaften beschäftigte Juristen sehen das Gesetz im Konflikt mit dem internationalen Streikrecht. Aber auch der Widerstand auf der Straße wird organisiert. Während der Lesung marschierten Tausende zur Downing Street, darunter viele, die in den letzten Monaten gestreikt hatten. Für den 1. Februar, den Tag des Streiks der Staatsbediensteten, ruft der Gewerkschaftsdachverband zu einem Aktionstag zum Schutz des Streikrechts auf. In einer Pressemitteilung heißt es, es werde landesweit Aktionen geben, an denen sich nicht nur die Streikenden, sondern auch die Öffentlichkeit beteiligen soll.

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"Fürs Streikrecht und mehr Geld", UZ vom 20. Januar 2023



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