Wegen Solidarität mit Palästina: Rechte Kampagne gegen Ulrike Eifler

Hetzjagd auf eine linke „Linke“

Viel braucht es nicht, um die Verfechter der deutschen „Staatsräson“ auf die Palme zu bringen. Denn gerade diejenigen, die ungerührt den Völkermord in Gaza leugnen oder sogar unterstützen, können sich ausufernd selbst bemitleiden und in kitschigster Gefühlsduselei ergehen, wenn ihre Lieblings-Kriegsverbrecher in der israelischen Regierung kritisiert werden. Und sie finden Gehör.

Das erlebte auch Ulrike Eifler, Gewerkschafterin und Mitglied des Parteivorstands der Partei „Die Linke“, in der vergangenen Woche. Auf der Plattform X hatte sie eine Grafik geteilt, die auf das Leiden in Palästina aufmerksam machen sollte. Zu sehen waren große und kleine Handabdrücke – wie von Erwachsenen und Kindern – in den Farben rot, grün und weiß, die sich hilfesuchend dem Beobachter entgegenstreckten und dabei den Umriss des Gebietes Israels und Palästinas bildeten. „All united for free Palestine“ stand daneben.

Der Zorn im proisraelischen Lager kannte keine Grenzen. Der israelische Militärsprecher Arye Sharuz Shalicar erging sich auf X in niederträchtigen Beschimpfungen. Er unterstellte Eifler, dass sie sich „eine Endlösung der Judenfrage“ wünsche und sprach von einer „Hitler-2.0-Ansage“. Unterstützung erhielt die Kampagne von bürgerlichen Medien und anderen rechten Akteuren wie Volker Beck, der auf X den Inlandsgeheimdienst zu Hilfe rief. Am Donnerstag vergangener Woche schaltete sich dann auch der Parteivorstand der Linkspartei ein. Doch anstatt die unsinnigen Anschuldigungen zurückzuweisen und sich solidarisch mit der eigenen Genossin zu zeigen, verabschiedete er einen Beschluss, in dem er sich von „jedweder bildlichen Darstellung, die unter dem Deckmantel der Solidarität mit der palästinensischen Bevölkerung die Existenz Israels negiert oder die Auslöschung Israels propagiert“, distanzierte – und damit ohne jeden Beleg suggerierte, dass es sich bei Eiflers Tweet um eine solche Darstellung gehandelt hätte. Bundesgeschäftsführer Janis Ehling setzte noch einen drauf und schrieb, ohne Ulrike Eifler namentlich zu erwähnen: „Wer meint, sich daran nicht halten zu müssen, sollte sich fragen, ob er in der richtigen Partei ist.“

Später ruderte Ehling zurück. Er sei „übers Ziel hinausgeschossen“, was er so erklärte: „Ich bin angefasst, wenn linke Karten posten, die so verstanden werden können, dass sie die Existenz anderer Länder und Bevölkerungen anzweifeln.“ Die Antwort kam von der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“: „Linke, die von Israel ,angefasst‘ werden. Von Zehntausenden toten Kindern aber nicht.“

Ulrike Eifler ließ sich nicht einschüchtern. „Mir ging es darum, auf die hungernden, traumatisierten und sterbenden Kinder aufmerksam zu machen und auf die Verzweiflung ihrer Eltern. Das muss endlich ein Ende haben. Was den Palästinensern derzeit angetan wird, ist ein unverzeihliches Verbrechen“, erläuterte sie in einem Interview mit „etos.media“. Zahlreiche Personen und Organisationen stärkten ihr den Rücken. „Der Kampf gegen Völkermord und Besatzung ist nicht nur legitim, sondern notwendig“, sagte Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP. „Wir sind solidarisch mit Ulrike und wehren uns gegen den Missbrauch des Antisemitismusvorwurfes, mit dem die gesamte Palästinasolidarität diskreditiert werden soll.“ Auch die Intiative „Nie wieder Krieg – die Waffen nieder“ meldete sich zu Wort: „Keine der im Bundestag vertretenen Parteien hat sich bislang ausreichend für ein Ende des israelischen Vernichtungsfeldzugs eingesetzt und sich für einen kompletten und bedingungslosen Rüstungsexportstopp nach Israel ausgesprochen. Das wäre dringend geboten, anstatt Menschen wie Ulrike wegen ihrer friedenspolitischen und palästinasolidarischen Haltung zu diffamieren!“

Was der „Linke“-Parteivorstand zum Zeitpunkt seines Abgrenzungsbeschlusses am vergangenen Donnerstag noch nicht wusste: Mit dem unsolidarischen Einknicken vor der rechten Hetz- und Lügenkampagne organisierte er sich einen eigenen Shitstorm. Denn nur zwei Tage später beschloss der Parteitag der Linkspartei den Antrag „Antisemitismus, Repression und Zensur bekämpfen – Jerusalemer Erklärung umsetzen, tragfähiges Fundament schaffen!“. Darin wurde mit der Ablehnung der IHRA-Definition von Antisemitismus und der Anerkennung der „Jerusalemer Erklärung“ ein wesentlicher Schritt unternommen, um Kritik an der israelischen Regierungs- und Kriegspolitik vor falschen Antisemitismusvorwürfen zu schützen. Die Reaktionen aus dem proisraelischen Lager auf den Beschluss waren erwartbar verleumdend. Die Partei sei „getrieben von Israelhass“, verkündete etwa Josef Schuster, Präsident des Zentralrats der Juden in Deutschland. Die „Bild“ berichtete von einem angeblichen „Antisemitismus-Skandal“ auf dem Parteitag. Solchen Lügen glaubwürdig entgegenzutreten dürfte dem Parteivorstand schwerfallen, nachdem er noch kurz zuvor in dasselbe Horn gestoßen hatte.

Dieses Problem wird auch nicht dadurch gelöst, dass die Parteivorsitzende Ines Schwerdtner auf dem Parteitag mit Blick auf Meinungsverschiedenheiten in der Partei zu „revolutionärer Freundlichkeit“ aufrief und auf X ergänzte: „Wir lassen uns nicht gegeneinander ausspielen.“ Die Antwort von Ulrike Eifler kam prompt: „Ich nehme das erfreut zur Kenntnis, erwarte eine Entschuldigung und freue mich auf die gemeinsame Zusammenarbeit!“

Solidarität mit Ulrike Eifler!
Rechte Akteure wie Volker Beck oder der israelische Militärsprecher Arye Sharuz Shalicar haben eine unerträgliche Lügen- und Hetzkampagne gegen die Gewerkschafterin, Politikerin und UZ-Autorin Ulrike Eifler losgetreten. Weil sie sich für Frieden und Gleichberechtigung für das palästinensische Volk ausspricht, weil sie nicht zu den israelischen Kriegsverbrechen schweigt, weil sie Freiheit für Palästina fordert, wird Ulrike mit menschenverachtenden Diffamierungen überzogen und als Antisemitin beschimpft. UZ ist solidarisch mit Ulrike und allen, die gegen den Völkermord in Gaza aufstehen. #freepalestine

Dieser Artikel ist für Sie kostenlos. Kritischer Journalismus braucht allerdings Unterstützung, um dauerhaft existieren zu können. Daher freuen wir uns, wenn Sie sich für ein Abonnement der UZ (als gedruckte Wochenzeitung und/oder in digitaler Vollversion) entscheiden. Sie können die UZ vorher 6 Wochen lang kostenlos und unverbindlich testen.

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Hetzjagd auf eine linke „Linke“", UZ vom 16. Mai 2025



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Auto.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]
    Unsere Zeit