In Gaza schweigen die Waffen

Hoffnung und Skepsis

Zwei Jahre lang wehrte sich die israelische Regierung gegen einen langfristigen Waffenstillstand, wie ihn die Hamas gefordert hatte. Jetzt erklärte US-Präsident Donald Trump: „Der Krieg ist aus“. Er musste seinen Anhängern Tribut zollen. Die einstmals bedingungslose Unterstützung für Israel begann angesichts des Genozids zu bröckeln.

Die Freude war groß in den Trümmern des Gazastreifens, als deutlich wurde, dass der Tod durch Bomben und Not ein Ende finden würde – vorerst. Unzählige Menschen machten sich auf den Weg zurück nach Norden, schon bevor der Waffenstillstand in Kraft trat – und trotz der Drohungen des israelischen Militärs.

20 lebende israelische Geiseln sind ausgetauscht, fast 2.000 palästinensische Gefangene wurden aus israelischen Gefängnissen entlassen, Hilfslieferungen haben begonnen, doch wie es weitergeht, bleibt ungewiss – trotz der Erklärung von Trump. In deutschen Medien war am Dienstag die Aufregung groß, dass die Hamas erst vier Leichen von Geiseln übergeben habe. Dabei hatte Israel am Wochenende die Freilassung von mehreren prominenten Gefangenen verweigert, darunter die beiden Ärzte Hussam Abu Safija und Marwan Al-Hams, die aus Gaza entführt worden sind. Zudem gab es für Palästinenser ein Verbot, die Rückkehr der Gefangenen zu feiern, bei Zuwiderhandlung drohte Verhaftung.

Die wirtschaftlichen Folgen der Einberufungen, die toten, verletzten und traumatisierten Soldaten blieben nicht ohne Wirkung auf die israelische Gesellschaft. Aus der einstmals „einzigen Demokratie im Nahen Osten“ wurde ein offener Apartheidstaat und seit Kriegsbeginn ein Staat des Genozids, der sich international zunehmend isolierte.

So scheint Israel vorerst nicht mehr in der Lage, den Krieg wieder aufzunehmen und fortzusetzen – obwohl das Ziel, die Hamas zu zerstören, weit verfehlt wurde.

Es ist schon der dritte Waffenstillstand nach dem im November 2023 und im Januar 2025. Diesmal soll er langfristig gelten und die israelische Rechte gibt sich empört. So schrieb Har Melech, eine Knesset-Abgeordnete von Ita­mar Ben-Gvirs Partei, in einem Beitrag für den israelischen „Channel 7“: „Ein Deal, in dem auch nur ein Unterstützer der Hamas am Leben bleibt, ist ein krachender Fehlschlag.“

Die Hamas, der Islamische Dschihad und die Volksfront zur Befreiung Palästinas haben mittlerweile in einer gemeinsamen Erklärung Donald Trumps und Tony Blairs kolonialem Projekt eine Absage erteilt. Und die Hamas verfolgt weiterhin das Ziel, einen souveränen, unabhängigen Staat Palästina mit Ostjerusalem als seiner Hauptstadt zu erreichen.

Der Waffenstillstand ist lediglich die erste Stufe, die schwierigen Verhandlungen stehen noch bevor: Wird die Hamas die Waffen abgeben, bevor es einen palästinensischen Staat gibt? Werden wirklich Trump und Blair mit ihren Milliardärsfreunden Gaza übernehmen? Frühere Waffenstillstandsvereinbarungen kamen nicht über die jeweils erste Stufe hinaus, bevor Israel die Bombardierungen wieder aufnahm. Bei vielen Menschen in Gaza herrscht deshalb Skepsis, ob der Waffenstillstand von Dauer sein wird.

Trump nahm in seiner Rede in der Knesset das Ergebnis bereits vorweg. Die gesamte Region habe den Plan, die Hamas zu entwaffnen, begrüßt. Das gilt für die Könige und Präsidenten, für die Bevölkerung zeigen Umfragen ein anderes Bild.

Trump sprach von Frieden, doch bisher gibt es nur die erste Stufe einer Einigung. Und vielleicht dient der Waffenstillstand auch nur einer Frontbegradigung. Denn auf der Westbank und im Libanon gehen die israelischen Angriffe unvermindert weiter.

In Scharm el-Scheich trafen sich Präsidenten, Monarchen und Außenminister der Region, um medienwirksam das Abkommen zu unterschreiben. Weder Vertreter Israels noch der Hamas waren anwesend. Trump betonte erneut, dass die Hamas in der zweiten Phase des Waffenstillstands die Waffen abgeben müsse, auch wenn er der Organisation zumindest vorübergehend eine Rolle als Ordnungsmacht in Gaza zubilligt. Die Gründung eines palästinensischen Staates aber liegt nach wie vor in weiter Ferne.

Heißt es dann am Ende vielleicht: Der Krieg geht weiter?

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"Hoffnung und Skepsis", UZ vom 17. Oktober 2025



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