Proteste gegen Bundeswehrauftritt und Kriegswerbung bei Volksfest in Bad Vilbel

Kein friedlicher Hessentag

Fragt man die Veranstalter, dann ist der jährlich stattfindende Hessentag ein zehntägiges Volksfest, das seit 1961 jährlich die Kultur, Traditionen und Menschen des Bundeslands Hessen in den Mittelpunkt stellt. Seit Bestehen des Festes ist auch die Bundeswehr dabei. Sie präsentiert sich als attraktiver, „normaler“ Arbeitgeber, der Erfüllung im Arbeitsleben und rosige Zukunftsperspektiven verspricht. Dabei wird Kriegsgerät als Abenteuerspielplatz arrangiert: Kleinkinder dürfen auf Panzern herumklettern und Jugendliche im Kampfhubschrauber sitzen. Neugier und Technikbegeisterung werden missbraucht, um Berührungsängste vor militärischer Gewalt abzubauen. In diesem Jahr fand der Hessentag in Bad Vilbel statt.

Das Bündnis „Friedlicher Hessentag“ hatte schon Wochen zuvor mit der Organisation von Widerstand und der Vorbereitung einer Protestveranstaltung am 14. Juni begonnen. Monika Bootz, Sprecherin des Bündnisses, zitierte zum Auftakt aus dem Bericht einer NATO-Strategiekonferenz, die im Jahr 2015 in Essen darüber beraten hatte, wie die Zustimmung in der Bevölkerung für das Führen von Kriegen erhöht werden kann: „Das Narrativ der NATO sollte vertrauenerweckend und stark sein, es sollte klar zwischen ‚Gut‘ und ‚Böse‘ und ‚Richtig‘ und ‚Falsch‘ unterscheiden.“ Eine besondere Rolle hätten auf der Tagung in Essen die sozialen Medien gespielt, um vor allem Jugendliche zu agitieren. Bootz bedauerte, dass man von den 35 Prozent der Menschen, die in aktuellen Umfragen die massive Aufrüstung und die dafür nötigen Mittel ablehnen, fast nichts höre und lese. Erschreckend wenige trauten sich, ihre Meinung zu sagen – auch aus Angst vor Repressionen. Anschließend zeigte Gabi Faulhaber („Die Linke“) auf, dass Sozialabbau und Preissteigerungen eine Folge von Militarisierung und Aufrüstung sind. Imke Meier (Naturfreunde Landesverband Hessen) benannte Rüstung, militärische Manöver und Kriege als echte Klimakiller.

Mit 350 Teilnehmerinnen und Teilnehmern zog schließlich ein Demonstrationszug über das Gelände des Hessentages. Laute Sprechchöre schallten über den Platz: „In jedem Krieg in jedem Land verdient am Schluss die Deutsche Bank.“

Bei der Zwischenkundgebung betonte Luisa Reckord (SDAJ Hessen), dass wir uns gegen die Wehrpflicht wehren müssen, eine Pflicht, die nach Drill schreie, nach Gehorsam, nach Mobbing, Rassismus und Sexismus. Die Jugend wehre sich, weil sie Angst habe, für die Inte­ressen des Kapitals sterben zu müssen. An diese Rede setzte Michel Königshof (Linke Jugend Wetterau) an und berichtete über Werbung der Bundeswehr, die auch an Schulen und Jobmessen stattfinde. Auch Heike Ackermann (stellvertretende Vorsitzende GEW Hessen) sprach über die Rekrutierung Minderjähriger.

Die Abschlusskundgebung fand mit Rednerinnen und Rednern von der DFG-VK und der Linksjugend solid direkt neben der Bundeswehrausstellung statt. Gemeinsam setzten die Teilnehmerinnen und Teilnehmer ein klares Zeichen: Kein Geld für Militär und Kriege, keine Wehrpflicht! Die hessische Verfassung ist in Artikel 69 eindeutig: „Hessen bekennt sich zu Frieden, Freiheit und Völkerverständigung. Der Krieg ist geächtet. Jede Handlung, die mit der Absicht vorgenommen wird, einen Krieg vorzubereiten, ist verfassungswidrig.“

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"Kein friedlicher Hessentag", UZ vom 20. Juni 2025



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