Die USA eskalieren gegenüber Venezuela und Kolumbien. Die Gefahr eines imperialistischen Angriffs nimmt dramatisch zu

Lateinamerika im Visier

Am 24. Oktober setzte US-Kriegsminister Pete Hegseth den größten Flugzeugträger der Welt, die „USS Gerald R. Ford“, in Richtung Karibik in Marsch. Er soll dort die ohnehin schon starke Armada aus Kriegsschiffen verstärken, die seit Wochen ohne jede völkerrechtliche Grundlage Jagd auf kleine Boote machen, denen sie unterstellen, von Drogenkurieren genutzt zu werden. Die Boote werden nicht etwa aufgebracht und durchsucht, sondern gezielt mit Raketen unter Feuer genommen. Mindestens 30 Menschen wurden dabei bisher getötet. Kolumbiens Präsident Gustavo Petro sprach in diesem Zusammenhang von Mord – und wurde nun zusammen mit seiner Familie von Washington wegen angeblicher Unterstützung des Drogenhandels auf eine Sanktionsliste gesetzt. Für weitere Spannungen sorgte ein Manöver der US-Marine mit dem Zerstörer „USS Gravely“, für das Trinidad und Tobago seine Häfen zur Verfügung gestellt hatte. Als Reaktion darauf wurde in Caracas diskutiert, wichtige Abkommen wie das über Gaslieferungen an den vor der venezolanischen Küste gelegenen Inselstaat auszusetzen.

Venezuelas Verteidigungsminister Vladimir Padrino López warf Washington am 26. Oktober vor, es auf eine Provokation anzulegen, um mit dieser einen Überfall zu rechtfertigen. „Der Krieg beginnt immer mit Desinformation, Manipulation und Lügen. Deshalb sucht die US-Regierung nach einem Zwischenfall, um eine militärische Aggression gegen unser Land zu begründen, denn das Gerede vom Drogenhandel hat sich erschöpft.“

Eine Bestätigung dafür, dass es sich bei den Opfern der mörderischen US-Angriffe auf die Boote nicht um Drogenkuriere handelt, wie die USA ständig behaupten, kommt aus Ecuador. Ein Fischer, der am 16. Oktober einen Angriff der US-Marine auf sein Boot überlebt hatte, ist von der Justiz in Ecuador auf freien Fuß gesetzt worden, weil es keine Beweise für eine Straftat gebe. Bei dem Angriff waren zwei Fischer getötet worden, ein weiterer überlebte schwer verletzt und kämpft Medienberichten zufolge noch um sein Leben.

Während die deutsche Bundesregierung das mörderische Agieren Washingtons in der Karibik mit Schweigen übergeht, kommt aus Havanna bedingungslose Solidarität mit Venezuela. Kubas Präsident Miguel Díaz-Canel Bermúdez kommentierte: „Venezuela, die Heimat von Bolívar und Chávez, das Bruderland Südamerikas, auf das derzeit rund 1.200 US-Raketen gerichtet sind, darf und wird sich nicht allein fühlen, da Kuba es inmitten dieser schwerwiegenden Eskalation des Krieges unterstützt, mit der versucht wird, es in die Knie zu zwingen. In einer Zeit, in der das Imperium und sein fehlgeleiteter Anführer verdeckte CIA-Operationen gegen Venezuela billigen, bringen wir unsere Solidarität mit diesem Bruderland und insbesondere mit seinem Präsidenten Nicolás Maduro zum Ausdruck.“ Auch China, Russland und viele andere Regierungen positionierten sich solidarisch an der Seite von Caracas.

Trotz ihrer ansonsten bestehenden Meinungsdifferenzen sind sich Venezuelas Kommunisten in der Ablehnung der US-Aggression einig. So erklärte Carlos Lazo bei einer Pressekonferenz der PCV mit Blick auf die von Donald Trump dem US-Geheimdienst CIA erteilte Genehmigung für verdeckte Bodeneinsätze in Venezuela: „Niemand, der die Geschichte Lateinamerikas kennt, kann daran glauben, dass die CIA eine Operation zur Drogenbekämpfung führt. Als noch das sozialistische Lager existierte, verwies Washington auf die Bedrohung durch den Kommunismus, um Staatsstreiche, Invasionen und verdeckte Operationen zu rechtfertigen. Nach dem 11. September wurde der Vorwand der Kampf gegen den Terrorismus, und nun will man den Kampf gegen den Drogenhandel nutzen, um außergerichtliche Hinrichtungen in der Karibik zu begründen.“

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"Lateinamerika im Visier", UZ vom 31. Oktober 2025



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