Pedro Castillo gewinnt die Präsidentschaftswahlen

Neuer Wind für Peru

Theo Mai

Nach der Stichwahl zur Präsidentschaftswahl in Peru am 6. Juni steht die Verkündung des Siegers weiterhin aus. Nach der Auszählung von 99,9 Prozent der Wahlzettel liegt Pedro Castillo zwar mit 49.420 Stimmen (50,14 Prozent) uneinholbar vorne, doch Diktatorentochter Keiko Fujimori versucht bereits seit dem Wahltag, das Ergebnis mit Wahlbetrugsvorwürfen annullieren zu lassen. So beantragte sie, etwa 200.000 Stimmen für ungültig erklären zu lassen. Die staatliche Wahlbehörde wies bisher jedoch alle Klagen ab, auch unabhängige Wahlbeobachter erklärten die Stichwahl für ordnungsgemäß. Selbst die internationale Presse, die Castillo stets als gefährlichen Kommunisten diffamiert hat, sprach von verzweifelten Versuchen Fujimoris, ihre Wahlniederlage im Stile Trumps hinauszuzögern. Es wäre ihre dritte Wahlniederlage in Folge. Dass Castillo zum Sieger der Wahl erklärt wird, scheint daher nur noch eine Frage der Zeit zu sein, Wahlexperten zufolge könne die offizielle Verkündung jedoch noch bis zu zwei Wochen dauern.

Zwei Wochen, in denen noch viel passieren kann. Die bisherigen antidemokratischen Versuche Fujimoris, die Wahl annullieren zu lassen, zeugen von der Bereitschaft, Castillos Sieg um jeden Preis zu verhindern. Unterstützt wird Fujimori dabei vom breiten Lager der peruanischen Rechten, von der herrschenden politischen Klasse in Lima über die großen Medienkonzerne bis hin zur vermeintlichen intellektuellen Elite um Literaturnobelpreisträger Mario Vargas Llosa. Die ersten verzweifelten Putschversuche scheiterten bisher auch an der anhaltenden Neutralität der staatlichen Organe und des Militärs. Erste Mobilisierungen gegen Castillo konnten so kaum Menschen auf die Straße bringen, wohingegen sich die breite Schicht der arbeitenden Menschen in friedlichen Zusammenkünften traf, um gegen den rechten Putschversuch zu demonstrieren.

Der erbitterte Kampf gegen Pedro Castillos Wahlsieg ist die unmittelbare Antwort auf die von ihm geplanten Reformen. So will er die neoliberale Fujimori-Verfassung von 1993 mittels Verfassunggebender Versammlung unter Beteiligung von zivilen Volksvertretern durch eine demokratische Verfassung zu Gunsten der arbeitenden Menschen ersetzen. Sein Regierungsplan sieht die Neuverhandlung der Verträge mit ausländischen Rohstoffkonzernen unter Androhung von Verstaatlichung vor, ebenso soll die öffentliche Grundversorgung reformiert und vor allem der Gesundheitssektor staatlich verwaltet werden. Weiterhin spricht sich Castillo gegen imperialistische Interventionen auf dem Kontinent aus, unter anderem die Regierungen in Venezuela, Kuba und Bolivien zeigten sich dementsprechend solidarisch. Zudem steht der Lehrer aus der Andenprovinz Cajamarca für die Rechte der ländlichen Bevölkerung ein, die von den Eliten aus Lima seit jeher verachtet wird. Eben diese Bevölkerung, vor allem in der Landwirtschaft und im Bergbau tätig, war es auch, die Castillo mit teilweise bis zu 90 Prozent der Stimmen wählte. Keiko Fujimori hingegen konnte vor allem in Lima punkten, sie versprach, das herrschende Modell gegen den Kommunismus zu verteidigen.

Während Castillo nun darauf wartet, zum Wahlsieger erklärt zu werden, blickt Fujimori einer Haftstrafe entgegen. Nachdem sie bereits in den vergangenen Jahren immer wieder wegen Korruptionsvorwürfen in Untersuchungshaft saß, beantragte die Staatsanwaltschaft nun erneut, sie einzusperren, da sie gegen ihre Auflagen verstoßen habe. Sie erwarten bis zu 30 Jahre Haft, die sie in vertrauter Gesellschaft mit ihrem Vater, der bereits seit einigen Jahren inhaftiert ist, absitzen könnte. Solange sie jedoch noch auf freiem Fuß ist, wird sie alles dafür tun, ihre bisher kläglich gescheiterten Putschversuche fortzusetzen.

Trotz des Wahlsieges werden Castillos Vorhaben weiterhin auf starkenWiderstand der Herrschenden treffen, deren verschiedene Fraktionen nach wie vor die Mehrheit im Parlament stellen und die vor Amtsenthebungen oder gewalttätigen Putschen auch in der Vergangenheit nie zurückgeschreckt sind. Zunächst bleibt die Hoffnung auf die lange ersehnten sozialen Verbesserungen der Lage der arbeitenden Klasse in Peru jedoch erhalten.

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"Neuer Wind für Peru", UZ vom 18. Juni 2021



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