Israelische Unternehmen haben sich jahrzehntelang auf billige und gefügige palästinensische Arbeiter verlassen. Im Schatten von Israels völkermörderischen Krieg gegen Gaza und der fortgesetzten Strangulierung des palästinensischen Lebens unter der Besatzung nimmt eine weitere, stillere Form der Gewalt gegen palästinensische Arbeiter Gestalt an: In den letzten Monaten hat Israel eine aggressive Kampagne begonnen, um Hunderttausende palästinensische Arbeiter durch Wanderarbeiter aus Asien und Afrika zu ersetzen. Das israelische Kapital soll weiterhin über gefügige Arbeitskräfte verfügen, und das, was von der palästinensischen Wirtschaft noch übrig ist, soll noch stärker erstickt werden.
Dieser Austausch der Arbeitskräfte findet nicht im luftleeren Raum statt, sondern spiegelt ein größeres historisches Muster im Umgang Israels mit seinen Arbeitskräften im Laufe der Jahrzehnte wider. Seit der Besetzung des Westjordanlands und des Gaza-Streifens im Jahr 1967 haben palästinensische Arbeiter eine entscheidende Rolle in der israelischen Wirtschaft gespielt, vor allem im Baugewerbe, in der Landwirtschaft und in schlecht bezahlten Dienstleistungsjobs.
Israel hat es den Palästinensern jahrzehntelang erlaubt, innerhalb der Grünen Linie zu arbeiten, allerdings mit streng kontrollierten Genehmigungen und unter strenger Überwachung. Diese Regelung der Arbeitsverhältnisse hatte eine doppelte Funktion: Sie lieferte den israelischen Unternehmen billige Arbeitskräfte und sorgte gleichzeitig für eine wirtschaftliche Abhängigkeit, die als politisches Druckmittel gelockert, gestrafft oder abgeschafft werden kann.
Anfang der 2000er Jahre, nach der Zweiten Intifada, begann dieses System, sich zu verändern. Israel griff zunehmend auf Arbeitsmigranten aus dem Ausland zurück, vor allem aus Asien und aus Osteuropa, um seine Abhängigkeit von palästinensischen Arbeitern zu verringern. Die Ereignisse vom 7. Oktober 2023 und der umfassende Krieg gegen den Gaza-Streifen, der darauf folgte, beschleunigten diesen Wandel dramatisch.
Israel schob Sicherheitsbedenken vor, um praktisch über Nacht die Arbeitsgenehmigungen von Hunderttausenden Palästinensern zu widerrufen, was die palästinensische Wirtschaft lähmte und ganze Dörfer und Städte arbeitslos machte. Viele der Betroffenen hatten jahrelang in israelischen Unternehmen gearbeitet, ohne rechtliche Absicherung oder der Möglichkeit gewerkschaftlicher Organisierung.
Um die Palästinenser zu ersetzen, hat sich Israel um bilaterale Abkommen mit Ländern wie Indien, Thailand, Malawi und Sri Lanka zur Entsendung von Arbeitskräften bemüht. Mit diesen Abkommen gewinnt Israel Zehntausende neuer Arbeiter für die israelische Landwirtschaft, das Baugewerbe und den Pflegesektor. Offiziell werden diese Programme als vorteilhaft für beide Seiten dargestellt, die den Arbeitern Jobs und Ausbildungen bieten, doch Arbeitsrecht-Organisationen sagen, dass diese Abkommen die Arbeiter Missständen aussetzen.
Viele Migranten zahlen in ihren Heimatländern hohe Gebühren an Anwerbeagenturen und sind bereits bei der Einreise nach Israel verschuldet. Einige berichteten, dass man ihnen den Reisepass abnahm, sie in schlechten Behausungen unterbrachte, und dass Löhne bezahlt werden, die unter dem gesetzlichen Mindestlohn in Israel liegen.
Einer der problematischsten Aspekte dieses Systems zur Einfuhr von Arbeitskräften ist die fehlende Kontrolle. Das israelische Arbeitsministerium ist zwar theoretisch für die Regelung der Arbeitsbedingungen zuständig, aber die Umsetzung der Vorschriften lässt oft zu wünschen übrig, vor allem auf abgelegenen Farmen und Baustellen. Nichtregierungsorganisationen wie Kav la-Oved haben zahlreiche Fälle von Verstößen gegen das Arbeitsrecht dokumentiert, darunter nicht bezahlte Löhne und körperliche Misshandlungen. Allein im Rahmen des landwirtschaftlichen Praktikumsprogramms wurden mindestens 17 ausländische „Praktikanten“ als Opfer von Menschenhandel anerkannt, und seit Beginn des Programms gab es mehrere Todesfälle.
Für die palästinensischen Arbeiter, die da ersetzt werden, geht es um weit mehr als wirtschaftliche Einbußen. Für viele von ihnen stellten die israelischen Löhne die Lebensgrundlage dar, da die besetzten Gebiete mit chronischer Unterentwicklung, hoher Arbeitslosigkeit und Einschränkungen der Bewegungsfreiheit kämpfen, die die Entwicklung der lokalen Wirtschaft ersticken.
Für sie bedeutet der Entzug der Arbeitserlaubnis nicht nur den Verlust des Einkommens, sondern er verfestigt auch die Zersplitterung der palästinensischen Gesellschaft. Die finanzielle Belastung nimmt zu, und die Abhängig von Hilfe aus dem Ausland wird verstärkt.
Gleichzeitig wird die israelische Wirtschaft, insbesondere Sektoren wie das Baugewerbe und die Landwirtschaft, durch das Fehlen der palästinensischen Arbeitskräfte belastet. Israelische Wirtschaftsmedien berichten über Projektverzüge und Arbeitskräftemangel, woraufhin Unternehmen auf eine schnellere Anwerbung von Arbeitern aus dem Ausland drängten. Das hat dazu geführt, dass israelische Unternehmen die ausländischen Arbeiter nicht nur als Notlösung, sondern als strategische Alternative sehen – als Möglichkeit, die Wirtschaft ohne politisches „Risiko“ in Gang zu halten.
Diese Dynamik verdeutlicht ein tiefer liegendes strukturelles Problem: die Verwandlung von Arbeitskraft in Ware unter Apartheidbedingungen. Israel ersetzt die palästinensischen Arbeiter, deren Anwesenheit politisch brisant ist, durch Arbeitsmigranten aus dem Ausland, die leichter zu kontrollieren und abzuschieben sind und die keinerlei Anspruch auf politische Rechte haben. Die Arbeitskraft wird so auf eine Handelsware reduziert, die nach Belieben eingeführt und wieder fortgeschafft werden kann, ohne Rücksicht auf menschliche Kosten.
Inzwischen regt sich international Kritik. Im Jahr 2024 ging bei der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO) eine formelle Beschwerde im Namen palästinensischer Arbeiter ein, denen mit Beginn des Krieges gegen Gaza Lohn und Arbeitsrechte verweigert wurden. Israel wird dabei angeklagt, gegen internationale Abkommen über das Recht auf Arbeit und auf Tarifverhandlungen zu verstoßen. Die Beschwerde hat jedoch kaum reale Folgen für Israel, da die wichtigsten Geberländer und Handelspartner weiterhin politischen Bündnissen Vorrang gegenüber der Durchsetzung des Arbeitsrechts einräumen.
Diese Entwicklungen zeigen, dass Israels Arbeitsmarktpolitik, die von der Besatzung, der Sicherheitsdoktrin und der neoliberalen Wirtschaft geprägt ist, tiefgreifende Auswirkungen sowohl auf die Palästinenser als auch auf die wachsende Zahl von Arbeitsmigranten aus anderen Ländern hat. Die Ersetzung von einer großen Anzahl prekärer Arbeitskräfte durch eine andere verdeutlicht die Grausamkeit der israelischen Apartheid, das den Arbeitsmarkt einfach nach den Interessen des Staates und der Unternehmen umbaut und gleichzeitig die Kontinuität der Ausbeutung verschleiert.
Die Arbeitsmarktpolitik Israels wird sich in Zukunft immer mehr auf importierte Arbeitskräfte stützen, da das Regime versucht, seine Wirtschaft gegen die politischen Kosten der Besatzung abzuschirmen und seine Apartheid- und Völkermordpolitik zu intensivieren. Die palästinensischen Arbeiter bleiben erst mal außen vor, und die Arbeitsmigranten, die die Lücke füllen, übernehmen dasselbe System schwacher Schutzbestimmungen, rechtlicher Grauzonen und systematischer Missachtung ihrer Menschenwürde.