Zu von der Leyens verschwundenen SMS

Röschen bleibt verschont

„Money makes the world go round.“ Ob in Beinhorn bei Hannover, im behaglichen Kaminzimmer der Klinkervilla, dem eigenen Gut mit weitläufigen Ländereien, Pferdekoppeln und uraltem Baumbestand, in Brüsseler Hinterzimmern oder im schmucken Turnberry Golf Club an der schottischen Westküste: Ursula Gertrud „Röschen“ von der Leyen, geborene Albrecht, weiß, wie die Marktgesetze funktionieren.

Und sie ist ein Kommunikationstalent. Jedenfalls, was den Umgang mit Geldern, die ihr weder gehören noch zustehen, betrifft. Bundesverteidigungsministerin war sie auch schon, fast erinnert man sich nicht mehr. 2019 ging es um einen dreistelligen Millionenbetrag, um Steuergeld, verschenkt an Berater. Zu Zeiten, als von der Leyen noch Albrecht hieß, nannte man das Vetternwirtschaft.

Korruption klingt aber auch nicht besser. Damals, wie auch ein paar Jahre später in Brüssel, verschwanden auf unerklärliche Weise SMS-Nachrichten. Man muss wissen: Röschen macht Geschäfte gern ohne Papier, Vertrag und Zeugen. Kurz und knapp eben, mit höchstens 180 Zeichen.

Okay, manchmal empfindet das der Empfänger als Belästigung. Wie der Grüne Tobias Lindner, der sich am 8. November 2018 nachts um drei Uhr über Röschens Botschaft „Guts Nächtle – ich gehe nun ins Bett“ wundern durfte. Vielleicht hat sie sich nur vertippt in der Eile damals in Beinhorn, und ein Berater war gemeint. Kaum nach Brüssel zur EU weggelobt, schon wieder SMS. Diesmal an den Trump-Spezi und Pfizer-Chef Albert Bourla. Röschen steigerte sich: Jetzt ging es um 1,8 Milliarden Impfdosen zum Freundschaftspreis von 35 Milliarden Euro. Phänomenal überteuert, aber ein paar Kurznachrichten, und der Deal war perfekt. Vorverträge? Vergabeverfahren? Egal, kostet nur Zeit. Seit 2021 wollen viele wissen, wie der Deal zustande kam. Blöderweise sind auch diese SMS gelöscht. Die EU-Staatsanwaltschaft ermittelte ins Leere. Die „New York Times“ ließ seit 2023 nicht locker und gewann eine Auskunftsklage gegen EU-Kommission und Präsidentin. Im geübten Versteckspiel unserer angeheirateten Adeligen brachte auch das nichts. Die SMS gibt es nicht mehr. Merkwürdig: Bei jedem mittelprächtigen Drogendealer wird das Handy beschlagnahmt und mit Wiederherstellungssoftware ausgelesen. Davon blieb Röschen verschont. Oder warum fragt niemand den Empfänger der SMS, was drin stand? Im schottischen Golfclub gab es dann wieder Milliarden: 600 für Investitionen, 750 für Energie, und auch was für die US-Waffenindustrie. Der „Big Deal“ – zwar ohne SMS, aber was Schriftliches gab es auch nicht. Und das Geld – Wer errät’s? – war nicht ihres. Als Röschen gefrustet von der neuen alten Rolle der EU als Caddy auf den Golfplätzen der wirklich Mächtigen auf dem Sofa im heimischen Beinhorn saß, flimmerte über den US-Sender CNBC ein gut aufgelegter Trump: „Sie haben mir 600 Milliarden Dollar gegeben, und das ist ein Geschenk. Die Details sind, dass 600 Milliarden Dollar in alles investiert werden können, was ich will. Alles. Ich kann damit machen, was ich will“. Wer weiß, vielleicht hat sein „Bro“ Bourla ihm einen Blick auf sein Handy erlaubt.

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