Zu „Hohe Erwartungen, sozialpartnerschaftlich gedämpft?“, UZ vom 10. Juni

Schräges Bild

Franz Taufner, Aachen

In der UZ vom 10. Juni fanden sich an prominenter Stelle zwei Beiträge zur laufenden Tarifrunde in der Metall- und Elektroindustrie. Das ist sehr erfreulich. Das Interview mit Achim Bigus „Deutlicher Nachholbedarf“ gibt einen gut nachvollziehbaren Eindruck von der aktuellen Situation, nicht nur bei Volkswagen in Osnabrück. Der Artikel „Hohe Erwartungen, sozialpartnerschaftlich gedämpft?“ enthält eine klare Positionierung zur Situation im Südwesten. Es bleibt allerdings merkwürdig, dass einerseits die gute Dynamik der Forderungsdiskussion für die Tarifrunde angeführt wird, andererseits bemängelt wird, dass von „offizieller Seite“ zur Forderungshöhe noch nichts zu hören sei. Dabei wird mit Recht regelmäßig kritisiert, dass in einer laufenden Forderungsdiskussion an der Basis und in den Tarifkommissionen konkrete Äußerungen seitens des Vorstands nicht hilfreich sind. Sicherlich nach Redaktionsschluss der UZ-Ausgabe hat sich diese häufig bemängelte Lage wieder ergeben: Jörg Hofmann, Erster Vorsitzender der IG Metall, wird mit „mindestens 7 Prozent oder darüber“ zitiert.

Darüber hinaus werden wesentliche Fakten zur Beurteilung einer Forderungshöhe vorenthalten. So ist das Entgeltniveau in der Stahlindustrie geringer als in der Metall- und Elektroindustrie (MuE). Eine Prozentforderung bei Stahl muss daher immer höher sein, um die gleiche effektive Entgelterhöhung zu erzielen wie in der Entgelttabelle bei MuE. Vorenthalten wird auch die Information, dass die Stahlindustrie derzeit eine Sonderkonjunktur erlebt. Die erhöhten Kosten in der Stahlerzeugung werden, bei hoher Auslastung, durch zwei- bis dreifach gesteigerte Preise an die Stahlabnehmer weitergegeben. Dies wird den Herstellern in der Metall- und Elektroindustrie so nicht möglich sein. Somit wird ein schräges Bild über das Zustandekommen der Forderungsfindung bei MuE erzeugt und damit ist der Inhalt des nächsten Artikels zur dann fixierten Forderung erwartbar. Ob sich mit diesem Vorgehen aktive IG-Metall-Kolleginnen und -Kollegen von der UZ, als Zeitung für aktive Gewerkschaftsarbeit, überzeugen lassen, darf bezweifelt werden.

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"Schräges Bild", UZ vom 17. Juni 2022



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