Zu Jan van Aken im ARD-Sommerinterview

Tauben vergiften

Als Noah eine Taube mit einem Olivenzweig im Schnabel erschien, um ihm das Ende der Sintflut anzuzeigen, sollte sie ein „Schwamm drüber!“ bei der gottbefohlenen Überschwemmung signalisieren. Gott war zufrieden, die Mutter aller Genozide endete, das Wasser gluckerte in den Gully und die Arche strandete auf dem Berg Ararat. So viel zur Wahrheit.

Der Kabarettist Georg Kreisler wünschte den Tauben im Park 1956 noch Zyankali in den Hals, aber stattdessen kam dem Tier der Rang eines Friedenssymbols zu. Inzwischen fühlen sich Leute wie der „Linken“-Vorsitzende Jan van Aken dazu berufen, sich selbst zu einer Friedenstaube, sogar zur „Chef-Friedenstaube“ seiner Partei, ernennen zu dürfen. So viel zur Dichtung.

Aufmerksamkeit bekommt man eher, indem man tut, was keiner ahnt. Denn billig wäre es, sich dafür zu engagieren, was Friedensbewegte landläufig erwarten und wirkliche Diplomaten täten: Sich in beide Seiten hineinzudenken, Gespräche zu führen und sich für Verhandlungen einzusetzen.

Das ist Jan van Akens Sache nicht, und so breitet er im ARD-Sommerinterview am 17. August vor blauem Himmel die weißen Schwingen mächtig aus. Er hält es für gut, aber nicht dem Frieden dienlich, dass sich die größten Atommächte nach Jahren des Stellvertreterkriegs in der Ukraine erstmals wieder an einen Tisch gesetzt haben. Er fände dagegen wichtiger, China als „großen Bruder“ Russlands anzumahnen – obwohl dieses Land sowohl zu Russland als auch zur Ukraine gute Beziehungen pflegt, im Gegensatz zu den NATO-Staaten einen tauglichen Friedensvorschlag gemacht hat und nicht etwa durch Sanktionen „die Ukraine ruinieren“ will. Auch raunt er, dass Russland Moldawien, Georgien oder baltische Staaten angreifen könne, wenn „sie mit dem Angriff auf die Ukraine durchkommen“. Ein Sintflutexperte eben.

Einmal dabei, erneuert Herr van Aken seine schon seit Monaten vorgetragene Forderung, Russlands Ölschiffe in der Ostsee aufzubringen, womit Russland zum Krieg genötigt wäre. Aber er legt noch nach und spricht nun von „illegalen russischen Ölexporten“.

Fakt ist: Kein Gericht hat den russischen Ölexport verboten; demnach verkauft der Vorsitzende von „Die Linke“ die EU-Sanktionen als ein gültiges Gesetz, während die Mitglieder seiner Partei den aufkommenden Sturm für Rückenwind halten. Er nimmt Kreisler ernst: So geht Taubenvergiften im Park.

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"Tauben vergiften", UZ vom 29. August 2025



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