Die Privatisierung der Wasserversorgung in Britannien ist eine andauernde Katastrophe

Thatcherismus ist scheiße

Morning Star / Übersetzung und Bearbeitung: UZ

Unter der Regierung Thatcher wurden die Investitionen in die Wasserversorgung drastisch zurückgefahren. Bis 1980 brachen diese bei den regionalen Wasserbehörden um zwei Drittel ein. Die neoliberale Zwangsjacke, die Thatcher dem Staat anlegte, beschränkte ihre Möglichkeiten zur Kapitalbeschaffung massiv. Im Gegensatz dazu konnten die nunmehr privatisierten Wasserunternehmen bis heute Kredite in Höhe von vielen Millionen aufnehmen. Diese dienten jedoch eher als Tischlein-deck-dich für Boni, Dividenden und „Anreize“, anstatt dafür in Infrastruktur zu investieren.

Die Gesamtschuldenlast der zwölf privaten Wasserunternehmen beläuft sich heute auf 65 Milliarden Pfund (74 Milliarden Euro) und liegt damit laut dem diesjährigen Bericht des Unterhauses gefährlich nahe an der 70-prozentigen Verschuldungsquote, bei der die Geschäftsfähigkeit gefährdet ist.

Jo Maugham ist Leiter des „Good Law Project“, einer gemeinnützigen Organisation, die rechtlich gegen mehrere Wasserunternehmen vorgeht. Er sagt: „Der Wassersektor ist seit Jahrzehnten schlecht reguliert. Das hat vor allem zur Folge, dass diese Unternehmen nicht nur zu viel Grundwasser und Wasser aus Grundwasserleitern und Reservoirs entnehmen, sondern auch Geld von den operativen Einheiten der Unternehmen abziehen, und man hat ihnen die Unterfinanzierung der Wasserinfrastruktur erlaubt.“

In den letzten Monaten ist die Zahl der Fälle, in denen wegen illegaler Abwasserverklappung strafrechtliche Ermittlungen gegen Wasserunternehmen eingeleitet wurden, auf knapp 100 gestiegen. In diesem stinkenden Morast aus Vernachlässigung, Inkompetenz, Korruption und Profitgier haben die privaten Eigentümer und Geschäftsführer diese Betriebe nicht nur finanziell ausgeschlachtet, sondern auch noch so hoch verschuldet, dass ihre Stabilität und ihr Überleben fraglich sind. Thames Water, ein Unternehmen, dessen Existenz höchst bedroht ist, hat eingewilligt, 24,5 Millionen Pfund von seiner Rekordstrafe von 122,7 Millionen Pfund zu bezahlen. Solche Bußgelder stellen wiederum eine zusätzliche Belastung für die Kunden dar, die gezwungen sind, diese maroden Unternehmen durch ständig steigende Wassergebühren zu finanzieren.

Die Labour-Regierungen von Tony Blair und von Gordon Brown haben den Thatcherismus vollständig übernommen, er wurde in den Verträgen von Maastricht und Lissabon festgeschrieben, und diese Privatisierungsideologie ist auch das Herzstück der Wirtschaftspolitik der gegenwärtigen Labour-Regierung unter Keir Starmer: Es hat immer geheißen, dass die Privatwirtschaft das Risiko übernehmen und die Öffentlichkeit profitieren werde. Diese Vorstellung stellt sich heute dar wie ein toter Papagei (berühmter Sketch der britischen Komikergruppe Monty Python, Anm. d. Red.), ausgelacht und längst beerdigt. Heute befürworten laut Umfragen gerade mal 8,3 Prozent der Bevölkerung die Privatisierungen.

70 Prozent der Befragten sind dafür, dass die Wasserversorgung in öffentlicher Hand sein sollte. Bemerkenswerterweise sind diese Umfrageergebnisse in allen Regionen, bei Männer und Frauen, über alle Altersgruppen und politischen Lager hinweg konstant.

Dass die Privatisierungen in der Bevölkerung so unbeliebt und dennoch scheinbar unantastbar sind, zeigt, welche Klasse wirklich das Sagen hat. Die logische Folgerung, dass Infrastruktur öffentliches Eigentum sein sollte, wird manchmal hinterfragt mit dem Argument, dass eine Verstaatlichung dieser maroden Unternehmen unerschwinglich teuer wäre. Das träfe natürlich nur dann zu, wenn diese Betriebe zu dem Preis verkauft würden, den ihre gegenwärtigen Besitzer sich vorstellen. Eine sozialistische Regierung – ausgestattet mit dem Mandat der Bevölkerung und unterstützt von der Arbeiterklasse –, die sowohl entschlossen ist als auch über die entsprechenden Zwangsmittel verfügt, könnte diese raffgierigen und inkompetenten Betreiber einfach enteignen und ihnen als Individuen und als Klasse Alternativen aufzeigen, wie sie ihren Lebensunterhalt verdienen können, nachdem sie von der Last der Verantwortung für ihr Eigentum befreit wurden.

Dafür gibt es auch historische Präzedenzfälle. Doch selbst eine weniger überstürzte und weniger volksnahe Überführung in öffentliches Eigentum könnte mit einem Blick darauf beginnen, wie der Marktwert dieser Betriebe aufgrund ihrer Verschuldung gesunken ist und wie die jahrzehntelangen Gewinnausschüttungen, Managergehälter und Bonuszahlungen gegen den nominellen Wert der Betriebe aufzurechnen sind. Den Leuten, die da freigesetzt werden, sollte man noch einen zeitnahen Termin beim nächsten Jobcenter für eine Karriereberatung anbieten.

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"Thatcherismus ist scheiße", UZ vom 10. Oktober 2025



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