Im Verhältnis zu den USA ist die EU noch eine industrielle Boom-Region. Das EU-US-Handelsvolumen hatte sich 2024 gegenüber 2014 auf 867 Milliarden Euro fast verdoppelt. Die Europäer konnten im Handel mit den USA 2024 einen Überschuss von 198,2 Milliarden Euro erzielen. Dieser Überschuss, der als Defizit in der US-Bilanz erscheint, stellt 14,3 Prozent des gesamten Handelsdefizits der USA in Höhe von 1,381 Billionen Dollar dar.
Dieses gewaltige Handelsdefizit ist einer der entscheidenden Gründe für Donald Trumps Zollkrieg, mit dem er alle und jeden, aber auch die „EU-Bündnispartner“ bedroht. Die Idee bei diesem imperialen Protektionismus ist, dass die Schwächung des Handelspartners der Entwicklung der eigenen Wirtschaft nützt. Protektionismus ist nichts Neues. Die Briten haben Protektionismus betrieben, die US-Amerikaner, die Deutschen, es funktioniert aber nur, wenn es da eine Wirtschaft im Aufbau gibt, die protektionistisch geschützt und international konkurrenzfähig gemacht werden soll. Davon kann, wie das gigantische Handelsdefizit beweist, bei den deindustrialisierten USA keine Rede sein.
Am Sonntagabend ging ein Treffen von EU-Kommissionspräsidentin von der Leyen und US-Präsident Donald Trump im schottischen Turnberry zu Ende. Trump blies das erzielte Ergebnis wie üblich zum „größten aller Deals“ der Weltgeschichte auf. Von der Leyen sprach etwas schmallippig von einem „schweren Prozess“. Das erzielte Ergebnis habe man nun und das sei gut. Ob das die betroffene deutsche und europäische Exportindustrie ebenso sieht, steht auf einem anderen Blatt. Schon die jetzige Zollhöhe von pauschal 10 Prozent ist für nicht wenige Unternehmen ruinös. 15 Prozent bedeutet für viele, dass der US-Markt für sie Geschichte ist. Ob die kriselnde deutsche Autoindustrie mit einer Zollquote von 15 Prozent, der nun auch für sie gelten soll, zurechtkommen wird, muss sich erst noch zeigen. Sie ist nicht nur in den USA durch Trump, sondern auch durch das Verbrennerverbot bedroht. Zusammen mit den drastisch gestiegenen Energiekosten dürfte das einen ziemlich toxischen Cocktail darstellen. Die USA sind das Hauptexportland der deutschen Pkw-Branche. 2024 exportierte sie 448.000 Pkw in die USA, 14,1 Prozent des Gesamt-Exports. Die Autobauer erzielten satte 70 Prozent ihres Gesamtumsatzes von 541,9 Milliarden Euro im Auslandsgeschäft. Nach Trumps Ankündigung eines Pkw-Zolls von 25 Prozent im April 2025 sanken die US-Verkaufszahlen um 23,5 Prozent. Völlig aus dem US-Rennen ist das, was an europäischer Stahl- und Aluminiumindustrie noch vorhanden ist. Ihre Produkte werden weiterhin mit Zöllen von bei 50 Prozent belastet werden. Zölle in dieser Höhe sind prohibitiv und kommen praktisch einem Exportverbot gleich. Außer vielleicht exotische Qualitäten, die sonst nicht verfügbar sind, dürfte wohl niemand in den USA europäische Metallwaren zu solchen Kursen importieren.
Die Mutter aller Trump-Deals enthält aber noch zwei weitere Elemente. Zum einen eine Verpflichtung, teure US-amerikanische Fracking-Energie (statt billiger russischer Pipeline-Energie) zu kaufen, die, soweit es Gas betrifft auch noch als LNG verschiffbar gemacht werden muss. Umfang des Deals 750 Milliarden Dollar. Und als Sahnehäubchen gibt es eine Investitionsverpflichtung der EU von zusätzlich (!) 600 Milliarden Dollar. Wer um Himmels willen will in das völlig überschuldete Imperium im Niedergang, in den schwächer und schwächer werdenden Dollar, in die immer unbeliebteren US-Staatsanleihen investieren?
Der offene Abstieg des neoliberal ruinierten „Wertewestens“ begann vor knapp 20 Jahren mit dem „Krieg gegen den Terror“ und der großen finanzkapitalistischen Strukturkrise. Der seinerzeitige EZB-Chef Mario Draghi hatte die Parole ausgegeben: „Whatever it takes!“ Frei übersetzt: Kohle bis zum Abwinken für die Banken und das Finanzkapital. Der Marsch in den Schuldenstaat bekam einen exponentiellen Charakter. Seit der Installierung von Ursula von der Leyen als EU-Dompteuse und der westeuropäischen Horrorshow aus Scholz, Merz, Macron, Johnson, Truss, Sunak und Starmer wird das im Sinkflug begriffene Europa regiert, als sei es von einer fremden Macht okkupiert. Als dann Washington begann, seine Vasallen zu kannibalisieren, wurde es richtig teuer. Mit der Sprengung der Nord-Stream-Pipeline, der Delegierung des gescheiterten Ukraine-Abenteuers an die EU, mit dem Billionen schweren Aufrüstungsprogramm zugunsten der US-Rüstungsindustrie und nun den drastischen US-Zöllen auf EU-Exporte dürften der US-Präsident und seine EU-Agenten hier ein Paket zu Lasten der EU-Bürger geschnürt haben, welches tatsächlich ohne Beispiel ist.