Was wir als Kommunisten daraus lernen können

UZ-Debatte: Der Corona-Abschluss der IG Metall

AG Betrieb und Gewerkschaft des Bundesvorstands der SDAJ

Mit diesem Beitrag setzen wir die Debatte in der UZ zu dem im März abgeschlossenen „Solidartarifvertrag“ der IG Metall fort. In den vorausgegangenen Ausgaben haben Isa Paape und Christa Hourani ihre Positionen dargelegt. Weitere Beiträge sind in der Planung und werden in den nächsten Ausgaben erscheinen.

Wer sich an der Debatte beteiligen möchte, wird gebeten, sich an werner.sarbok@unsere-zeit.de zu wenden.
Wenn man sich die bisherige Debatte um den „Corona-Abschluss“ der IG Metall anschaut, lassen sich zwei Perspektiven erkennen, aus denen der Abschluss beurteilt wird. Die eine ist eine Kritik am Abschluss der IG Metall, ihrem Vorstand, sowie der Art und Weise, wie dieser Abschluss zustande kam. Die andere Perspektive verteidigt das Vorgehen der IG Metall und ihres Vorstands, mit Verweis auf die schwierige Ausgangssituation und das für die IG Metall momentan ungünstige Kräfteverhältnis. Aus dem Abwägen dieser beiden Perspektiven kann man sehr viel darüber lernen, was unsere Aufgabe als Kommunistinnen und Kommunisten in Gewerkschaften ist. Dies soll im weiteren Verlauf dieses Artikels diskutiert werden.

Aber was ist unsere Aufgabe als Kommunisten in Gewerkschaften? Als Kommunisten müssen wir die real in den Gewerkschaften stattfindenden Kämpfe gemeinsam mit unseren Kolleginnen und Kollegen vorantreiben, eine weitergehende Perspektive einnehmen, aber auch die ideologischen Elemente der Sozialpartnerschaft wie Standortlogik und Stellvertreterpolitik kritisieren. Hierbei wollen wir unseren Kolleginnen und Kollegen zum Einen aufzeigen, dass wir zwar alleine schwach, aber gemeinsam stark sind, zum Anderen aber auch die Grenzen des gewerkschaftlichen Kampfes aufzeigen. Dies können wir jedoch nur in konkreten Kämpfen tun, in denen der Widerspruch zwischen Kapital und Arbeit für sie erfahrbar wird. Und an genau dieser Stelle beginnt das Problem mit der die Gewerkschaftsführung verteidigenden Haltung im Bezug auf diese Tarifrunde:

Die Tarifrunde war von vornherein nicht auf Arbeitskampf ausgelegt. Schon im Januar, als die Ausmaße der Corona-Pandemie noch nicht ansatzweise absehbar waren, übermittelte der Vorstand der IG Metall den Arbeitgeberverbänden mit einem „Moratorium für fairen Wandel“ einen Deal für die anstehende Tarifrunde. Inhalt sollte sein, dass die Arbeitgeber auf Stellenabbau verzichten, während die IG Metall auf eine bezifferte Lohnforderung verzichtet. Das große Ziel: Sich noch vor Ende der Friedenspflicht auf einen Abschluss zu einigen und somit die eigentliche Tarifrunde quasi ausfallen zu lassen. Das ist gleich aus mehreren Gründen problematisch. Zum Einen sind Zeiten des Arbeitskampfes die Zeiten, in denen die Gewerkschaften stärker werden, sowohl zahlenmäßig als auch an Kampferfahrung. Zum Anderen zeigt die Erfahrung, dass die Abschlüsse, die nach Arbeitskampfmaßnahmen zustandekommen, wesentlich besser ausfallen als diejenigen ohne. Der unter Zeitdruck und ohne Arbeitskampfmaßnahmen getroffene Corona-Abschluss bleibt allerdings noch hinter dem Moratorium zurück. So werden die Entgelte einfach gar nicht erhöht, und an Stelle eines Kündigungsschutzes für die Beschäftigten tritt ein Beschäftigungsschutz durch Ausweitung der Kurzarbeit sowie Erleichterungen zur Kinderbetreuung in Zeiten von Corona, von denen wegen der Bedingungen, unter denen man sie nutzen kann, nur die wenigsten Beschäftigten etwas haben werden. Dass sowohl das Kräfteverhältnis als auch die Ausgangsbedingungen für die IG Metall diese Tarifrunde alles andere als günstig waren, ist eine Tatsache. Dass aber dieser Abschluss, in einer Tarifrunde, wo nicht einmal versucht wurde, Arbeitskampfmaßnahmen durchzuführen, das Beste ist, was drin war, darf bezweifelt werden.

Für das Bewusstsein der Kolleginnen und Kollegen ist das fatal. Schon jetzt ist die Mobilisierungsfähigkeit der IG Metall in den Betrieben nicht sonderlich hoch, weswegen die IG Metall auch Angst vor konkreten Arbeitskampfmaßnahmen hat. Allerdings führt das Vermeiden dieser in letzter Konsequenz dazu, dass die Kolleginnen und Kollegen sich daran gewöhnen, sich auf ihre Funktionäre zu verlassen und bei nächstenTarifrunden noch weniger Kolleginnen und Kollegen mobilisiert werden können. Diesen Teufelskreis gilt es zu durchbrechen.

Abschließend lässt sich sagen, dass dieser Abschluss genau das ist, was halt rauskommt, wenn man eine Tarifrunde vollkommen losgelöst von der Basis in den Betrieben durchführt. Er ist nicht gut. Es gibt keine Entgelterhöhung, anstatt Kündigungsschutz einen erleichterten Zugang zu Kurzarbeit und die eigentlich guten Dinge können von vielen Kollegen nicht genutzt werden. Wer diesen Abschluss verteidigt, wird dem, was wir als Kommunisten in Gewerkschaften machen sollen, nicht gerecht und muss sich fragen lassen, wem diese Haltung nützt. Der Befreiung der Arbeiterklasse wohl eher nicht.

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"UZ-Debatte: Der Corona-Abschluss der IG Metall", UZ vom 29. Mai 2020



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