Auch Aktive der Friedensbewegung und ihre Organisationen nutzen – oft ungefragt – gängige Narrative der Kriegstreiber. Mit Blick auf den NATO-Krieg gegen Russland ist es der Stehsatz vom „völkerrechtswidrigen Angriffskrieg Russlands“ – gern gesteigert mit „durch nichts zu rechtfertigen“. Angesichts des Völkermords in Gaza sind es der 7. Oktober und „der terroristische Überfall der Hamas“ auf Israel. Ja, wir müssen für den Frieden auf die Straße, aber … Dabei ist es heute klar erkennbar, dass die NATO der Hauptkriegstreiber ist und Israel Völkermord begeht. Beides ist durch nichts zu rechtfertigen und kann nur durch eine breite Friedensbewegung gestoppt werden.
Es ist richtig und notwendig, über die Fragen der Kriegsursachen zu diskutieren und zu streiten, aber nicht, um den Herrschenden zu gefallen oder ihnen nicht zu sehr in die Quere zu kommen. Sie danken den Kotau nicht. Ihnen geht es nicht um eine Analyse oder eine realistische Bewertung. Ihnen geht es darum, das Eingreifen Russlands in den Ukraine-Krieg und den Widerstand der Palästinenser aus Raum und Zeit zu lösen und die Vorgeschichten vergessen zu machen. Sie wollen nicht über den Jugoslawien-Krieg, die diversen NATO-Osterweiterungen, den Maidan-Putsch und den Krieg der Ukraine gegen die Volksrepubliken mit 14.000 zivilen Opfern bis 2022 sprechen. Sie wollen nicht über die Nakba, das Siedlerunwesen, das Abriegeln des Gazastreifens oder das Errichten eines Apartheid-Systems sprechen.
Sie wollen davon ablenken, dass Israel die Palästinenser seit seiner Gründung unterdrückt, den Gazastreifen zum größten Gefängnis der Welt gemacht hat, in Permanenz das Völkerrecht bricht und im Gazastreifen Völkermord begeht. Sie tun das, weil Israel der Vorposten des Imperialismus im Nahen Osten ist.
Es geht ihnen darum, davon abzulenken, dass NATO, EU und der deutsche Imperialismus die Kriegstreiber sind und Rheinmetall und andere kein Interesse an Frieden haben, solange sie profitieren und die Massen für diesen Krieg bezahlen.
Es wird eingewandt, dass die Wiederholung der Floskeln vom „bösen Russen“ und der „terroristischen Hamas“ eine größere Bündnisbreite der Friedensbewegung ermöglicht. Tatsächlich gehören Kräfte aus der Sozialdemokratie, den Gewerkschaften und Kirchen in die Reihen der Friedensbewegung, die diese Abgrenzung notwendig finden. Aber sie darf weder Bestandteil des Konsenses der Friedensbewegung sein noch eine Eintrittskarte, um dabei sein zu können. Sie ist sonst, wie von den Herrschenden gewollt, der Spaltpilz in der Bewegung.
Das gilt auch für die Frage der „Rechtsoffenheit“. Es ist doch absurd, dass uns diejenigen, die das Geschäft der NATO machen und die täglich zeigen, dass sie weder Frieden in der Ukraine noch im Nahen Osten wollen, vor der Gefahr von rechts warnen. Wenn sie von Rechtsoffenheit sprechen, verhalten sie sich wie der Handtaschenräuber, der „Haltet den Dieb“ ruft. Ihre Kriegspolitik, ihr sozialer Kahlschlag und ihre Hetze gegen Migranten und Bürgergeldempfänger sind rechts. Die derzeitige Regierungspolitik macht die AfD stark. Die soziale und Friedensdemagogie von Nationalisten, Rassisten und Faschisten entlarven wir ohne die Hinweise der Herrschenden, die genau diese Demagogie gerne nutzen, um uns zu spalten und zu schwächen.
Wir brauchen eine breite Bewegung aller, die ehrlich für den Frieden kämpfen. Wir brauchen den Schulterschluss mit den Gewerkschaften und der Palästina-Solidarität. Die Demonstrationen dieser Tage in vielen Städten machen Mut. Führen wir sie am 3. Oktober in Berlin und Stuttgart zusammen.