Rede von Palästina Solidarität Essen auf Solidaritätsdemonstration für Palästina in Essen am 30. August

Wer schweigt, stimmt zu

Palästina Solidarität Essen

Ein Völkermord vor den Augen der Weltgeschichte – doch die Bundesregierung schweigt und unterstützt das Verbrechen. Auf der Palästina-Soli-Demo in Essen am Samstag haben Helin und Siw vom Bündnis Palästina Solidarität Essen Israels Genozid und Deutschlands Umgang damit in deutlichen Worten angeprangert. Wir dokumentieren die Rede der beiden geringfügig bearbeitet:

Siw: Wir, das Bündnis Palästina Solidarität Essen, haben mittlerweile 13 Mahnwachen durchgeführt, immer Montags in unterschiedlichen Stadtteilen von Essen. Wir wollen erreichen, dass sich mehr Menschen trauen, gegen den Krieg Israels im Gaza-Streifen auf die Straße zu gehen. Wir fordern ein sofortiges Ende des Krieges.

Helin: Auch nach unserer heutigen Demonstration werden wir nicht aufhören. Wir werden weitermachen! Wir werden auf die Straße gehen, solange, bis es Frieden in Palästina gibt! (…)

Siw: Vor den Augen der Welt geschieht ein Völkermord! Und was passiert? Hören wir von deutscher Regierung und den Medien ein Wort des Bedauerns über die unzähligen Toten? Hören wir auch nur ein Wort des Bedauerns über einen nahezu völlig zerstörten Landstrich oder über die gezielte Tötung von Journalisten? Gab es eine Kritik der deutschen Regierung zu den israelischen Siedlungsplänen im Westjordanland? Nein!

Wir fordern die deutsche Regierung auf: Tun sie es der niederländischen gleich. Im Juli erklärte das niederländische Außenministerium die rechtsextremen israelischen Minister Bezalel Smotrich und Itamar Ben Gvir zu unerwünschten Personen. Weiterer Druck auf Israel ist möglich mit der Aussetzung des Assoziationsabkommens zwischen der EU und Israel.

Helin: Alle tun so, als hätte der Krieg erst im Oktober 2023 begonnen. Doch wir wissen: Dieser Konflikt ist viel älter. Es gibt hunderte Bücher. Es gibt diplomatische Protokolle. Alles belegt seit Jahrzehnten: Dieser Krieg hat eine lange Vorgeschichte. Er begann nicht im Oktober 2023.

Die totale Blockade des Gazastreifens hat die Situation unerträglich gemacht. Schon 2017 erklärte die UN: Gaza ist unbewohnbar! Seitdem wächst die Bevölkerung. Seitdem wird die humanitäre Lage schlimmer und schlimmer.

Gaza ist ein Gefängnis. Ein Gefängnis ohne Dach. Aber hinter Mauern, die niemand überwinden kann.

Siw: Israel macht immer wieder deutlich, dass es kein Interesse an einer friedlichen Lösung, erst recht nicht an einer Zwei-Staaten-Lösung hat. Israel beansprucht das ganze Land für sich, deshalb müssen die Palästinenser sterben, fliehen oder werden vertrieben. Wir dürfen aber nicht übersehen, dass Israel der Statthalter des Westens im Nahen Osten ist. Hinter der perfiden Kriegsführung – hinter dem Genozid – stecken imperialistische Interessen sowohl der USA als auch Europas. Und für diese elende Geopolitik muss die Bevölkerung Palästinas leiden. Die Arbeiterklasse aller Länder leidet für die Interessen der Reichen.

Helin: Und auch wenn Kanzler Merz sagt: „Keine neuen Waffenlieferungen an Israel“: Die alten Genehmigungen laufen weiter. Es werden weiter Waffen geliefert!

Und nicht nur das: Die israelische Regierung wird weiterhin bedingungslos unterstützt. Egal, wie viele Kinder sterben. Egal, wie viele Krankenhäuser bombardiert werden.

Währenddessen machen deutsche Rüstungskonzerne Milliarden. Die Rheinmetall-Aktien explodieren, während in Gaza Kinder sterben! Das Leid der Palästinenser wird hierzulande in Profite verwandelt.

Wir senden unsere solidarischen Grüße an das Camp „Rheinmetall entwaffnen“ in Köln!

Siw: Wir fordern einen sofortigen Stopp aller Waffenlieferungen an Israel, egal, wo sie eingesetzt werden. Wir fordern: Hände weg vom Westjordanland! Wir fordern ein Ende aller politischen und moralischen Unterstützung Israels. Die Lehre aus dem Holocaust kann ja wohl nicht sein, einen weiteren Völkermord zu unterstützen.

Helin: Über 63.000 Tote! Frauen. Kinder. Das darf uns nicht kalt lassen! Darum braucht es Solidarität. Internationale Solidarität! Und es braucht die Wahrheit. Nur die Wahrheit kann den Genozid stoppen.

Netanjahu spricht nach einem Angriff auf ein Krankenhaus, bei dem 19 Menschen starben, von einem „tragischen Missgeschick“. Das ist keine Wahrheit. Das ist eine Lüge!

Wie viele „Missgeschicke“ noch?

Der zweite Beschuss, als Helfer Verletzten helfen wollten, war kein Missgeschick. Das war kein Zufall. Das war ein gezielter Angriff!

Wer Bomben auf eine Klinik wirft, begeht kein Missgeschick. Das ist ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit!

Jeden Tag sterben in Gaza Kinder. Jeden Tag! Nicht nur durch Bomben. Auch durch Hunger. Auch durch die Blockade von Nahrung, Wasser, Medikamenten. Gaza wird ausgehungert!

Siw: Wer hier in Deutschland dagegen protestiert und sich gegen die Doppelmoral wehrt, wird versucht, zum Schweigen gebracht zu werden. Wer „Freiheit für Palästina“ ruft, wird überwacht. Wer die Wahrheit ausspricht, wird diffamiert.

Jegliche Palästina-Solidarität in Deutschland wird kriminalisiert, verfolgt und angeklagt. Immer wieder hören wir denselben Vorwurf, wir seien Antisemiten. Unserer wöchentlichen Mahnwache wurde verboten, das Wort „Genozid“ zu benutzen. Es gibt aber kein anderes Wort für einen Völkermord!

Die deutsche Staatsräson bedeutet die Unterstützung der zionistischen Regierung Israels, und nicht, wie immer behauptet wird, der israelischen Bevölkerung insgesamt. Damit wird auch klar, dass die deutsche Staatsräson die Unterstützung des Völkermordes bedeutet. Und wir sagen klar: Antizionismus ist kein Antisemitismus. Kritik am Staat Israel und der politisch Verantwortlichen ist kein Antisemitismus.

Helin: Und deshalb sagen wir: Unsere Stimme lässt sich nicht verbieten! Wer schweigt, stimmt zu!

Solange Kinder in Gaza sterben, solange Familien auseinandergerissen werden, werden wir laut sein! Hier in Essen. In Berlin. Überall!

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