Zu „Im Westen nichts Neues“, UZ vom 11. November

„Wir waren und sind die Guten“

Hartmut Böhm, Osnabrück

Ich habe den Film anders gesehen als Ken Merten. Da gibt es den Landser Paul Bäumer, dem der Spieß erklärt, dass seine Braut das Gewehr sei und dass er dies stets sauber halten müsse. Und so kämpft er sich ehrlich und bescheiden durch den Krieg. Die bösen Waffen haben immer nur die anderen: Giftgas, Flammenwerfer und Panzer. Die Franzosen sind alle struppig, der deutsche Protagonist dagegen immer akkurat rasiert und stets in korrekter Uniform, wenn er nicht gerade in der Matsche kämpft.

Abweichend von der Romanvorlage fehlt einerseits die Episode der militärischen Ausbildung, andererseits werden nunmehr die Waffenstillstandsverhandlungen im Vorfeld des 11. November 1918 aufgegriffen. Da gibt es den in militaristischer Maske erstarrten General Foch und auf der deutschen Seite den gemütlich schwäbelnden Philanthropen Matthias Erzberger. Am Ende wird die deutsche Delegation gezwungen, einen Waffenstillstandsvertrag blanko auf einem ansonsten leeren Blatt Papier zu unterzeichnen – eine Steilvorlage für alle, die seither und immer noch gegen den „Versailler Schandfrieden“ hetzen. (…) Am Ende des Films wird Paul Bäumer in einen „ehrlichen“ Kampf, Mann gegen Mann, verwickelt. Um Haaresbreite wird er in einer Schlammpfütze ersäuft und nach dem Sieg in diesem Kampf wird sein Brustkorb hinterrücks, also heimtückisch, von einem französischen Bajonett durchbohrt.

Die Botschaft des Films: Damals waren „wir“ die „Guten“, und in die Gegenwart übertragen, „wir“ sind immer noch die „Guten“. Meiner Meinung nach also ein Film, der die pazifistische Sichtweise Remarques von der Gleichheit der in den Krieg Getriebenen in sein Gegenteil verkehrt. Und natürlich bleibt ausgespart, warum es überhaupt deutsche Truppen in Frankreich gegeben hat.

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"„Wir waren und sind die Guten“", UZ vom 25. November 2022



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