Zur Debatte um das Rentenpaket und die Rolle der Jungen Union

Zauberlehrlinge

Fred Filius

Zunächst: Die Junge Union (JU) ist nicht die Inte­ressenvertretung der Mehrheit der Jugendlichen in Deutschland und die „Junge Gruppe“ der Bundestagsabgeordneten der CDU/CSU ist es erst recht nicht. Einzuräumen ist allerdings: Diesen Lehrlingen des bürgerlichen Parlamentarismus ist es zur Freude des Unternehmerlagers gelungen, mit Hilfe der von diesem Lager dominierten Medien den Eindruck zu erzeugen, es ginge beim geplanten „Rentenpaket“ der Merz/Klingbeil-Koalition um eine Auseinandersetzung zwischen jungen und alten Menschen. Das hat mit der Faktenlage nichts zu tun.
Das Ziel der Truppe um den JU-Vorsitzenden Johannes Winkel und seinen Stellvertreter Pascal Reddig, der gleichzeitig Vorsitzender der 18-köpfigen „Jungen Gruppe“ der Union im Bundestag ist, liegt auf dem Tisch: Nach dem Willen dieser mit 12.000 Euro im Monat gut verdienenden und im Alter ebenso versorgten Parlamentarier soll ab 2031 die dem gemeinen Volk per Gesetz zugesicherte Rente so langsam ansteigen, dass das Versorgungsniveau langfristig gegenüber dem Lohnniveau immer weiter zurückbleibt. Den Nutzen hätten vor allem Unternehmer und Finanzdienstleistungskonzerne. Erstere könnten ihren Anteil an den Einzahlungen in die Rentenkasse absenken. Letztere könnten den Menschen mithilfe ihrer grellen Reklamekampagnen – wahrscheinlich mit Steuergeldern unterstützt – das Geld aus den Taschen ziehen, damit sie ihre so ausgeweitete Altersversorgungslücke selbst mit windigen Finanzprodukten stopfen mögen. Vorausgesetzt, ihre schrumpfenden Einkommen würden das noch hergeben.

Leidtragende wären nicht nur die jetzigen Rentner und diejenigen, die kurz vor der Rente stehen, sondern vor allem die Millionen junger Menschen, die so, verführt von diesen Zauberlehrlings-Demagogen um Winkel und Reddig, in eine gesicherte Altersarmut geführt würden. Mindestens diejenigen ohne reiche Eltern oder späterem Führungskräftegehalt, die im Alter auf die staatliche Rente angewiesen sind, würden sich ab 2040 oder 2050 das Gespött der dann alt gewordenen heutigen Jungkarrieristen anhören müssen, sie hätten eben beruflich versagt. „Eure Armut kotzt uns an“ stand als ungeschriebener Subtext im Freizeitpark im südbadischen Rust, den sich die Junge Union als Tagungsort für ihre Jugend- und Altersverarschung ausgesucht hatte.

Wer wirklich für die Rechte der Jugend einstehen will, kämpft heute vor allem dafür, dass ihnen die Wehrpflicht erspart bleibt und damit wenigstens, wenn sie schon mit dem Leben davonkommen, verlorene Monate und Jahre und ein um diese Zeit geschmälertes Einkommen. Wer wirklich für die Rechte der Jugend einstehen will, der kämpft darum, dass endlich auch die Reichen, Abgeordneten und Beamten in die Rentenkassen einzahlen und so Renten ermöglichen, die ohne einen Cent Beitragserhöhung wirklich für alle zum Leben reichen. Wer wirklich für die Rechte der Jugend einstehen will, bezieht außer den Löhnen auch Zinsen, Dividenden, Tantiemen, Mieten, Pachterlöse in die Zahlungsverpflichtung für eine sichere Altersrente ein – und würde durch ein solches Gesetz alles Geraune über Renten- und Gerechtigkeitslücken vom Tisch wischen können.

Kurz, wer wirklich für die Rechte der Jugend einstehen will, gehört nicht in die Demagogentruppe der JU, sondern in sozialistische Jugendorganisationen und solche Organisationen im Geiste jung gebliebener älterer Jahrgänge, die an der Seite klar in die Zukunft blickender Jugendlicher für eine Zukunft ohne Krieg, schlechte Löhne und Altersarmut wirken.

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"Zauberlehrlinge", UZ vom 21. November 2025



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