Die Portugiesische KP erinnert an die Nelkenrevolution

Abril bedeutet Zukunft!

Avante! Übersetzt und gekürzt von Bruno (Linke Deutschsprachige Freunde Lagos)

Die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP) hat auf einer Gedenkveranstaltung am 7. April anlässlich des 50. Jahrestags der Nelkenrevolution Bilanz gezogen. Wir dokumentieren einen Beitrag der Parteizeitung der PCP, „Avante!“, geringfügig gekürzt und bearbeitet:

Paulo Raimundo (Generalsekretär der PCP)
Hier steht die Portugiesische Kommunistische Partei (PCP), um die Errungenschaften der Revolution vom 25. April 1974 zu verteidigen und zu bewahren

Hier und heute, so wie immer, sprechen wir die Wahrheit aus und finden klare Worte, um das Umschreiben der Geschichte anzuprangern, wie es die Vertreter der herrschenden Gewalt und ihre ideologischen Lakaien versuchen. Sie wollen die verbrecherische Natur des faschistischen Regimes verbergen und betreiben Weißwäsche, wobei sie diejenigen hochstilisieren, die sich gegen die Revolution verschworen haben. Wir verstehen sehr gut das „Warum“ ihrer Bemühungen und das Versteifen auf Lügen bei ihrer ideologischen Offensive. Sie bekämpfen die demokratische und nationale Revolution, weil sie beim Volk beliebt ist und grundlegende Veränderungen in allen Bereichen der portugiesischen Gesellschaft gebracht hat. Dadurch hat sie sich mächtige Feinde geschaffen, die alles wieder zurückdrehen wollen. So wird auch versucht, die Rolle, die die PCP in ihrem Widerstand gegen die faschistische Diktatur gespielt hat, herunterzuspielen und den entscheidenden Beitrag, den die Partei bei der Schaffung der Voraussetzungen für die April-Revolution geleistet hat, kleinzureden.

Die Umwälzungen durch die Revolution waren enorm: So wurden die Schlüsselbereiche der portugiesischen Wirtschaft verstaatlicht und eine durchgreifende Agrarreform auf den Weg gebracht; die Rechte der Arbeiter wurden gestärkt und grundlegende Errungenschaften im Bereich des Gesundheitswesens, der Bildung, der sozialen Sicherheit und der Kultur erzielt. Diese revolutionären Veränderungen haben damals ein Umfeld geschaffen, in dem Hoffnung auf die Entwicklung einer sozialistischen Gesellschaft aufkam. Dies spiegelt sich auch in der portugiesischen Verfassung von 1976 wider, die zu den fortschrittlichsten ihrer Zeit zählte und eine Perspektive hin zum Sozialismus eröffnete.

Tatsache ist jedoch, dass seit der ersten verfassungsmäßigen Regierung und nachfolgend durch alle Regierungen von Partido Socialista (PS) oder Partido Social Democrata (PSD) (mit oder ohne Centro Democrático e Social (CDS)), wo auch jene zu finden waren, die jetzt bei Chega und Iniciativa Liberal (IL) den Ton angeben, diese rechten Kräfte darauf hingearbeitet haben, das Projekt, die Werte und Errungenschaften der Aprilrevolution zu hemmen und zum Scheitern zu bringen. Diese konterrevolutionäre Politik hat dazu geführt, dass Ungerechtigkeit und Ungleichheit zugenommen haben, dass das alltägliche Leben immer schlimmer geworden ist, dass Löhne und Renten immer weniger zum Leben reichen, während auf der anderen Seite die Gewinne der wichtigsten Wirtschaftsunternehmen in immer schwindelerregendere Höhen steigen. So ist die Unzufriedenheit heute groß. Das Leben der meisten Menschen ist durch Armut geprägt. Die ungeregelten Arbeitszeiten führen zu wachsenden Schwierigkeiten bei der Vereinbarkeit von Arbeit, Privatleben und Familie. Im Gesundheitswesen herrscht Mangel und Unmotiviertheit der Pflegekräfte vor, da sie bei beruflichen Aufstiegschancen und Verdienst keine entsprechende Anerkennung finden. Was Wohnraum angeht, so ist dieser rar und extrem teuer geworden, wobei sich die Banken mit den gestiegenen Hypothekenzinsen eine goldenen Nase verdienen.

Das hat mit den Zielen der Aprilrevolution nichts mehr zu tun. Diese bedeutete damals, den Interessen der Konzerne entgegenzutreten und eine gerechtere Verteilung des Reichtums des Landes zu garantieren. Hierzu müssten heutzutage die Löhne und Renten erhöht und der staatliche Mindestlohn auf 1.000 Euro im Monat festgesetzt werden. Weiterhin müssten die Rechte der Arbeiter, der Eltern und der Kinder gestärkt werden. Es muss Zeit zum Leben vorhanden sein. Das staatliche Gesundheitssystem müsste dringend reformiert werden, sodass die Arbeit der Ärzte und Pflegekräfte entsprechend honoriert wird, wozu eine ausschließliche Festanstellung notwendig ist. Die Mieten und Wohnungskredite müssten staatlich gebremst werden. Die Banken müssten die Kosten für die gestiegenen Zinssätze tragen. Es müsste in gebührendem Maße in öffentlichen Wohnraum investiert werden. Frieden und Verständigung unter den Völkern müsste herrschen.

All dies ist mit der neuen portugiesischen Regierung, die am 2. April 2024 ihr Amt angetreten hat, nicht zu erreichen. Das vorgelegte Regierungsprogramm bedeutet sozialen Rückschritt, weswegen wir im Parlament den Antrag auf Ablehnung stellen. Hier steht die PCP fest in ihren Reihen, um Widerstand zu leisten und den konterrevolutionären Prozess zu stoppen. Wir stehen für eine patriotische linke Alternative, für eine fortschrittliche Demokratie, für eine Zukunft Portugals, in der die Werte der Aprilrevolution hochgehalten werden. Wir kämpfen für den Sozialismus.

José Capucho (Mitglied des Exekutivausschusses des Zentralkomitees)
Vom langen Widerstandskampf bis zur Revolution

Der lange und heldenhafte Widerstandskampf des portugiesischen Volkes gegen den Faschismus ist eng mit der Geschichte der Portugiesischen Kommunistischen Partei (PCP) verbunden. Die Partei wurde 1921 gegründet, und schon auf ihrem 2. Kongress 1926 rief sie zum Widerstand gegen den Faschismus auf angesichts des reaktionären Militäraufstands vom 28. Mai 1926. Im Anschluss wurden die Freiheiten zunichte gemacht, der Ständestaat wurde zur offiziellen Doktrin erklärt, die Einheitspartei, die politische Polizei, die paramilitärische Organisation Legião Portuguesa, die faschistische Jugendorganisation Mocidade Portuguesa wurden geschaffen. Das faschistische System bekam seine innere Struktur.

Unter der Diktatur des Estado Novo wurden Andersdenkende verfolgt, gefoltert und ermordet. Bürgerliche Freiheiten und Rechte wurden mit den Füßen getreten. Tausende von Kommunisten und anderen Demokraten wurden inhaftiert, Elendslöhne festgesetzt, freie Gewerkschaften liquidiert; Streiks, Demonstrationen und politische Parteien verboten. Zensur wurde eingeführt und jeder, der nicht die neue Ordnung guthieß, galt als Feind des Vaterlandes.

Unter diesen harten Umständen entwickelte die PCP ihren Widerstandskampf, organisierte sich im Untergrund und gab ihre Parteizeitung „Avante!“ heraus. Sie führte Arbeiteraufstände an, mobilisierte die Bevölkerung, schuf Jugendorganisationen und vereinte oppositionelle Kräfte im Militär. Dadurch wurde sie zur Zielscheibe zahlreicher gewaltsamer Unterdrückungsmaßnahmen, die auch unter Marcelo Caetano kein Ende nahmen, obwohl einige Demokraten von „politischem Frühling“ redeten.

Anerkanntermaßen war die PCP die Partei der antifaschistischen Einheit. Niemand sonst kämpfte verbissener und mutiger für Freiheit und Demokratie. Sie versuchte, verschiedene Bereiche unter einem Dach zu vereinen. Unter ihrer Initiative wurden 1943/44 die antifaschistische Bewegung MUNAF (Movimento de Unidade Nacional Anti-fascista), 1945 die demokratische Bewegung MUD (Movimento de Unidade Democrático) zur Unterstützung des Generals Norton de Matos bei den Präsidentschaftswahlen, 1949 die nationale demokratische Bewegung MND (Movimento Nacional Democrático) geschaffen; Kongresse der demokratischen Opposition abgehalten; Demonstrationen gegen Armut und Kolonialkrieg durchgeführt; die demokratische Frauenbewegung MDM (Movimento Democrático de Mulheres), der Wahlausschuss CDE (Comissão Democrático Eleitoral) gegründet; studentische Kämpfe eingeleitet und die gewerkschaftliche Arbeitervertretung Intersindical aufgebaut. Dies alles auf einem langen und schweren Weg des Widerstands und der antifaschistischen Einheit.

Albano Nunes (Mitglied der Zentralen Kontrollkommission)
Antimonopolistische und antikolonialistische Revolution

Das erste Ziel der Aprilrevolution war das Erreichen der grundlegenden demokratischen Freiheiten – worüber sich verschiedene demokratische Sektoren einig waren. Das zweite Ziel war aber, die Macht der Monopole auszuschalten und eine tiefgreifende Veränderung der Gesellschaft zu erreichen, wozu eine tatkräftige Massenbewegung notwendig war. Zu letzterer Umwälzung der Verhältnisse waren gewisse liberale Strömungen und sich so nennende „Sozialisten“ nicht bereit.
Nach Analyse durch die PCP handelte es sich bei dem portugiesischen Faschismus um eine verbrecherische Diktatur der Monopole und Großgrundbesitzer im Einklang mit dem Imperialismus. Deswegen auch die Benennung der Aprilrevolution als antifaschistische, demokratische und nationale Revolution auf dem Weg hin zum Sozialismus. Bei einem extrem rückständigen Land, wo durch das Zwangseingreifen des Staates ein hoher Grad an monopolistischer Konzentration entstanden war, war es beim Sturz des Faschismus auch unbedingt notwendig, seine wichtigste wirtschaftliche Unterstützungsbasis zu zerstören. So eröffnete sich auch für Portugal direkt nach der Aprilrevolution durch Verstaatlichungen, Arbeiterkontrolle und Agrarreform eine sozialistische Perspektive mit nichtkapitalischen Produktionsverhältnissen.

Daneben musste in einem vom Imperialismus beherrschten Kolonialstaat eine Revolution auch einen antikolonialen und antiimperialistischen Charakter haben. Es war die PCP, die als einzige politische Kraft den Kolonialismus bekämpfte und auf der Seite der Befreiungsbewegungen stand. Der gemeinsame Feind konnte geschlagen werden, die Kolonien erlangten ihre Unabhängigkeit. Dieses irreversible Ziel hat die Aprilrevolution erreicht.

Leider hat der Schnitt einer Abtrennung vom Imperialismus zu einem frei bestimmten, souveränen und unabhängigen Land nicht stattgefunden.

Manuel Loff
Das Alleinstellungsmerkmal der Revolution

Die Aprilrevolution war kein Übergangsprozess und auch kein Vorläufer einer dritten Demokratisierungswelle wie in Griechenland, Spanien, Lateinamerika und den ehemaligen Ländern der UdSSR, sondern eine genuin eigene Revolution. Sie entstammt dem progressiven Impuls, der nach dem Zweiten Weltkrieg stattgefunden hat und hängt eng mit den kolonialen Befreiungskämpfen zusammen, die zu jener Zeit stattgefunden haben. Vorbilder waren die sozialistischen Revolutionen in Lateinamerika und vor allem in Kuba.

Es handelte sich bei der Aprilrevolution nicht um ein importiertes Modell, sondern es war rein portugiesisch. Im Gegensatz zu den Transitionsprozessen in Griechenland und Spanien kann sie auf eine massive Beteiligung des Volkes zählen und zeichnet sich durch ihren optimistischen Charakter aus. Das Volk schöpfte kollektive Hoffnung, sei es durch die Veränderung der Eigentumsverhältnisse oder durch die Bekämpfung der Ungleichheiten. Politische und kulturelle Veränderungen zum Besseren wurden erwartet. Letzteres fand auch seinen Niederschlag in der moralischen Revolution: Gleichberechtigung der Frau, sexuelle Freiheiten, Möglichkeit der Scheidung, freie Meinungsäußerung.

Zudem erhielt die Nelkenrevolution eine doppelte Legitimität: Einerseits stützte sie sich auf die Bewegung der Streitkräfte (MFA), die mit ihrer Erhebung das Ganze ausgelöst hatten, und die Massen des Volkes, die sich danach erhoben; andererseits fand eine Bestätigung durch Wahlen statt, sodass in einer Verfassungsgebenden Versammlung am 2. April 1976 durch Zusammenarbeit unterschiedlicher Parteien eine sehr fortschrittliche Verfassung verabschiedet werden konnte.

Fernanda Mateus (Mitglied der Politischen Kommission des Zentralkomitees)
Die Errungenschaften der Nelkenrevolution

Die Nelkenrevolution setzte der faschistischen Diktatur ein Ende. Sie schaffte die politische Polizei und andere finstere Strukturen des Regimes ab, beseitigte die Zensur; auf der anderen Seite gewährte sie Freiheiten und Demokratie: Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit, Zulassung politischer Parteien, allgemeine und direkte Wahlen, Koalitionsfreiheit, Streikrecht, Kollektivverträge, gewerkschaftliche Beteiligung im Sozialversicherungsrecht und bei der Ausarbeitung arbeitsrechtlicher Bestimmungen.

Neue Horizonte im Kampf zur Beseitigung gesellschaftlicher Rückstände des Landes taten sich auf: Fortschritte bei der Verbesserung der Lebensbedingungen für Arbeiter und Volk, Einführung des staatlichen Gesundheitswesens (SMS), merkliche Lohnerhöhungen und Anhebung der Renten- und Pensionszahlungen, sozialversicherungsrechtliche Absicherung, Anrecht auf 30 Tage Urlaub mit entsprechendem Urlaubsgeld, Reduzierung der Arbeitszeiten, Gewährung von Arbeitslosengeld, Mutterschutz und signifikante Erhöhung des Kindergeldes.

Weitere gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Veränderungen waren untrennbar mit dem Demokratisierungsprozess verbunden: Verstaatlichungen, Agrarreform, Arbeiterkontrolle, Befreiung von der Diktatur der Monopole. Entscheidende Fortschritte wurden bei den Bürgerrechten erzielt: Gleichberechtigung der Frau, Behindertenrechte; mehr Rechte für Rentner, Pensionäre und ältere Menschen. Hinzu kam Förderung von Bildung, Kultur und Sport sowie Anreize bei der Freizeitgestaltung.

Schließlich ist noch der entscheidende Beitrag zum Frieden zu erwähnen: Beendigung des Kolonialkrieges, Anerkennung des Selbstbestimmungsrechts der Völker und der Unabhängigkeit der ehemaligen Kolonien.

António Avelãs Nunes (Professor der juristischen Fakultät Coimbra)
Der konterrevolutionäre Putsch

Konterrevolutionäre Kräfte versuchten mit Bombenattentaten, Sabotageaktionen und anderen Anschlägen den weiteren Lauf der Revolution zu behindern, die gerade dabei war, sich zu konsolidieren. Dabei taten sich die rechtsextremen Terrororganisationen ELP (Exército de Libertação de Portugal) und MDLP (Movimento Democrático de Libertação de Portugal) besonders hervor. Aber auch Politiker wie António Spínola, Mário Soares oder die US-Amerikaner Gerald Ford, Henry Kissinger, Frank Carlucci schreckten nicht davor zurück, das Land zu verunsichern. Eine Kaste von Ewiggestrigen, die dem untergegangenen faschistischen Regime nachtrauerte, schürte mit ihren rechtsextremen Ideen Angst und Panik unter der Bevölkerung. Sie faselten von der kommunistischen Gefahr, die Portugal angeblich bedrohte.

Schon vor dem 25. April hatte zum Beispiel Mário Soares europäische Sozialdemokraten darum gebeten, dass sie der PS helfen sollen zu verhindern, dass die Kommunisten in Portugal die Macht übernehmen. Die nahmen aber ihren Freund nicht so richtig ernst. Sie waren sichtlich zufrieden mit der Fortführung des marcelistischen Systems. Die Portugiesen sollten ruhig weiter unter dem faschistischen Joch leiden. Später dann, im Mai 1974, besuchte Mário Soares verschiedene europäische Länder und bat um Unterstützung. Aber nicht für die junge, bedrohte portugiesische Demokratie, sondern für seine „sozialistische“ Partei, um gegen die Hegemonie der PCP anzukämpfen.

Auch die US-Amerikaner erkannten die angeblich drohende „kommunistische Gefahr“. Gerald Ford und Henry Kissinger wiesen den portugiesischen Präsidenten Costa Gomes darauf hin, dass sie die Beteiligung von PCP-Mitgliedern an der portugiesischen Regierung nicht gerne sahen. Im August 1974 schickten sie sogleich den stellvertretenden CIA-Direktor Frank Carlucci nach Portugal, damit der „für Ordnung sorge“. Vorsichtshalber machten sie diesen Frank Carlucci später zu ihrem Botschafter in Lissabon, damit er von dort die „kommunistische Gefahr“ bannen könne.

Rui Fernandes (Mitglied der Politischen Kommission des Zentralkomitees)
Die Konterrevolution aus globaler Sicht

Die Konterrevolution trat sogleich in Aktion. Kaum hatte die Aprilrevolution stattgefunden – sie steckte noch in den Kinderschuhen – da handelte auch schon die Konterrevolution, um ihren Fortgang zu blockieren.

Die Versuche, die Revolution zu stoppen, waren zahlreich und mannigfaltiger Natur. Zunächst stand im Vordergrund, die Macht in den Händen einer einzigen Person zu konzentrieren, um so die Ziele der herrschenden Klasse zu sichern. Das Gebilde des faschistischen Regimes sollte unangetastet bleiben und nur zögerlich einige wenige Schritte hin zu einer Demokratisierung der portugiesischen Gesellschaft zugestanden werden. Auf der anderen Seite sollte natürlich auch der Prozess der Entkolonialisierung aufgehalten werden, um nach den Vorstellungen von António Spínola ein alternatives neokoloniales Projekt auf den Weg zu bringen.

Beginnend mit dem Versuch eines Staatsstreichs von Palma Carlos im Juli 1974 sowie mit dem gescheiterten Militärputsch vom 11. März 1975 agierte die Konterrevolution zunächst aus den provisorischen staatlichen Organen heraus, um sich danach terroristischer Mittel zu bedienen. Die fortschrittlichsten und konsequentesten demokratischen Kräfte, sowohl zivile als auch militärische, wurden verleumdet. Mit dieser Doppelstrategie war die Konterrevolution erfolgreich, bis dann die Parteien PS, PSD und CDS ihre Arbeit übernahmen. Diese Parteien verkündeten lauthals den Sozialismus, um das Volk an der Nase herumzuführen. Insgeheim hatten sie genau das Gegenteil im Sinn, nämlich diejenigen Kräfte zu unterstützen, die Portugal in die Misere des rückständigsten Landes Europas gebracht hatten.

Die Bemühungen der herrschenden Klasse und ihrer politischen Vertreter, die Geschichte nach ihrem Gutdünken umzuschreiben, waren bis zum heutigen Tag immer dieselben: die Rolle und das kollektiv verändernde Handeln des Volkes und der progressiven Militäreinheiten herunterzuspielen. Hauptgegner war dabei immer die kommunistische PCP, deren unvergleichliche Rolle beim Widerstand gegen die faschistische Diktatur, bei der Schaffung der Voraussetzungen zur Nelkenrevolution sowie bei der Verteidigung ihrer Errungenschaften ausgeblendet werden sollte.

João Oliveira (Mitglied der Politischen Kommission des Zentralkomitees)
Stärkung der Souveränität und Zusammenarbeit

Durch die Revolution vom 25. April 1974 wurde die nationale Souveränität und Unabhängigkeit gestärkt. Der revolutionäre Prozess hat im Volk nationales und patriotisches Bewusstsein geschaffen und zum Widerstand gegen den Imperialismus und die Vorherrschaft das Monopolkapitals geführt. Durch die Ablehnung einer äußeren Einmischung und dem Willen, über sein eigenes Schicksal zu entscheiden, wurden diplomatische und handelsrechtliche Beziehungen ausgeweitet und die Zusammenarbeit mit anderen Völkern befördert.

Die Revolution war ein Akt der eigenständigen Willensentscheidung durch Portugiesen, von Portugiesen ohne jegliche äußere Mitarbeit, Unterstützung oder Hilfe. Sie war eine nationale und ureigene Lösung. Auch die Beendigung des Kolonialkrieges sowie die spätere Entkolonialisierung, die im Grunde genommen gegen den imperialistischen Druck vorgenommen wurde, zeugen von einer Politik der nationalen Unabhängigkeit.

Das Großkapital, Faschisten und Reaktionäre legten jedoch ihre Hände nicht in den Schoß. Mit Unterstützung des Imperialismus führten sie konterrevolutionäre Aktionen durch und versuchten, die sich im Aufblühen befindliche junge Demokratie wirtschaftlich abzuwürgen. Die imperialistischen Länder liefen Sturm gegen den revolutionären Prozess und die demokratischen Errungenschaften. Sie übten massiven Druck aus, wo es nur ging: diplomatisch, politisch, wirtschaftlich, finanziell und selbst militärisch, wie die Militäroperationen der NATO bezeugen.
Gegenwärtig ist es daher immer nötiger, eine Außenpolitik der Sicherheit und Verteidigung zu betreiben, die in erster Linie unabhängig und souverän durch nationale Interessen geleitet wird und eine Unterordnung unter ausländische Interessen ablehnt. Eine Politik, die sich auf Freundschaft, Frieden und Zusammenarbeit mit anderen Staaten und Völkern stützt.

Margarida Botelho (Mitglied des Sekretariats des Zentralkomitees)
Für eine fortschrittliche Demokratie

Die Werte der Nelkenrevolution sind für die Zukunft Portugals unverzichtbar. Diese Werte und Errungenschaften, die schon im Programm der Kommunistischen Partei PCP von 1965 (Programa da Revolução Democrática e Nacional) aufgezeichnet waren, haben in der heutigen portugiesischen Gesellschaft tiefe Wurzeln gefunden. Sie bedeuten Freiheit, nationale Unabhängigkeit und die Möglichkeit des Staates, zu Gunsten und zum Nutzen von Land und Volk zu handeln.

Diese Werte werden von den antagonistischen herrschenden Kräften in Frage gestellt, die all dem, was die Aprilrevolution möglich gemacht hat, den Garaus machen wollen. Sie setzen auf Individualismus, Militarismus und Hass.

Wohingegen die von der PCP vertretene fortschrittliche Demokratie auf den Werten der Nelkenrevolution beruht und den konkreten gesellschaftlichen Notwendigkeiten entspricht. Diese Demokratie kommt in vier Bereichen (politisch, wirtschaftlich, sozial und kulturell) und mit fünf Zielen zum Ausdruck. Sie umfasst einen Freiheitsbegriff, bei dem das Volk über sein Schicksal entscheiden kann, und einen Staat, der demokratisch, repräsentativ und partizipativ verfasst ist; eine wirtschaftliche Entwicklung, die auf einer gemischten Wirtschaft fußt und nicht von den Monopolen beherrscht wird; eine Sozialpolitik, die eine Verbesserung der Lebensbedingungen für Arbeiter und Volk bedeutet; eine Kulturpolitik, die freies Schaffen und ungehinderten Zugang garantiert; ein unabhängiges und souveränes Land, dessen Politik auf Frieden, Freundschaft und Zusammenarbeit basiert.

Eine solche fortschrittliche Demokratie ist Bestandteil auf dem Weg hin zum Sozialismus. Sie kommt aber nicht durch Fingerschnippen zustande, sondern es sind institutionelle, politische und regierungsgewollte Lösungen sowie massive Unterstützung durch die Bevölkerung notwendig. Für diesen Kampf muss eine breite gesellschaftliche Front gebildet werden. Es muss ein Bruch mit der Politik der Rechten stattfinden und eine linke Politik zum Nutzen des Landes betrieben werden.

Francisco Lopes (Mitglied der Exekutivorgane des Zentralkomitees)
Portugal heute, und die Kämpfe der Gegenwart

Bei der Nelkenrevolution handelt es sich um einen unvollendeten Prozess. Einerseits ist er durch die Errungenschaften des Aprils geprägt, andererseits durch den konterrevolutionären Prozess, der die Revolution bekämpfte und wichtige Fortschritte zunichte machte. Dabei handelte es sich nicht um eine Einbahnstraße. Revolutionärer und konterrevolutionärer Prozess liefen mit all ihren Widersprüchlichkeiten und gegensätzlichen Zielen nebeneinander her.

Nach praktisch 48 Jahren des Rückschritts, der gegen die nationalen Interessen gerichteten Politik der Rechten wurde in großem Maßstab die ehemalige Herrschaft der Monopole wiederhergestellt. Dies alles geschah gegen die Bedürfnisse des portugiesischen Volkes und gegen die Verfassung der portugiesischen Republik.

Portugal lebt heute, gezeichnet von den tiefen Spuren, die die Konterrevolution hinterlassen hat, mit den offenen Wunden der Ausbeutung, der Ungerechtigkeiten, der Ungleichheit, der wirtschaftlichen Schwäche einer amputierten Demokratie. Das Land ist abhängig und dem Zusammenwirken der aktuellen politischen und institutionellen Kräfte unterworfen. Es gibt Leute wie den Präsidenten der Republik, die meinen, dass ein neuer Zyklus begonnen habe, ganz nach dem Motto der großen „Familie“, die das „Ende der Geschichte“ propagiert.

Andererseits handelt es sich aber auch um ein Land, das noch wichtige Errungenschaften und Fortschritte, die in der Verfassung festgeschrieben sind, aufweisen kann. Diese übriggebliebenen Werte des Aprils können als inspirierende Kraft für Veränderungen gesehen werden.

Über kurz oder lang wird es bei der Konfrontation der beiden gegensätzlichen Prozesse zu einer Entscheidung kommen. Deshalb ist es notwendig, alle Kräfte zu mobilisieren, die Arbeiter und Volksmassen zu organisieren und auf die Zusammenarbeit der Demokraten und der das Land liebenden Menschen zu setzen. Es gilt, die PCP zu stärken, eine Partei, die notwendig, unverzichtbar und unersetzlich ist.

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