Tausende empfinden Ausgrenzung von Russen und Belorussen als Schande

An der Seite der Befreier

Hans Bauer

Die feindselige Politik Deutschlands gegen Russland erreicht in diesen Wochen einen neuen traurigen Höhepunkt. Anlass ist der 80. Jahrestag der Befreiung und des Sieges über den Hitler-Faschismus. Für Millionen Menschen, nicht nur im Osten, werden die­se Tage in Dankbarkeit und Freude begangen. Es war die Rote Armee, waren die Völker der Sowjetunion, die entscheidenden Anteil daran hatten, dass dem grausamen faschistischen Regime mit über 70 Millionen Toten ein Ende bereitet wurde.

Der Dichter und Politiker Johannes R. Becher hierzu in einem Gedicht, schon in frühen DDR-Jahren:

„Wer hat vollbracht all die Taten,
Die uns befreit von der Fron?
Es waren die Sowjetsoldaten,
Die Helden der Sowjetunion.“

(aus: „Sterne unendliches Glühen“)

In der alten Bundesrepublik brauchte es bis in die 1980er Jahre, um diese historische Tat anzuerkennen – gegen den Widerstand der ewigen Feinde, der „Russen“. Sie konnten die „Schande“ der Niederlage nicht verkraften. Heute gehören diese und ihre Erben zu den politischen Eliten Deutschlands in Regierung und Opposition. Sie arbeiten an einer Revanche. Also wird auch der 80. Jahrestag in ihrem Sinne missbraucht. Die Geschichte wird umgeschrieben, die Bevölkerung zur Goebbelschen „Kriegstüchtigkeit“ eingeschworen, Russland als Nachfolger der Sowjetunion als Feindstaat betrachtet.

Gedenken und Ehrungen sollen unter strenger Kontrolle der Staatsmacht erfolgen. Repressive Anordnungen sind erlassen. Nichts soll an die Befreier erinnern, insbesondere nichts an die Russen und Belorussen: Keine Fahnen, keine Musik, keine Symbole. Schlimmer, die Befreier und ihre Nachkommen dürfen nicht an Gedenkfeiern teilnehmen. Das Auswärtige Amt, einst Nazihochburg und offenbar immer noch vom faschistischen Geist beseelt, erteilte entsprechende „Empfehlungen“. Staatsdiener in Bundesländern, Kommunen, Museen und Gedenkstätten folgen dem gehorsam. Nur wenige widersetzen sich diesem Diktat.

Viele Tausende betrachten diese Geschichtsfälschung und Geschichtsvergessenheit als Schande. Sie erfüllt uns mit Scham, wie Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, am Elbe-Tag in Torgau sagte.

Gemeinsam mit unseren russischen Freunden begehen wir dieses 80. Jubiläum. Wir lassen uns nicht beugen – nicht in Thüringen, Hessen, Sachsen, nicht in Berlin oder anderswo.

Unser Dank gebührt in diesen Tagen besonders dem russischen Botschafter Sergei Netschajew für sein souveränes, besonnenes und konsequentes Auftreten beim Gedenken an die gefallenen Helden. Wir erklären uns mit ihm und seinen Mitarbeitern solidarisch.

Unser Autor ist Vorsitzender der Gesellschaft für Rechtliche und Humanitäre Unterstützung (GRH)

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