Es gibt nur einen Feiertag in Frankreich, der zwingend arbeitsfrei und bezahlt ist: der 1. Mai. Diesem international begangenen Kampftag der Arbeiterklasse hat die französische Regierung nun den Kampf erklärt. Am Donnerstag vergangener Woche votierte der Senat für einen Gesetzentwurf, der Ausnahmen für „lokale Lebensmittelgeschäfte“, Floristen, Gärtnereien und Kulturbetriebe vorsieht. Dort Beschäftigte sollen fortan „freiwillig“ am 1. Mai arbeiten dürfen.
Die Gewerkschaften sehen darin einen Generalangriff auf ihren Feiertag. Unter dem Deckmantel einer Liste gezielt ausgewählter Betriebe wolle die Regierung eine Bresche schlagen und die „wertvolle Einzigartigkeit“ des 1. Mai in Frage stellen, stellt der Gewerkschaftsverband CGT in einer Pressemitteilung fest. Von „Freiwilligkeit“ könne in Beschäftigungsverhältnissen keine Rede sein. „Freiwilligkeit existiert nicht für Angestellte“, sekundierte die Senatorin Cathy Apourceau-Poly, Mitglied der Französischen Kommunistischen Partei (PCF), in der Tageszeitung „L’Humanité“. Die Senatorin aus Pas-de-Calais wirft der Regierung vor, „das Prinzip des arbeitsfreien 1. Mai nach und nach auszuhebeln, um morgen seine völlige Infragestellung zu rechtfertigen“. 1,5 Millionen Beschäftigte seien unmittelbar von der Ausnahmeregelung betroffen, schätzt die Kommunistin.
Der Charakter dieses Angriffs auf die Rechte der Beschäftigten zeigt sich auch in der Art und Weise, mit der die Regierung vorgeht. Sie hat sich für ein Eilverfahren entschieden. Der Senat lehnte einen Änderungsantrag von PCF und Les Écologistes ab, vor der Verabschiedung des Gesetzes die Gewerkschaften zu konsultieren. Nach der Abstimmung im Senat – 228 Senatoren stimmten dafür, 112 dagegen – geht der Gesetzentwurf direkt in die Nationalversammlung. Dort wird im September abgestimmt: Hopp oder Top, Änderungen sind nicht mehr möglich.
Die Gewerkschaftsverbände Frankreichs kündigten Widerstand an. „Durch unsere Aufrufe zum Handeln und unsere Mobilisierung können wir diesen inakzeptablen gesellschaftlichen Rückschritt noch verhindern“, hofft die Intersyndicale, der informelle Zusammenschluss der Verbände.