Deutsche Rüstungskonzerne verzeichnen enorme Umsatzsteigerung

Auf dem Weg in die 1. Liga

Der Umsatz der hundert größten Rüstungskonzerne ist im vergangenen Jahr um 5,9 Prozent gestiegen und hat einen Rekordwert von 679 Milliarden US-Dollar erreicht. Das ist eines der Resultate des jüngsten Berichts zu den Top-Waffenschmieden weltweit, den das Stockholmer Forschungsinstitut SIPRI am Montag dieser Woche publiziert hat. Dabei ergibt sich das mengenmäßig stärkste Wachstum aus dem Boom der Rüstungskonzerne in Europa und den USA, wo rund zwei Drittel der 100 weltgrößten Branchenfirmen angesiedelt sind. Prozentual lagen die Top-100-Konzerne aus Japan und Südkorea vorn, die ihre Umsätze um 40 Prozent respektive 31 Prozent steigerten. Beide Länder rüsten gegen China auf. Die acht chinesischen Top-100-Konzerne zusammengenommen verzeichneten hingegen einen Umsatzeinbruch um rund 10 Prozent. SIPRI führt das darauf zurück, dass wegen strikter Maßnahmen zur Korruptionsbekämpfung teils größere Verzögerungen im Ablauf der Rüstungsprogramme auftraten.

Mit Abstand die Nummer 1 sind nach wie vor die Rüstungskonzerne aus den USA, die 39 der Top-100-Konzerne stellen. Diese erwirtschafteten im Jahr 2024 mit einem Umsatz von 334 Milliarden US-Dollar fast die Hälfte des Gesamtumsatzes der hundert größten Waffenschmieden weltweit. Außerdem stellten die USA fünf der sechs größten Rüstungskonzerne überhaupt. Das Wachstum der 39 aufgeführten US-Rüstungsunternehmen fiel allerdings mit 3,8 Prozent deutlich geringer aus als der globale Durchschnitt. SIPRI weist ausdrücklich darauf hin, dass die US-Branche derzeit unter ungeplant steigenden Kosten und zeitlicher Verzögerung wichtiger Projekte leidet. Dies sei zwar in vielen Ländern der Fall, schreibt das Forschungsinstitut; doch seien Rüstungsprojekte in den USA davon überdurchschnittlich stark betroffen. Die Trump-Regierung werde deshalb deutlich mehr Geld in die Rüstung stecken müssen als geplant.

Überdurchschnittlich wuchsen vor allem aber die Rüstungskonzerne Europas, das 26 der Top-100-Waffenschmieden weltweit stellt. Ihr Umsatz belief sich auf 151 Milliarden US-Dollar – 13 Prozent mehr als im Vorjahr.

Den SIPRI-Statistiken lässt sich entnehmen, wie der Ukraine-Krieg zum rasanten Wachstum der Rüstungsbranche in der EU führt und wer von dem Krieg profitiert. Herausragendes Beispiel ist die Firma Czechoslovak Group (früher: Excalibur Group) mit Hauptsitz in Prag, der es gelungen ist, ihren Umsatz um 192,7 Prozent auf 3,63 Milliarden US-Dollar nahezu zu verdreifachen. Den größten Teil ihres Umsatzes erzielte sie in der Ukraine; dabei profitiert sie in besonderem Maß von der Initiative der tschechischen Regierung zur Beschaffung von Munition für die ukrainische Armee.

Besonders hohe Wachstumsraten konnten die vier deutschen Waffenschmieden unter den Top-100-Konzernen erzielen, deren Gesamtumsatz um rund 36 Prozent auf 14,9 Milliarden US-Dollar stieg. Auch sie verdanken dies dem Ukraine-Krieg. Rheinmetall etwa konnte 2024 einen Gesamtumsatz von 8,2 Milliarden US-Dollar erzielen. Dabei geht ein Umsatz von 1,4 Milliarden US-Dollar laut SIPRI allein auf Verkäufe in die Ukraine zurück. Rheinmetall will seinen Umsatz bis ins Jahr 2030 auf rund 50 Milliarden Euro steigern. Nach heutigem Stand wäre die Düsseldorfer Waffenschmiede damit die zweitgrößte der Welt nach Lockheed Martin. Auf Rheinmetall trifft in besonderem Maße zu, was SIPRI bei rund zwei Dritteln der europäischen Rüstungskonzerne feststellt: Das Unternehmen wächst nicht nur durch eine Ausweitung bestehender Anlagen, sondern auch durch die Übernahme anderer Rüstungsunternehmen. Rheinmetall expandiert sogar in neue Sparten – Kriegsschiffbau und Satelliten. Das Wachstumspotenzial gilt als enorm.

Dabei hat Rheinmetall 2024 mit 46,6 Prozent nur das zweitgrößte Wachstum in der deutschen Rüstungsbranche erzielt. Das stärkste erreichte Diehl; das Unternehmen, das vor allem für die Herstellung des Flugabwehrsystems Iris-T bekannt ist, steigerte seinen Umsatz gar um 52,9 Prozent auf 2,1 Milliarden Euro. Ein Umsatzplus von gut 17,9 Prozent erzielte Hensoldt. Ein Plus von immerhin noch 12,3 Prozent erzielte ThyssenKrupp Marine Systems (TKMS); der Konzern ist für seine Fregatten und für seine U-Boote bekannt.

Das Stockholmer Forschungsinstitut hält fest, dass die größten Rüstungskonzerne aus Frankreich und Italien zwar noch höhere Umsätze erzielten als diejenigen aus Deutschland. Letztere aber wuchsen viel schneller. Die deutsche Branche hat damit das Potenzial, in absehbarer Zeit tatsächlich zur Nummer 1 in der EU aufzusteigen.

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"Auf dem Weg in die 1. Liga", UZ vom 5. Dezember 2025



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