Im Jahr 1870 konstatierte Karl Marx in einem Brief, dass die englische Arbeiterklasse in zwei feindliche Lager gespalten sei: die englischen Proletarier und die irischen Proletarier. „Der gewöhnliche englische Arbeiter hasst den irischen Arbeiter als einen Konkurrenten, welcher den standard of life (Lebensstandard) herabdrückt.“ Der irische Arbeiter andererseits sähe „in dem englischen Arbeiter den Mitschuldigen und das stupide Werkzeug der englischen Herrschaft in Irland. Dieser Antagonismus“ – so schreibt Marx – „wird künstlich wachgehalten und gesteigert durch die Presse, die Kanzel, die Witzblätter, kurz, alle den herrschenden Klassen zu Gebot stehenden Mittel. Dieser Antagonismus ist das Geheimnis der Ohnmacht der englischen Arbeiterklasse, trotz ihrer Organisation. Er ist das Geheimnis der Machterhaltung der Kapitalistenklasse. Letztre ist sich dessen völlig bewusst.“
Wie Kapital und Regierung diesbezüglich ihre Mittel zur Aufrechterhaltung ihrer Macht verfeinert haben, war Thema des Referates von Ursula Vogt auf der 2. Tagung des Parteivorstands am 13./14. September 2025 in Leverkusen, das wir im Folgenden in Auszügen veröffentlichen. Ein weiteres Thema des Referats waren die kommunistische Agitation und Propaganda (AgitProp), die in einem gesonderten Artikel behandelt werden. Die Mitglieder der DKP können sich das gesamte Referat sowie die Beschlüsse der 2. PV-Tagung im Mitgliederbereich von dkp.de herunterladen.
Im Jahr 1912 streikten etwa 25.000 meist migrantische Arbeiter in Lawrence, USA, gegen die American Wool Company. Kapital und Regierung reagierten mit großer Gewalt. Um ihre Kinder zu schützen, organisierten die Streikenden, dass sie bei Freunden und Sympathisanten außerhalb von Lawrence untergebracht wurden. Bei einem dieser Transporte wurden Kinder, Mütter und Betreuer, die sich am Bahnhof versammelt hatten, niedergeknüppelt. Eine Schwangere wurde bewusstlos geschlagen und ihr ungeborenes Kind starb. Die Zeitungen berichteten über diese brutalen Aktionen; das ganze Land war entsetzt. Die Bosse bekamen solchen Gegenwind, dass die Arbeiter schließlich den Sieg davontrugen und ihre Forderungen erfüllt wurden.

Anders lief es im Jahr 1919. In den USA kam es zu einem großen Streik der Stahlarbeiter zur Verbesserung ihrer Arbeitsbedingungen. Die Stahlarbeiter schufteten zwölf Stunden und mehr am Tag, ohne freie Tage, unter notorisch schlechten Arbeitsbedingungen. Anfangs hatten die Streikenden breite Unterstützung in der Öffentlichkeit. Fünf Tage nach Beginn des Streiks startete die Steel Corporation eine ganzseitige Anzeigenkampagne, in der sie die Streikenden zur Rückkehr an die Arbeitsplätze aufforderte. Den Streikführern wurde unterstellt, sie würden versuchen, „die rote Herrschaft der Anarchie und des Bolschewismus zu errichten“. Der Streik sei „unamerikanisch“. Die öffentliche Meinung kippte gegen die Streikenden, aus Furcht vor dem Bolschewismus. Als der Streik 1920 endete, hatten die Arbeiter kein einziges Zugeständnis errungen.
Die Konzernbosse verzichteten zunehmend auf die „Taktik der harten Hand“ – führte das doch oft zur Solidarisierung der Belegschaft anderer Fabriken und Sympathien für die Anliegen der Arbeiterinnen und Arbeiter in der Bevölkerung.
Dumm wie Hühner und blutdurstig wie Wölfe
Diese historischen Beispiele zeigen: Der Kern aller manipulatorischen Bemühungen ist das Interesse des Kapitals an der Aufrechterhaltung seiner Macht und somit der Niederhaltung der Arbeiterklasse. Der Staat hat in diesem Sinne dafür zu sorgen, dass „die Öffentlichkeit (…) in ihre Schranken verwiesen“ wird, damit die „verantwortlichen Männer“ „ungestört vom Getrampel und Gebrüll der aufgebrachten Herde ihren Geschäften nachgehen können“ – so Walter Lippmann, eines der Glanzlichter der bürgerlichen Propaganda.
In der DDR wurden die Manipulationsbestrebungen in Westdeutschland verfolgt. So lesen wir in dem Büchlein „Klassenbewusstsein gegen Manipulation“ von Wolfram Neubert und Klaus Ziermann, dass die imperialistische Bourgeoisie gezwungen ist, „ein qualitativ neues, umfassendes System der ideologischen Unterdrückung und des geistigen Terrors zu schaffen. (…) Sie ist mehr denn je bestrebt, das Klassenbewusstsein der Arbeiter zu verdunkeln, bewusstseinsmäßig den Widerspruch zwischen Bourgeoisie und Proletariat, Imperialismus und Volksmassen, Kapitalismus und Sozialismus zu übertünchen und die Werktätigen von Verhaltensnormen zu ‚überzeugen‘, die sie vom revolutionären Tun abhalten, zu Passivität veranlassen und in das bestehende System in Westdeutschland (…) integrieren“ sollen. Dazu identifizieren sie ideologische Leitlinien: 1. Antikommunismus; 2. Revanchepropaganda im Gewand eines verfeinerten Nationalismus, eng verbunden mit der Europaidee; 3. Friedensdemagogie mit gleichzeitiger Kriegsverherrlichung; 4. im zwischenmenschlichen Leben: Verbreitung von Geschmack- und Niveaulosigkeit, die die Gefühle der Menschen verrohen, sie zu Menschenverachtung und Skrupellosigkeit erziehen; 5. Ersetzung der Wichtigkeiten des menschlichen Lebens durch Nichtigkeiten.
Das gewünschte Ergebnis bezeichnete der Journalist Erich Kuby in einem Artikel zur Funktion der „Bildzeitung“ sehr treffend: die Leser sollen „dumm wie Hühner und blutdurstig wie Wölfe“ gemacht werden.
Von Graswurzeln und Baumkronen
Graswurzelpropaganda ist die Form der Propaganda, deren Ziel es ist, eine möglichst große Anzahl von Menschen zu erreichen, um die öffentliche Meinung im Sinn der Kapitalinteressen zu beeinflussen. Ein Beispiel: Nach dem Vietnamkrieg und dem Watergate-Skandal steigerte sich in den USA die Kritik an der Regierung. Das Advertising Council, eine vorgeblich unabhängige Non-Profit-Organisation, organisierte 1975 ein Programm zur „Wirtschaftserziehung“, das der amerikanischen Bevölkerung klar machen sollte, dass ihre Interessen mit denen der Unternehmen übereinstimmen. Bis 1978 gaben amerikanische Unternehmen jährlich eine Milliarde US-Dollar für Werbemaßnahmen aus, die über eine Flut von Anzeigen, Artikeln, Plakaten usw. praktisch jeden erreichten. Hier machen es also die Mittel, die Masse und der Dauerbeschuss.
„Die Zerstörung der Vernunft, des gesellschaftlichen Verantwortungsbewusstseins und des menschlichen Empfindens ging solchen Feldzügen immer voraus.“
Aus dem Referat von Konrad Wolf, Präsident der Akademie der Künste der DDR, auf der Plenartagung der Akademie vom 7. Mai 1979.
Damit die gewünschten Inhalte dem Volk präsentiert werden und das gewünschte Verhalten erzeugt wird, braucht es Eliten: die Baumkronen.
Im Jahr 1924 empfahl Robert Lansing, der Außenminister von Präsident Woodrow Wilson, die Universitäten für junge mexikanische Intellektuelle zu öffnen: „Tränken wir sie in amerikanischen Werten, und sie werden Mexiko für uns regieren: besser, billiger und ohne einen einzigen Marineinfanteristen.“
Baumkronen-Propaganda richtet sich nicht an das einfache Volk, sondern dient der gezielten Beeinflussung einflussreicher Personen: Politiker, Zeitungsredakteure, Journalisten, Wirtschaftskommentatoren und dergleichen. Ihr unmittelbarer Zweck ist es, die Rahmenbedingungen für Debatten festzulegen (Framing), die Themen festzulegen, die die öffentlichen Debatten bestimmen (und die, die nicht benannt werden). Wie funktioniert diese ideologische Gleichschaltung?
Politiker, Journalisten, Talkshow-Experten sind meistens und weitestgehend zutiefst überzeugt von dem, was sie tun. Zwar lügen sie auch gezielt, aber auch das in der Überzeugung, dass sie als die Elite im Recht sind und wissen, was für das Volk gut ist. Sie wurden herangezogen in Institutionen, Netzwerken, Seminaren, Konferenzen, durch Universitätsprogramme, philanthropische Stiftungen, Denkfabriken. Ziel ist die ideologische Assimilation von Eliten außerhalb der USA. Herangezogen werden Herrenmenschen, Karrieristen oder auch nur „nützliche Idioten“ (Lenin).
So erklärt sich das Auftreten einer Annalena Baerbock und ihrer Aussage, dass es ihr egal ist, was ihre Wähler denken. So erklärt sich die Schleimspur, die Ursula von der Leyen hinter Trumps Caddy über den schottischen Golfplatz zieht, nur noch getoppt von NATO-Chef Ruttes Anwanzen an „Daddy“ Trump. So erklärt sich die Durchsetzung der Abermilliarden Sonderschulden durch BlackRock-Merz und einem willfährigen Abgeordnetenhaus, das mit einem Fingerschnippen die heilige Kuh der Begrenzung der Staatsverschuldung geschlachtet hat.
Die Atlantik-Brücke als Transmissionsriemen
Hier einige dieser Eliteintegrationsmaschinen: Die Bilderbergkonferenzen, Ford- und Rockefeller-Stiftungen, die Heritage Foundation, der German Marshall Fund, die Münchner Sicherheitskonferenz, die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige Politik mit ihrem Vorbild, dem amerikanischen Council of Foreign Affairs, die Stiftung Wissenschaft und Politik. In den Biografien vieler Mitglieder von Friedrich Merz‘ Kabinett finden sich Stipendien des US-Außenministeriums, Botschaftspraktika, Verbindungen zur Atlantik-Brücke.
Die Atlantik-Brücke kann als der wichtigste Transmissionsriemen gesehen werden. Um nur einige Mitglieder zu nennen: Friedrich Merz, zehn Jahre lang Vorsitzender, gab 2019 den Vorsitz ab an Sigmar Gabriel. Norbert Röttgen, Reiner Hoffmann (ehemals DGB-Vorsitzender), Angela Merkel, Christian Lindner. Von den Grünen: Cem Özdemir, Claudia Roth, Omid Nouripour.
Mittels der Atlantik-Brücke werden auch Medien auf Kurs gebracht. Josef Joffe („Die Zeit“), Kai Diekmann („Bild“) und Stefan Kornelius („Süddeutsche Zeitung“) sind langjährige Teilnehmer an jährlichen Treffen mit dem jeweils Obersten Alliierten Befehlshaber der NATO. So wird sichergestellt, dass der Mainstream-Diskurs getreu den Vorgaben des „Wertewestens“ abläuft.
Jugendliche Abkömmlinge der gesellschaftlichen und politischen Eliten werden ab dem Alter von 16 Jahren bei den „Young Global Leaders“ ideologisch auf die Spur gesetzt. Auch die jetzige DGB-Vorsitzende Yasmin Fahimi war dabei.

Russenhass ist den europäischen Eliten eingraviert: „Die NATO ist das mächtigste Verteidigungsbündnis der Weltgeschichte – mächtiger als das Römische Reich, mächtiger als Napoleons Reich (…) Wir müssen die russische Dominanz verhindern, weil wir unseren way of life schätzen“ – so NATO-Generalsekretär Mark Rutte auf dem NATO-Gipfel 2025. Damit hatte er im Machtrausch – wohl ungewollt – einen Offenbarungseid darüber abgelegt, wie die NATO „Verteidigung“ versteht.
Man kann die USA als das Mutterland der Propaganda betrachten. Im Moment müssen wir beobachten, wie sich, ausgehend von den USA, die Werkzeuge der Manipulation zu neuer Qualität entwickeln, nämlich mit der Macht der Internetkonzerne – Apple, Microsoft, Meta, Palantir –, die mit den Geheimdiensten eng verbandelt sind. Hierzulande übt man kräftig. Der Hufeisenplan im Jugoslawienkrieg; die Installation von Nudging-Experten-Trupps beim Innenministerium; die Corona-Krise als Testfeld dafür, was sich das Volk alles gefallen lässt – und das bisherige Meisterstück: die Erziehung zur Kriegstüchtigkeit. Man ist gezwungen aufzuholen auf dem Hintergrund der entscheidenden Konstante deutscher Außenpolitik: Großmachtstreben.
Die Konstante: Großraum- und Großmachtstreben
Das zunehmend aggressive Auftreten des deutschen Imperialismus und sein Führungsanspruch für Europa manifestiert sich in dem Gerede von der „deutschen Verantwortung“, vollends in der Tradition der 1894 in den Alldeutschen Blättern dargelegten Auffassung von der „Weltstellung, die unserem Volke nach seiner Begabung und Kraft gebührt“. Sie ist der Kern der Hunnenrede von Kaiser Wilhelm II. und der Nazipropaganda vom Volk ohne Raum. Sie findet sich in der Wiederbewaffnung nach 1945. Sie erlebt ihren Aufwind nach der Annexion der DDR bis hin zur Münchner Sicherheitskonferenz von 2020. Bei ihr fühlte man sich stark genug, um offen zu erklären, was man nie vergessen und auf was man nie verzichtet hatte, dass nämlich eine deutsche Führungsrolle Voraussetzung sei für Europas Handlungsfähigkeit in allen Bereichen der Außen- und Sicherheitspolitik. Vollends traditionsbewusst Friedrich Merz 2025: „Wir sind bereit, Führungsverantwortung zu übernehmen. Zu lange waren wir eine schlafende Mittelmacht. Wir wollen und wir können eine führende Mittelmacht sein.“
Die anderen imperialistischen Räuber, allen voran die USA, wissen sehr wohl um diese Konstante der deutschen Politik, weshalb gilt: „Keep the Russians out, the Americans in and the Germans down“. Das permanente Lavieren der deutschen Politik zwischen Unterwerfung, Kooperation und Konkurrenz stellt sich nur auf der Erscheinungsebene so dar, als würde sich Deutschland selbst ins Knie schießen.
„Wünschenswerte Überzeugungen“ statt Wahrheit
Joe Biden wurde im Dezember 2003 befragt, ob er sich von der Bush-Regierung getäuscht fühle wegen deren Behauptung, der Irak habe Massenvernichtungswaffen. Nein, rechtfertigte Biden, die Gesamtlage sei das Entscheidende und die öffentliche Meinung habe „geschwankt“. Dann kam er – um zu erläutern, worum es geht – auf den Ersten Golfkrieg zu sprechen, der natürlich andere Kriegsursachen gehabt habe als kommuniziert, aber die Sache mit den toten Babys (hier bekannt als die „Brutkastenlüge“) sei das „Icing of the cake“, das Sahnehäubchen auf der Torte gewesen.
Es geht nicht um Wahrheit, sondern um „wünschenswerte Überzeugungen“, und statt handfester Tatsachen reichen „gerechtfertigte Behauptungen“. Diesem consent-engineering, der Konsenserzeugung, dienen die kapitalistischen Denkfabriken. Die Orchestrierung erfolgt durch das Triggern von Gefühlen. Bilder, Emotionen, ewige Wiederholungen – und ganz entscheidend: Präsentation des Feindbildes, des ewig Bösen, des Russen, des Islamismus, der gelben Gefahr. So soll die geschlossene Heimatfront hergestellt werden für Aufrüstung und Kriegsvorbereitung. Das ist – nebenbei bemerkt – auch das wirklich Gefährliche an der AfD: Sie betreibt mit primitivsten Feindbildkreationen das Geschäft der Herrschenden, bietet den Unmutigen, Unzufriedenen, Wütenden ein scheinbares Ventil an. So findet sich der Arbeiter mit dem Wirtschaftsweisen im Boot gegen die Migranten, die Bürgergeldempfänger, neuerdings auch die Rentner – und wen dieser Staat sonst noch zum Schmarotzer erklärt.
Was blockiert Klassenbewusstsein?
Wie kann es sein, dass in solchem Maße die Beherrschten die Meinung der Herrschenden übernehmen? Im Kern ist es der Umstand, dass im Kapitalismus Erscheinung und Wesen auseinanderfallen, so dass hinter der Lohndrückerei, der Wohnungsnot, den steigenden Preisen der Lebenshaltung und der Kriegstreiberei nicht automatisch die Herrschaftsverhältnisse erkennbar werden. Karl Marx gibt uns im Kapital den entscheidenden Hinweis: Ausbeutung ist nicht sichtbar. „Man begreift daher die entscheidende Wichtigkeit der Verwandlung von Wert und Preis der Arbeitskraft in die Form des Arbeitslohns oder in Wert und Preis der Arbeit selbst. Auf dieser Erscheinungsform, die das wirkliche Verhältnis unsichtbar macht und grade sein Gegenteil zeigt, beruhn alle Rechtsvorstellungen des Arbeiters wie des Kapitalisten, alle Mystifikationen der kapitalistischen Produktionsweise, alle ihre Freiheitsillusionen, alle apologetischen Flausen der Vulgärökonomie.“
Die Spaltung der Arbeiterklasse
Friedrich Engels: „Alles, was die Menschen in Bewegung setzt, muss durch ihren Kopf hindurch; aber welche Gestalt es in diesem Kopf annimmt, hängt sehr von den Umständen ab.“ Die objektive Basis für die Spaltung ist angelegt in einem System, in dem Konkurrenz das Lebenselixier ist. Die Spaltung erfolgt national und international. Das bedeutet im jeweiligen Land, also national, Spaltung innerhalb der Klasse: Stammbelegschaft gegen Leiharbeiter und Werksvertragler; Junge gegen Alte; in Lohn Stehende gegen Arbeitslose; Deutsche gegen Ausländer; Frauen gegen Männer; fleißige Steuerzahler gegen „Schmarotzer“. Spaltung beinhaltet auch, dass die Arbeiterklasse von ihren Bündnispartnern getrennt wird, dass objektive Bündnispartner wie Intelligenz, Mittelstand usw. vom Proletariat ferngehalten werden.
„Eine Katastrophe unvorstellbaren Ausmaßes ist über Deutschland hereingebrochen, und aus den Ruinen schaut das Gespenst der Obdachlosigkeit, der Seuchen, der Arbeitslosigkeit, des Hungers.
Und wer trägt daran die Schuld? Die Schuld und Verantwortung tragen die gewissenlosen Abenteurer und Verbrecher, die die Schuld am Kriege tragen. Es sind die Hitler und Göring, Himmler und Goebbels, die aktiven Anhänger und Helfer der Nazipartei. Es sind die Träger des reaktionären Militarismus, die Keitel, Jodl und Konsorten. Es sind die imperialistischen Auftraggeber der Nazipartei, die Herren der Großbanken und Konzerne, die Krupp und Röchling, Poensgen und Siemens.“
Aus dem Aufruf der KPD vom 11. Juni 1945
Spaltung erfolgt ebenso im internationalen Rahmen: Nicht der Arbeiter, der Bauer, der Flüchtling aus anderen Ländern soll mein Verbündeter sein, sondern mein eigener Herr. Das ist der Kern der Regierungspolitik. Die AfD ist der willkommene Taktgeber. Die Spaltung erfolgt mittels Feindbildern: Der Russe mit seiner immer schon finsteren Seele, der laut Wadephul „immer ein Feind für uns bleiben“ wird; die gelbe Gefahr; Spaghetti-, Knoblauch-, Hundefresser, Kümmeltürken, Schlitzaugen, Frauenvergewaltiger, Frauenverschleierer – alle „uns“ moralisch und kulturell selbstverständlich meilenweit unterlegen.
Sozialpartnerschaft
Ein Element der Spaltung, das sich zu Zeiten von Marx und Engels zu entwickeln begann und mit dem Siegeszug der Monopole von Lenin präziser erfasst werden konnte, ist die Rolle der Apologeten des Kapitals in den eigenen Reihen. Es ist die Sozialpartnerschaft, das Co-Management, die Illusion der Augenhöhe mit dem CEO, die Kooperation, mit der die Arbeiterklasse ans Kapital gefesselt ist. Es ist die Klassenversöhnung – als Ideologie der Sozialdemokratismus; als politischer und organisatorischer Faktor das sozialdemokratische Führungspersonal.
Aktuell besetzen nach wie vor Sozialdemokraten strategisch wichtige Positionen in den Betrieben und leisten wertvolle Dienste zur Einbindung der Arbeiterklasse ins System, wie beispielsweise mit dem Aufruf des DGB zum diesjährigen 1. September. Der DGB sieht Europa bedroht von internationaler Großmachtkonkurrenz und sorgt sich, dass die EU und die europäischen NATO-Staaten sich immer weniger auf das „Schutzbündnis mit den USA“ verlassen können. „Der DGB und seine Mitgliedsgewerkschaften sehen deshalb durchaus die Notwendigkeit, in Deutschland und Europa die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu stärken.“ Wegen ihres Einflusses auf die Arbeiterklasse ist die SPD auch als Regierungspartner noch interessant.
Der Balken im eigenen Auge
Wir sollten uns Wilhelm Piecks Analysen in seiner Rede beim VII. Weltkongress der Kommunistischen Internationale zu Herzen nehmen. Bei aller Kritik an der SPD sei dies „keine Entschuldigung für die Fehler auf kommunistischer Seite“. Piecks Orientierung basiert auf zwei als unabdingbar anerkannten Notwendigkeiten: zum einen der Frage nach den Fehlern der eigenen Partei – das heißt gründliche Selbstkritik – und zum anderen der Pflicht zur „Verbindung mit den Massen“, die Pieck ein „Gesetz des Bolschewismus“ nennt.
Der kommunistische Einfluss auf Kopf und Herzen der Arbeiterklasse ist marginal. Noch schlimmer: Die Bezeichnungen „links“ oder „Antifa“ sind häufig negativ besetzt. Die großstädtisch-kleinbürgerliche woke gendernde Rechthaberei stößt ab. Moralisierende Forderungen und Anklagen, möglichst spektakuläre Aktionen, die sich kein Otto Normalverbraucher leisten könnte, weder zeitlich noch finanziell, machen den (inhaltlich oft berechtigten!) Protest zu Machwerken abgehobener Spinner und lassen diese meist jungen Menschen isoliert bei Angriffen des Staatsapparats. Die Grünen gelten bei vielen als „links“. Ihr paternalistisches Gehabe (Veggie-Day, Heizungsgesetze) wird als Merkmal sozialistischer, diktatorischer Staatsführung bewertet.
Diskussionen zwischen und innerhalb kommunistischer Organisationen laufen häufig auf einer Ebene, die mit dem Leben der Klasse nichts zu tun haben. Theorie dient dann nicht der Erfassung von Zustand und Entwicklungsmöglichkeiten der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten und ist zu wenig ausgerichtet auf die Praxis, auf die Entwicklung einer Massenlinie. Es wäre sinnvoller, Sozialismus nicht als Teil eines Dilemmas, nicht als Kampffeld theoretischer Verbissenheit zu betrachten, sondern als Teil einer Hoffnung wachsen zu lassen. Fortschrittliche Kräfte müssen berücksichtigen, dass die Herrschenden von der Produktion von Gedanken zu der Produktion von Emotionen umgeschwenkt sind. Im Zentrum steht die Manipulation mittels Gefühlen.
Menschen aufklären und zum Handeln befähigen
Wir Kommunisten wollen die Menschen aufklären und sie zum Handeln befähigen und ermuntern. Wir wollen sie nicht dumm wie Hühner und schon gar nicht blutdurstig wie Wölfe. Kommunisten kämpfen für die Interessen der Arbeiterklasse und ihrer Verbündeten. Wir sind zutiefst Humanisten, denn wir wollen kluge, gebildete, planende, soziale Menschen, die im Bewusstsein der Gesellschaftlichkeit menschlicher Wesen handeln. „Vernunftgeleitete Selbstbestimmung“ nennt das der Philosoph Hans Heinz Holz. Die Herrschenden brauchen die Individuen vereinzelt, dumm und verroht. Das inhumane Wesen der bürgerlichen Manipulation besteht in ihrer menschenfeindlichen sozialen Zielstellung, ihrem menschenfeindlichen Inhalt und ihren menschenfeindlichen Methoden.
Heute sehen wir mit täglich neuem Entsetzen Kriegsvorbereitung auf allen Ebenen. Wir müssen uns zusammenschließen und gemeinsam gegen die Unterwerfung aller Lebensbereiche unter die Knute des Militarismus kämpfen. Imperialismus + Militarismus = Reaktion + Krieg. Militarismus ist der umfassende Angriff auf die politischen, ökonomischen und sozialen Rechte des Volkes. Dies in der Gesamtheit zu erkennen wird alle Bereiche des Widerstands zusammenführen: Gegen die Kriegsgefahr, gegen rechte und faschistische Machenschaften, gegen die Zerstörung der Umwelt, gegen Angriffe auf die Schwächsten der Gesellschaft: Kinder, Alte, Migranten, Bürgergeldempfänger.