Erich Schaffner und Georg Klemp zu Gast in Kassel

„Der Krieg ist nichts als die Geschäfte“

Lutz Getzschmann

Unter diesem programmatischen Titel haben DKP und SDAJ Kassel gemeinsam mit dem Forum Gewerkschaften zu einem Abend mit Liedern und Texten zum Zusammenhang zwischen Krieg, Faschismus und Imperialismus mit Erich Schaffner und Georg Klemp in das Veranstaltungszentrum Café Buch-Oase im Vorderen Westen geladen. Schaffner, seit Jahrzehnten als Sänger, Schauspieler und Rezitator aktiv und eine feste Größe im Spektrum der antifaschistischen und marxistischen Kulturschaffenden in der BRD, nahm die rund 50 Anwesenden mit auf einen bewegenden Rundgang durch die letzten 110 Jahre Großmachtambitionen der deutschen herrschenden Klasse – und deren Scheitern. Virtuos auf dem Klavier begleitet wurde er dabei von Georg Klemp.

Die Zeche zahlen und den Kopf hinhalten für die Kriegsanstrengungen des deutschen Imperialismus musste schon von jeher die lohnabhängige Bevölkerung sowohl Deutschlands als auch der überfallenen Länder. Auch dies wurde an dem ausgewählten Material deutlich. Ebenso die Tatsache, dass die hohlen Phrasen, mit denen Aufrüstung und Krieg begründet wurden und werden, nur mühsam das Kapitalinteresse an Extraprofiten und Absatzmärkten bemänteln – „die Geschäfte“ eben, von denen auch schon Brechts Mutter Courage sprach. Von Karl Kraus über Brecht, Tucholsky, Weinert spannte sich der Bogen der Lieder und Texte, die den deutschen Größenwahn, aber auch das Leiden der Menschen illustrierten, vom Ersten über den Zweiten Weltkrieg bis hin zu dem erneuten Versuch, die Bevölkerung kriegstüchtig zu machen.

Dabei bekam das Publikum teilweise Bekanntes zu hören, etwa Eislers „Ballade von den Säckeschmeißern“ oder Brechts und Weils „Und was bekam das Soldatenweib?“. Auch bisher eher wenig Gehörtes oder Halbvergessenes hatte Schaffner im Gepäck, etwa einen Auszug aus Brechts „Flüchtlingsgesprächen“. Und gelegentlich auch Sequenzen, die zum Schmunzeln anregten, wenn in kurzen, beiläufig eingestreuten Textschnipseln die List und Klarsicht der „kleinen Leute“ aufblitzte, die die Kriegspropaganda der Herrschenden durchschauen und, etwa in Witzen, bloßstellen. So endete der Abend auch, gedämpft hoffnungsvoll trotz aller düsteren Wolken, die heute wieder den nächsten Krieg unter deutscher Beteiligung ankündigen. Denn diejenigen, die für die Mächtigen kämpfen sollen, haben einen eigenen Kopf und sind in der Lage, zu begreifen, was gespielt wird, wenn ihnen das Wasser bis zum Hals steht.

Mit den Worten der Mutter Courage, mit denen Schaffner und Klemp den Abend beendeten: „Der Schnee schmilzt weg/Die Toten ruhn/Und was noch nicht gestorben ist/Das macht sich auf die Socken nun.“

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"„Der Krieg ist nichts als die Geschäfte“", UZ vom 17. Mai 2024



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