Warum haben die Bauern in Deutschland es vor 500 Jahren nicht mehr ausgehalten? Wogegen haben sie sich gewehrt? Was hatte die Bibel damit zu tun, die es erstmals in deutscher Sprache gab? Und was der Buchdruck? Und warum mögen wir Thomas Müntzer, auch wenn wir nicht an Gott und Kirche glauben?
Auch wenn ihr 500. Jahrestag die frühbürgerliche Revolution in Deutschland wieder ins Gedächtnis von Medien und Museen gerufen hat, fehlt es doch erstaunlicherweise an einem: Kinderbüchern, die den jungen Fragenden von heute vermitteln, was damals so los war.
Eine Ausnahme bildet der THK-Verlag, der pünktlich zum Jubiläumsjahr des Bauernkriegs ein Kinderbuch aus dem Jahr 1989 wieder aufgelegt hat. Thomas Kuschels „Die Geschichte vom Kreutter-Claus und Thomas Müntzer“ versucht, einen kleinen Einblick in die Geschehnisse zu geben, die zum Aufstand der Bauern führten.

Der zehnjährige Claus ist stolz, dass er mit seinem Vater den Tag verbringen darf. Gemeinsam mit den anderen Bauern fahren sie zur Grafenburg, es ist der Tag im Monat, an den sie den Zehnten zu leisten haben. Was für Claus wie ein schöner Tag beginnt, endet in einem Albtraum: Einer der Grafenknechte, die am Tor Wache stehen, drangsaliert – wie üblich – die Bauern. Und Claus kann vor Wut den Mund nicht halten, gibt Widerworte und entkommt nur knapp einer Strafe. Doch die Stimmung ist aufgeheizt und der Tag des Zehnten endet damit, dass ein Nachbar aus Claus’ Dorf ausgepeitscht wird. Die Bauern haben genug und planen einen nächtlichen Überfall auf die Burg.
Claus’ Vater wird angst und bang. So spontan können sie doch keinen Erfolg haben, spinnen sie doch seit Längerem vorsichtig das Band des Allstedter Bunds, um vorbereitet zu sein, wenn es soweit ist. Doch wie soll er seine wütenden Nachbarn aufhalten? Claus Vater hat eine Idee: Thomas Müntzer muss her und zu den Bauern sprechen. Und holen soll ihn Claus. Und so läuft der Junge nach Allstedt, um den Prediger zu holen, von dem alle reden.
Kuschels Geschichte spielt ungefähr eineinhalb bis zwei Jahre vor der großen Schlacht bei Frankenhausen, bei der die Bauern um Thomas Müntzer geschlagen wurden. Und doch gelingt es Kuschel – auch dank der in der Neuauflage enthaltenen Illustrationen von Christa Unzner – die Dringlichkeit der Forderungen der Bauern deutlich zu machen. Das liegt vor allem an der kindlichen Sicht von Claus auf die Geschehnisse. Wovon sollen die Bauern denn leben, wenn sie so viel beim Grafen abliefern sollen? Und warum meinen die Landsknechte, Claus, seinen Vater und die Nachbarn so behandeln zu dürfen? Die Welt, in der Claus aufwächst, ist zutiefst ungerecht. Als er Thomas Müntzer kennenlernt, erfährt Claus, dass das gar nicht so sein muss – und in der Bibel auch gar nicht so steht.
„Die Geschichte vom Kreutter-Claus und Thomas Müntzer – Historische Erzählung aus der Zeit von Reformation und Bauernkrieg“ bringt Leserinnen und Lesern ab 10 Jahren die Umstände näher, die zur ersten revolutionären Erhebung in Deutschland geführt hat. Sprachlich gelingt das nicht immer, gerade zu Beginn der Geschichte sind die Beschreibungen dem kindlichen Wortschatz nicht angepasst (wer weiß mit 10 schon was „schon scheckert der Häher“ bedeuten soll?). Insgesamt aber ist es ein guter Einstieg, um mit Kindern über den Bauernkrieg zu sprechen oder einen Museumsbesuch vorzubereiten. Denn die unfassbare Ungerechtigkeit, die Claus und die Seinen erfahren, nehmen Kinder aus dem Buch mit.
Thomas Kuschel
Die Geschichte vom Kreutter-Claus und Thomas Müntzer
Mit Illustrationen von Christa Unzer
Für Kinder ab 10 Jahren
THK-Verlag, 64 Seiten, 14,90 Euro
Erhältlich im UZ-Shop