Im Deutschen Bundestag sind Vertreter der Russischen Föderation und von Belarus am 8. Mai, dem Jahrestag der Befreiung, nicht willkommen. Das Auswärtige Amt hat Kommunen, Landräte und Länderregierungen per Handreichung angewiesen, keine diplomatischen Vertreter der Russischen Föderation oder von Belarus zu Feierlichkeiten anlässlich des 80. Jahrestages der Befreiung einzuladen. Notfalls sollten sie von ihrem Hausrecht Gebrauch zu machen. In Seelow, Torgau und an anderen Orten folgte man den Anweisungen nicht. Bürgerinnen und Bürger stellten sich demonstrativ an die Seite der russischen Botschaftsvertreter, drückten ihren Dank aus. Die Künstlerin Heidrun Hegewald hatte das bereits am 27. Januar getan. Anlässlich des Jahrestages der Befreiung von Auschwitz überreichte sie ihr Bild „27. Januar 1945“ in Berlin an den russischen Botschafter Sergej Netschajew (UZ berichtete). Aus aktuellem Anlass dokumentieren wir Auszüge aus ihrer Ansprache:
(…) Ich bin DDR-Bürgerin. Vierzig Jahre haben wir in der DDR den Frieden als das Fest des Alltags gefeiert, Gedenken verinnerlicht – in Demut und Scham.
Und nun im Angesicht des Monuments des Großen Vaterländischen Krieges, dem die Völker der Sowjetunion siebenundzwanzig und mehr Millionen Opfer gebracht haben: Im Angesicht dessen erlaubt sich die deutsche Administration, schuldvergessen eine Verfügung zu erlassen, dass bei Gedenkritualen an sowjetischen Ehrenmalen am 8. und 9. Mai, den Tagen der Befreiung vom deutschen Faschismus, bezeugende Symbole – russische beziehungsweise sowjetische – nicht erlaubt sind. Sie öffnen einen ethischen Raum, in dem sie nichts zu suchen haben!
Die Fahne des Sieges, die Fahnen der Sieger gehören an die sowjetischen Ehrenmale. Die Lieder der Erinnerung von Schmerz und Stolz gehören an die sowjetischen Ehrenmale und die Blumen für die vielen Tränen der Trauer gehören dorthin.
Ich kann protestieren –
und das tue ich
ich kann mich schämen –
und das tue ich
aber entschuldigen
müssten sich andere …
Wir leben in einer Welt des praktizierten Irrsinns. Wissen, historisches Bewusstsein, Meinungsfreiheit und diplomatischer Anstand sind degeneriert. Mandatsträger der deutschen Regierung überbieten sich in fanatischer und verantwortungsloser Kriegstreiberei. Man könnte meinen, dass für sie die nukleare Apokalypse eine Vergnügungsreise ist. Ihr Okular ist so verstellt, dass sie nicht bemerken, dass der Abgrund uns entgegenkommt. Und niemand wird gefragt, ob er bereit ist, eines politisch verfügten Todes zu sterben.
Die Rechtfertigung – grotesk und unhaltbar – für all das ist, Wladimir W. Putin und Russland die imperiale Kriegsplanung zu unterstellen. Sie zündeln zum Wohlgefallen des Bündnispartners, des Hegemons USA. Friedenswillen zu bekunden gilt als subversives Vergehen. Diese Entstellung schändet den Ausspruch von Immanuel Kant: „Friede ist das Meisterwerk der Vernunft.“
Das Kernproblem des aktuellen Geschehens ist in einen Satz zu fassen: Die NATO-Osterweiterung war und ist der größte Fehler der Geschichte.
In Kenntnis der Wirklichkeit und mit großem Respekt, sehr verehrter Herr Botschafter, erlaube ich mir zu sagen:
Ich stehe an Ihrer Seite.