Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) kam polternd aus der Sommerpause: „Ich werde mich durch Worte wie Sozialabbau und Kahlschlag und was da alles kommt nicht irritieren lassen.“ Der Sozialstaat sei nicht mehr finanzierbar. Die SPD nimmt es gelassen: Die „Aussagen (…) scheinen mir mehr Pflichtelement einer CDU-Parteitagsrede zu sein als alles andere“, kommentierte deren Generalsekretär, Tim Klüssendorf. Zur gleichen Zeit zeigte sich SPD-Vizekanzler Lars Klingbeil in Kiew spendabel. Er sagte der Ukraine weiterhin jährlich neun Milliarden Euro für ihre Kriegskasse zu. Als Finanzminister bringe er „die klare Zusage mit: Die Ukraine kann sich weiter auf Deutschland verlassen“.
Um diesen Wahnsinn weiter zu betreiben und Rheinmetall und anderen Waffenschmieden noch mehr Geld zuzuschieben, forderte Klingbeil seine Kabinettskollegen auf, Einsparvorschläge im zweistelligen Milliardenbereich vorzulegen. Unterstützt wurde er von der sogenannten Wirtschaftsweisen Veronika Grimm. „Ausgabenreduzierungen“ seien vor allem durch „Sozialreformen“ möglich. „Insgesamt könnte man 70 bis 80 Milliarden Euro pro Jahr einsparen“, so Grimm gegenüber der „Rheinischen Post“ – „wenn der Wille dazu gegeben wäre“.
Im Zentrum des bevorstehenden Angriffs auf die Reste des Sozialstaats stehen die, die am wenigsten haben. Die Milliarden, die in Rüstung und Krieg fließen, sollen aus Bürgergeldbeziehern und Flüchtlingen gequetscht werden. Auch andere Bedürftige wie Empfänger der Grundsicherung und von Eingliederungshilfen sollen dran glauben. Betroffen sind unter anderem Alte, die nicht von ihrer Rente leben können, und Kranke, zum Beispiel Menschen mit Behinderungen. Natürlich lassen sich so keine „Löcher stopfen“, wie Grimm es fordert. Vielmehr geht es um Spaltung und Disziplinierung von Erwerbslosen und Beschäftigten.
Und um Mobilmachung. Die Jungen sollen zum Dienst an der Waffe gezwungen werden. Die Alten – „aus Gerechtigkeitsgründen“ – zu einem unbezahlten „sozialen Pflichtjahr“. Alle sollen ran, um das zu vollbringen, was 1941 bis 1945 nicht gelang: „Die Russen“ in die Knie zu zwingen.
Wenn dieser Großangriff auf die Bürgerinnen und Bürger ohne nennenswerte Gegenwehr gelingt, wäre aus Sicht der Herrschenden ein großer Schritt hin zur neuen deutschen Kriegstüchtigkeit getan. Fragt sich, wie es um die Bereitschaft bestellt ist, an die Front zu gehen und für „das Vaterland“ zu sterben, um sich den Osten untertan zu machen. Diese Opferbereitschaft herzustellen ist der Grund für die immer aggressivere Kriegspropaganda und die stetig wiederholte Bedrohungslüge vom bösen Russen.
Auch der DGB betont in seinem Aufruf zum Antikriegs- und Weltfriedenstag „die Notwendigkeit, in Deutschland und Europa die gemeinsame Verteidigungsfähigkeit zu stärken“. Der Gewerkschaftsbund fürchtet, Deutschland könne sonst unter die Räder der rivalisierenden Großmächte USA, China und Russland geraten. Der Aufruf lässt sich nur als „Ja“ zu Hochrüstung und damit auch zu Sozialabbau lesen. An vielen Orten erteilen Gewerkschafterinnen und Gewerkschafter dieser Logik am 1. September eine klare Absage und suchen stattdessen den Schulterschluss mit der Friedensbewegung. Zum Beispiel in München. Dort rufen das von ver.di unterstützte Bündnis „Soziales rauf, Rüstung runter“, jungeNGG, GEW und das Münchener Friedensbündnis gemeinsam zu einer Kundgebung auf: „Kriege stoppen – Geld fürs Leben – nicht fürs Sterben!“