Sollen wir eine neue Steuer erfinden? Diese Frage dürfte schon vielen Menschen durch den Kopf gegangen sein, die einmal an einem Seminar zu kommunaler Finanzpolitik oder an einer Beratung zur Haushaltskonsolidierung teilgenommen haben. In Deutschland können Städte und Gemeinden sogenannte örtliche Verbrauchs- und Aufwandssteuern erlassen.
Zu den bekanntesten Beispielen gehören die Hunde-, die Zweitwohnungs- und die Vergnügungssteuer. Darüber hinaus sind der Fantasie nur wenige Grenzen gesetzt: In Essen sollte dereinst eine „Bräunungssteuer“ für Sonnenbänke eingeführt werden, in Köln wollte man es mit einer „Warteschlangen-Gebühr“ für Clubbesucher probieren. In Remscheid hatten die Gemeinderatsmitglieder an einer „Antennensteuer“ für Mobilfunkmasten gearbeitet. Katzen- und Pferdesteuern werden immer wieder diskutiert. Sex- und Bettensteuern (für Bordellbetreiber und Hotels) sind inzwischen etabliert, nachdem sie jahrelang Gegenstand gerichtlicher Auseinandersetzungen waren. Große Zuwächse hatte es bis zum Jahr 2021 bei der Wettbürosteuer gegeben. Im September 2022 erklärte das Bundesverwaltungsgericht die Sonderabgabe für unzulässig. Getränkesteuern (für den Ausschank in Gastronomiebetrieben) wurden in den vergangenen Jahren vielerorts abgeschafft.
Den letzten großen Vorstoß in Sachen Steuererfindung unternahm die Stadt Tübingen im Jahr 2022 mit der Einführung einer Verpackungssteuer. Diese Abgabe (50 Cent pro Einweg-Kaffebecher und Pommesschale, 20 Cent für Eislöffel und Trinkhalme) wurde zunächst vom Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg für unwirksam erklärt, vor kurzem aber vom Bundesverfassungsgericht bestätigt. Einnahmen für die Stadt Tübingen: bis zu einer Million Euro im Jahr.
Im Vergleich zu den Grund- und Gewerbesteuereinnahmen spielen die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandssteuern fiskalisch eine untergeordnete Rolle. Im Zuge der sich verschärfenden Krise der kommunalen Haushalte nimmt ihre Bedeutung jedoch zu. Häufig wird die Einführung oder Erhöhung der Steuern mit einer beabsichtigten „Lenkungswirkung“ begründet – auch dann, wenn die Abgabe in Wahrheit vor allem der Haushaltskonsolidierung dient. Diese Lenkungswirkung ist häufig nicht nachweisbar oder auch gar nicht zu erwarten, was sich daran zeigt, dass viele Kommunen die neuen Steuern in ihren Haushaltsplänen mit hohen Einnahmeerwartungen verbinden. Würden die Kämmereien davon ausgehen, dass die Steuer zur Eindämmung eines bestimmten Verhaltens führt, wären diese Erwartungen deutlich niedriger. Zudem wird häufig nicht das gewünschte Ergebnis erzielt.
Als Paradebeispiel gilt die differenzierte Erhebung der Hundesteuer für Hunderassen, die in den Hundeverordnungen der Länder als „besonders gefährlich“ gelistet sind („Kampfhunde“). Der Steuersatz kann hier durchaus das Zehnfache der örtlich sonst üblichen Hundesteuern betragen. Die drastische Erhöhung der Steuern führte in der Vergangenheit dazu, dass Tierheime mit kaum noch vermittelbaren Listenhunden überschwemmt wurden.
Die Einführung von Verbrauchs- und Aufwandssteuern ist häufig mit ungeklärten rechtlichen Fragen verbunden. Grundsätzlich müssen die örtlichen Steuern folgende Voraussetzungen erfüllen: Es muss ein örtlicher Bezug gegeben sein, außerdem darf keine Gleichartigkeit mit bereits vorhandenen Bundes- oder Landessteuern bestehen. Zugleich muss der Gemeinde durch das besteuerte Gut oder Verhalten zumindest abstrakt ein tatsächlicher (Verwaltungs-)Aufwand oder Verbrauch entstehen.