Rolf Mützenich gehört zu denen, die besonnen reagieren, wenn Aufrüstung angeblich die einzige Option ist. Vermutlich weiß er, dass es dabei nicht allein um Explosion von Granaten, sondern um die der Werte von Rüstungsaktien geht. So oder so hat er sich seit 2022 nicht umsonst den Hass der Bandera-Freunde in der Ukraine und die Verachtung deutscher Medien zugezogen.
Der ehemalige Fraktionsvorsitzende der SPD im Bundestag beherrscht noch die bewährte und früher weit verbreitete Kulturtechnik des Versetzens in den gegnerischen Standpunkt, die den Vorteil der Glaubwürdigkeit mit sich bringt. Gleichzeitig ist er ein Beispiel, an dem man das ganze Dilemma nachhalten kann, mit dem sozialdemokratische Politiker durch die endlosen Weiten zwischen dialektischem Denken und Opportunismus lavieren.
In einem mit „Das neue nukleare Zeitalter“ überschriebenen Beitrag vom 27. Oktober im SPD-nahen „IPG-Journal“ äußert Mützenich seine Sorge, dass es von derzeit neun zu mehr als zwanzig Atomwaffenstaaten und daher zu Unfällen und fälschlichem Einsatz dieser Waffen kommen könnte. Ein nuklearer Konflikt sei nah wie nie zuvor.
Er hat recht; wo aber Klarheit möglich wäre, verlegt er sich auf das Vernebeln. Während alle von ihm genannten Abrüstungs- und Kontrollverträge von den USA beendet wurden und die Russische Föderation erst bei Inkrafttreten der Kündigung notgedrungen nachzog, spricht er davon, dass „sowohl Russland als auch die USA“ die Verträge gekündigt hätten. „Auch europäische Staaten“ dächten über nukleare Kapazitäten nach; den, wo seine Partei Teil der Regierung ist, benennt er nicht. Taktische Nuklearschläge diskutierten „die Großmächte“ – während nur die USA diese Erstschlagsoption in ihrer Doktrin verankert haben. Rolf Mützenich hält es für gut, zu bedauern, dass die USA als „Sicherheitsgarant“ ausfallen, und wirft Moskau vor, „wiederholt mit einem Einsatz atomarer Waffen gedroht“ zu haben.
„Radio Eriwan“ hätte angemerkt: „Im Prinzip nein. Allerdings doch, wenn unsere Vernichtung angedroht wird.“ Soll Russland ankündigen, sich bei einem Angriff von 32 NATO-Staaten auf jeden Fall nur konventionell zu verteidigen? Nicht einmal an eine solche Einladung zu denken – geschweige sie anzunehmen – ist Verantwortung der NATO.
Genau darauf kann sich Russland nicht verlassen. Mützenich weiß das.


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