Erklärung der SDAJ zum Ausbildungsreport der DGB-Jugend

Krisenverlierer: Arbeiterjugend

SDAJ

Zum Ausbildungsreport 2025 der DGB-Jugend erklärt die Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend (SDAJ):

Der Ausbildungsreport der DGB -Jugend zeigt: Fast 30% der Azubis sind unzufrieden, 70.000 Jugendliche bleiben ohne Ausbildung.

Am 21. August hat die DGB-Jugend ihren Ausbildungsreport für das Jahr 2024 vorgestellt. Dabei wird deutlich: Egal ob Ausbildungsplatzmangel, -vergütung oder -qualität, für die deutschen Unternehmen und ihren Staat bleiben Ausbildungen vor allem ein Kostenfaktor, der möglichst gering gehalten werden soll. Zwar ist die allgemeine Zufriedenheit mit der Ausbildung mit 71,6 Prozent leicht höher als letztes Jahr (69,8 Prozent). Doch wenn gleichzeitig knapp 70.000 junge Menschen keine Ausbildung finden, kann nicht von einer wirklichen Besserung der Ausbildungssituation in Deutschland gesprochen werden. Die gestiegene Zufriedenheit ist dann wohl eher als Erleichterung zu verstehen, überhaupt eine Stelle gefunden zu haben.

Jeder fünfte junge Mensch ohne abgeschlossene Berufsausbildung

Quasi unverändert zum letzten Jahr bleibt auch dieses Jahr fast jeder fünfte junge Mensch ohne eine abgeschlossene Berufsausbildung. Kein Wunder: Die Anzahl der abgeschlossenen Ausbildungsverträge ist 2024 mit 468.700 erneut zurückgegangen, die Zahl der Jugendlichen, die erfolglos einen Ausbildungsplatz gesucht haben, um 10,5 Prozent gestiegen. Konkret ging mehr als jeder achte Jugendliche bei der Suche um einen Ausbildungsplatz leer aus. Gleichzeitig bleiben knapp 70.000 Ausbildungsplätze unbesetzt, was für eine mangelnde Passung spricht sowie dafür, dass die Ausbildungsbedingungen vielerorts sehr unattraktiv sind.

Von denjenigen, die einen Ausbildungsplatz ergattern konnten, waren nur 31,5 Prozent im Wunschberuf. Daher überrascht es nicht, dass die Quote der abgebrochenen Ausbildungen mit ebenfalls knapp 30 Prozent konstant hoch ist und auch kein Sinken in Sicht ist.

Unsichere Übernahme

Wer die Ausbildung zu Ende bringt, weiß mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht, ob am Ende eine Übernahme winkt: 58 Prozent aller befragten Azubis hatten dazu keine Information vom Betrieb erhalten, selbst im letzten Ausbildungsjahr sind es nur 41,5 Prozent. Eine sichere Zusage hatte nur etwas mehr als ein Drittel. Ob die gewünschte Übernahme dann auch im erlernten Beruf und unbefristet stattfindet, klärt der Report nicht – aber es ist wohl in vielen Fällen nicht davon auszugehen.

Chancengleichheit? Fehlanzeige!

Der diesjährige Schwerpunkt des Ausbildungsreports war das Thema Zugangsvoraussetzungen und Hürden. Hier wurde einmal mehr deutlich, dass der wichtigste Faktor für einen Ausbildungsplatz das soziale Umfeld ist. Knapp die Hälfte der Azubis gab an, ihre Ausbildungsplätze über Familie und Freunde gefunden zu haben. Der Ausbildungsreport offenbarte auch nach wie vor große Unterschiede zwischen den Schulformen. So haben 37,7 Prozent der Befragten mit Hauptschulabschluss ihren Beruf über ein Praktikum gefunden, bei den (Fach-)Abiturienten sind es nur 17,2 Prozent. Letztere haben dadurch im Durchschnitt aber mehr Bewerbungen verschickt als ihre Kollegen mit Hauptschulabschluss. Es zeigt sich: Aufwand und Erfolg bei der Suche um einen Ausbildungsplatz hängen von den Eltern und dem Schulabschluss ab. Dadurch, dass auch der Schulabschluss häufig vom Elternhaus abhängt, spielt die soziale Herkunft durchgehend eine Rolle. Von Chancengleichheit kann also auch 2025 keine Rede sein.

Eine Ausbildungsvergütung muss zum Leben reichen!

Seit Jahren konnten die Tarifabschlüsse die Preissteigerungen nicht ausgleichen, die Tarifbindung ist seit Jahren rückläufig. Entsprechend hoch ist auch die Quote an Auszubildenden, die sagen, dass sie von ihrer Ausbildungsvergütung nicht selbstständig leben können – konkret 62,8 Prozent. Das ist bei durchschnittlich knapp 500 Euro für ein WG-Zimmer – in großen Städten noch deutlich höher – und den gestiegenen Preisen für Strom, Heizung und Lebensmitteln der letzten Jahre auch nicht verwunderlich. Die durchschnittliche Ausbildungsvergütung liegt bei 1.026 Euro im Monat, die Mindestausbildungsvergütung bei 682 Euro. Mit den aktuellen Preisen überrascht es auch nicht, dass mehr als jeder achte Azubi nebenher noch einen Nebenjob hat, und nur etwa jeder dritte sich allein durch die Ausbildungsvergütung finanzieren kann.

Die Lage ist derart aussichtslos, dass bei der Befragung, was den Azubis bei der Wahl des Betriebs am Wichtigsten war, nur 8,3 Prozent überhaupt bezahlbaren Wohnraum genannt haben, während sich 59,3 Prozent darauf beschränkten, den Betrieb gut erreichen zu können. Bei all den genannten Sorgen, die junge Menschen also am Beginn ihres Arbeitslebens begleiten, und den Überstunden, die 32,3 Prozent der Azubis regelmäßig leisten, ist es kein Wunder, dass es fast jedem dritten Azubi schwer fällt, sich nach Feierabend zu erholen, zumal Freizeitangebote auch immer teurer werden.

Als Azubis gemeinsam kämpfen – gegen die Interessen der Unternehmen!

Im Kapitalismus sind wir gezwungen, unsere Arbeitskraft gegen Lohn zu verkaufen, um unser Leben zu finanzieren. Unser zukünftiges Leben hängt also maßgeblich von unserer Ausbildung ab. Wer keinen Abschluss vorweisen kann, ist in besonderem Maße von ständiger Unsicherheit bedroht. In diesem System dienen Ausbildungen einzig der ökonomischen Verwertbarkeit. Somit steht das Profitinteresse der Unternehmen dem Interesse der Azubis an einer umfänglichen und qualitativ guten Ausbildung, einem Azubigehalt, das zum Leben reicht, und einer unbefristeten Übernahme entgegen.

Als SDAJ sind wir von Anfang an Teil des Kampfes um bessere Ausbildung. Angesichts des katastrophalen Zustands der Ausbildung fordern wir endlich echte Chancengleichheit. Ein qualitativ guter Ausbildungsplatz in einem Feld, das uns interessiert, darf nicht vom Elternhaus abhängen, sondern ist ein Grundrecht. Für die bessere Planbarkeit und Sicherheit unserer Zukunft brauchen wir zudem eine Garantie auf unbefristete Übernahme im erlernten Beruf. In einem Gesellschaftssystem, welches auf der Ausbeutung unserer Arbeitskraft beruht, wird uns so eine Ausbildung nicht geschenkt werden. Die SDAJ kämpft zusammen mit den Gewerkschaftsjugenden, den Azubis im Betrieb, und im Rahmen von Tarifrunden für:

  • Ein Recht auf einen betrieblichen Ausbildungsplatz im Wunschberuf!
  • Eine Ausbildungsverpflichtung für Unternehmen. Wer nicht ausbildet, wird enteignet!
  • Ein Recht auf unbefristete Übernahme im erlernten Beruf!
  • Eine Mindestausbildungsvergütung, die für ein eigenständiges Leben ausreicht!

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