Zu „Lieber Friedrich Engels“, UZ vom 4. Dezember

Mit Haug oder dem „Mann der Praxis“?

Alfred Wolff, Bonn

Mir fiel auf, dass Patrik Köbele Engels‘ „Ursprung der Familie, des Privateigentums und des Staates“ in seiner Gratulation zum Engels-Geburtstag nicht als ein für sich und seine Anschauungen bedeutsames Werk erwähnt. Gibt es dafür einen Grund? Hat es eventuell etwas mit der Argumentationslinie zu tun, die Frigga Haug in ihrem Buch „Der im Gehen erkundete Weg“ (Argument Verlag 2015) aufscheinen lässt? Wo sie rückblickend auf 1995 zum Beispiel schreibt: „Ich stellte mir die Frage, ob Engels als Theoretiker von Frauenbefreiung noch uneingelöste bedenkenswerte Potenziale und Werkzeuge bereitgestellt hatte (…) oder ob er durch die Spezifikation seines Herangehens Frauenbefreiungsdenken in der Arbeiterbewegung unter Umständen eher verstellte. (…) So nimmt er an, dass ‚die Produktivität der Arbeit‘ sich zwar in der auf Geschlechtsbande begründeten Gliederung der Gesellschaft entwickelt und mit ‚Privateigentum und Austausch, Unterschiede des Reichtums, Verwertbarkeit fremder Arbeitskraft und damit Grundlage von Klassengegensätzen‘. (…) An die Stelle von Geschlechterverhältnissen treten Staat und Klassen. Diese Anordnung macht, dass es weitgehend unmöglich wird, den Staat als von Geschlechterverhältnissen durchsetzt zu denken, als patriarchalen Staat. (…) Die Unterwerfung des weiblichen Geschlechts findet (…) eine vage und (…) fast märchenhafte Erklärung. Die Geschlechter treten wie zwei Brüder auf, von denen der eine plötzlich Gold in seinem Acker findet, der zweite nur Steine, und daher gut daran tut, will er überhaupt am Reichtum partizipieren und überleben, sich dem Ersteren zu unterwerfen.“

Also, weil Köbele diesen Aspekt der sogenannten Frauenfrage ähnlich sieht wie sie oder eben doch eher wie der „Mann der Praxis“ und „Militär der bürgerlichen Revolution“, den er da grüßt? (…) Oder weil solcherart Fragen uns (?!) Marxisten nicht betreffen? (…)

✘ Leserbrief schreiben

An die UZ-Redaktion (leserbriefe (at) unsere-zeit.de)

"Mit Haug oder dem „Mann der Praxis“?", UZ vom 11. Dezember 2020



    Bitte beweise, dass du kein Spambot bist und wähle das Symbol Schlüssel.



    UZ Probe-Abo [6 Wochen Gratis]

    Das könnte Sie auch interessieren

    Unsere Zeit