Russland verkündet Kampfruhe, deutsche Politiker setzen auf Krieg

Moskau: Waffenstillstand, Berlin: Größenwahn

Der russische Präsident Wladimir Putin kündigte am Montag dieser Woche eine dreitägige Feuerpause der Streitkräfte Russlands im Ukraine-Krieg an. Sie werde 72 Stunden dauern und vom 8. bis 10. Mai dauern. Anlass ist der 80. Jahrestag des Sieges über den deutschen Faschismus. Russland rief die Ukraine auf, in diesem Zeitraum ebenfalls die Waffen schweigen zu lassen. Sollte die ukrainische Seite gegen die Feuerpause verstoßen, würden die russischen Streitkräfte eine „angemessene und wirksame Antwort“ geben. In der Mitteilung wurde zudem die „Bereitschaft zu Friedensverhandlungen ohne Vorbedingungen“ erklärt, wenn sie „auf die Beseitigung der Ursachen der Ukraine-Krise und eine konstruktive Zusammenarbeit mit internationalen Partnern abzielen.“

Kiew und Berlin antworteten mit Beschimpfungen, Washington reagierte zurückhaltend. Der ukrainische Präsident Wladimir Selenski behauptete am Montag in seiner abendlichen Videoansprache, die russische Mitteilung sei „ein weiterer Manipulationsversuch“. Russland weise die Vorschläge von US-Präsident Donald Trump für ein langfristiges Abkommen zurück und versuche, „die Welt zu manipulieren“ und „die USA zu betrügen“.

Trump seinerseits ließ seine Sprecherin Karoline Leavitt erklären, er habe klargemacht, dass er eine dauerhafte Waffenruhe sehen wolle. Ebenfalls am Montag teilte das State Department in Washington mit, Außenminister Marco Rubio habe am Sonntag auf dessen Bitte mit dem russischen Außenminister Sergei Lawrow telefoniert – zwei Tage nach dem Besuch des US-Sondergesandten Steve Witkoff am 25. April in Moskau und einen Tag nach einem 15-Minuten-Gespräch zwischen Trump und Selenski in Rom während der Trauerfeierlichkeiten für Papst Franziskus. Rubio habe gegenüber Lawrow „die nächsten Schritte in den russisch-ukrainischen Friedensgesprächen unterstrichen und die Notwendigkeit, den Krieg sofort zu beenden. Die Vereinigten Staaten meinen es ernst, ein Ende dieses sinnlosen Krieges herbeizuführen.“

Berlin legte erneut dar, dass es daran kein Inte­resse hat. Als erster deutscher Politiker nahm der geschäftsführende und vermutlich auch zukünftige Kriegsminister Boris Pistorius (SPD) zur Moskauer Mitteilung Stellung. Er erklärte nach einer Feier im NATO-Hauptquartier in Brüssel zum 70. Jahrestag des Beitritts der BRD zum Kriegspakt gegenüber dpa unter Hinweis auf frühere russische Ankündigungen: „Und das Ergebnis kennen wir: Trotz laufender Gespräche über einen Waffenstillstand wurden Städte und zivile Infrastruktur gezielt und verstärkt angegriffen, um die Zivilbevölkerung in Angst und Schrecken zu versetzen.“ Er hoffe dennoch sehr, dass es zu einer echten und verlässlichen Feuerpause komme. Zuvor hatte Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier bei der NATO-Feier Frieden und Abrüstung eine Absage erteilt. Er log: „Putin hat den Krieg zurück auf diesen Kontinent gebracht“ und erklärte, die BRD werde danach streben, „dass Deutschland, mit seinen Streitkräften und seiner Infrastruktur, das Rückgrat der konventionellen Verteidigung in Europa wird“.Wörtlich formulierte er: „Ein schlecht gerüstetes Deutschland ist heute die größere Gefahr für Europa als ein stark gerüstetes Deutschland.“ Und fügte hinzu: „Ich bin überzeugt: Die wichtigste Aufgabe der neuen deutschen Regierung ist es, unsere Bundeswehr zu stärken.“

Der neue deutsche Größenwahn leitet auch den zukünftigen deutschen Außenminister Johann Wadephul (CDU). Er sagte der „Deutschen Welle“ am gleichen Tag: „Wir werden die Ukraine unterstützen und der Ukraine die Möglichkeit bieten, mit Russland auf Augenhöhe zu sein.“ Spielend überboten wurde Wadephul aber von seiner grünen Amtsvorgängerin Annalena Baer­bock. Sie warnte auf ihrer letzten Dienstreise zu einem antirussischen Außenministertreffen auf der dänischen Insel Bornholm am Dienstag Washington: „Es kann auch nicht im Inte­resse eines der größten Akteure weltweit, der USA, sein, dass ein Deal, ein Pakt geschlossen wird, der noch zu weiterer Aggression führt.“ Die größte Gefahr für Berlin bleibt eine Verständigung zwischen Russland und den USA.

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"Moskau: Waffenstillstand, Berlin: Größenwahn", UZ vom 2. Mai 2025



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