DKP Wuppertal fordert konsequente Verkehrswende

ÖPNV hält nicht Schritt

Jürgen Köster

Wir sehen in Wuppertal jeden Tag und fast an jedem Ort die Folgen einer falschen Verkehrspolitik:

  • Autos, die sich mit durchschnittlich 1,1 Insassen täglich durchs Tal quälen;
  • Wohnquartiere, in deren engen Straßen vor allem nach 17 Uhr diese Pkw geparkt werden und dadurch medizinische Rettungsfahrzeuge, Polizeifahrzeuge als auch Löschzüge der Feuerwehr bei ihren Einsätzen behindern;
  • Busse des ÖPNV, die zwar zum Teil schon umweltfreundlich mit Wasserstoff unterwegs sind, die aber vor allem in den Außenbezirken Wuppertals zu wenig fahren, weil dies angeblich zu „unwirtschaftlich“ sei beziehungsweise weil die Personaldecke der Fahrer zu knapp bemessen ist.

Die Mobilität der Zukunft kann nicht im Individualverkehr liegen, denn dafür ist das private Auto zu ineffizient und zu teuer. Viele Menschen müssen aber täglich weite Fahrten in Kauf nehmen, um zur Arbeit und wieder zurück zu kommen. Dies liegt nicht zuletzt daran, dass in den letzten rund 30 Jahren tausende Arbeitsplätze in Wuppertal vernichtet wurden, die früher gut zu Fuß oder mit dem Fahrrad, dem Bus oder der Schwebebahn erreicht werden konnten.

Da neue Arbeitsplätze oft weit außerhalb Wuppertals liegen und weil die öffentlichen Verkehrsmittel unattraktiv sind, mussten nach und nach in vielen Familien mehrere Pkw angeschafft werden, damit alle arbeitenden Familienmitglieder mobil sein konnten.

Heute rächt sich, dass der öffentliche Nahverkehr mit dieser Entwicklung nicht Schritt gehalten hat. Statt des Ausbaus hat man viele Nahverkehrsstrecken in den Nachkriegsjahren zurückgebaut. Stillgelegt wurden die Straßenbahn, die Barmer Bergbahn, die Nordbahn und die Sambabahn, um nur einige Beispiele zu nennen. Im gleichen Zeitraum wurde der Ausbau des Straßennetzes forciert und damit die Mobilität in die alleinige Verantwortung der Menschen gelegt, die jetzt natürlich Pkw benötigten.

Vor allem vor dem Hintergrund der immer dringlicher werdenden Forderung nach einer umweltfreundlicheren Verkehrspolitik müssen wir rasch umdenken. Für eine nachhaltige Umweltpolitik ist der Individualverkehr längst keine Lösung mehr. Nur Investitionen in den ÖPNV können für eine bessere Mobilität und mehr Umweltschutz sorgen.

Als Beispiel dafür steht eigentlich das Wuppertaler Wahrzeichen – unsere Schwebebahn, auf die wir alle stolz sind. Aber nicht nur wegen ihrer Attraktivität, sondern vor allem wegen ihrer Effizienz. Ein Verkehrsmittel, das täglich bis zu 60.000 Menschen in kurzen Takten und in kürzester Zeit quer durch das Tal der Wupper befördert, sollte eigentlich nachahmenswert sein.

Wir Kommunisten haben schon in unserem Kommunalwahlprogramm 2020 gefordert, dass dem öffentlichen Nahverkehr, der Ausweitung von Radverkehrswegen, der Sicherung und dem Ausbau von Fußwegen konsequent der Vorrang gegenüber dem Individualverkehr eingeräumt werden muss.

Das bedeutet:

  • Ausweitung des öffentlichen Personen-Nahverkehrsnetzes, Verdichtung der Verkehrstakte und die Abstimmung der Ankunfts- und Abfahrtzeiten.
  • Das 49-Euro-Ticket kann nur ein Anfang sein. Ein preislich deutlich billigeres Sozialticket muss dazu unbedingt ergänzend angeboten werden.
  • Das Ziel muss jedoch ein kostenfreier ÖPNV für alle sein.

Spätestens da taucht in Diskussionen immer wieder die Frage auf: Wer soll das bezahlen? Der ÖPNV ist ja für die Stadtwerke und die Stadt Wuppertal ein jährliches Verlustgeschäft, das nur durch die Gewinnsparten der WSW in der Energieversorgung ausgeglichen wird.

Wir Kommunisten erinnern daran, dass es eine grundgesetzliche Verpflichtung zur Daseinsvorsorge für alle Bürger gibt. Das heißt, der Staat hat die Verpflichtung, die Grundversorgung der Bevölkerung sicherzustellen. Und dazu gehört neben dem Recht auf bezahlbares und angemessenes Wohnen auch der ÖPNV als Mobilitätsgarantie.

Doch diese Daseinsvorsorge darf nicht in Privathand betrieben und dem kapitalistischen Profitprinzip unterworfen sein, sondern ist eine öffentliche Aufgabe, die von Bund und Land finanziell so ausreichend unterstützt werden muss, dass die Kommunen nicht noch tiefer in die Schuldenfalle geraten.

Und – ehrlich gesagt: Wer im vergangenen Jahr mit einem Handstreich in kürzester Zeit ein sogenanntes „Sondervermögen“ (= Schulden) bereitstellen konnte, dem sollte auch die notwendige Versorgung der eigenen Bevölkerung nicht schwerfallen.

Aus: „WupperReport“, Zeitung der DKP für Wuppertal, Nr. 1/2023

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"ÖPNV hält nicht Schritt", UZ vom 12. Mai 2023



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