Offene Differenzen zwischen Israel und den USA – Waffenlieferung fortgesetzt

Protest, Kritik und weiter so?

Ein festliches Dinner sollte es richten. Wie in den vergangenen Jahren lud das Weiße Haus anlässlich des Ramadan Vertreter von muslimischen Gemeinden und Organisationen zum Essen ein, um die Beziehungen zu ihnen zu verbessern. Aber niemand wollte kommen. Die Verweigerung war ein Protest gegen den israelischen Krieg in Gaza und seine Unterstützung durch die USA. Und selbst die Ersatzveranstaltung in kleinem Format, an der vor allem Mitarbeiter der Regierung teilnahmen, blieb nicht ohne Protest.

In Genf tagte derweil die UN-Menschenrechtskommission und verabschiedete eine Resolution, die ein Ende der Waffenlieferungen an Israel fordert. Trotz der Anstrengungen von Außenministerin Baer­bock und der Vertreter der US-Diplomatie wurde die Resolution angenommen – und selbst europäische Staaten wie Belgien, Finnland und Luxemburg stimmten dafür, Frankreich und andere enthielten sich. Deutschland stimmte in Nibelungentreue mit den USA und vier weiteren Staaten gegen die Resolution – und also für weitere Waffenlieferungen.

Den USA kommt ihre bedingungslose Unterstützung für den Krieg Israels teuer zu stehen. So versuchen sie, sich in ihren offiziellen Verlautbarungen von den schlimmsten Gräueln des Genozids zu distanzieren.

In einem Gespräch mit dem israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu verlangte US-Präsident Joe Biden Schritte Israels, um mehr Hilfsgüter nach Gaza gelangen zu lassen, und mehr Flexibilität, um einen Waffenstillstand zu erreichen. Die USA würden genau prüfen, ob Israel seine Politik ändere. Wenn nicht, erklärte Außenminister Antony Blinken, würden die USA womöglich ihre Politik ändern. Die für Diplomaten verhältnismäßig scharfen Worte Blinkens und Bidens erfolgten allerdings erst, nachdem das israelische Militär gezielt Mitarbeiter einer internationalen Hilfsorganisation angegriffen und getötet hatte.

Weitere Differenzen gibt es um den Angriff auf Rafah. In einer Online-Konferenz von Vertretern beider Regierungen stellte die israelische Seite ihre Vorstellung vom zukünftigen Angriff und der Evakuierung der Zivilbevölkerung vor. Sie betonte offenbar, dass aus ihrer Sicht in Gaza nicht die Gefahr einer Hungersnot bestehe und andere Sichtweisen auf falschen Daten beruhten. Der Sicherheitsberater des Weißen Hauses, Jake Sullivan, hielt die Vorstellungen Israels für völlig unrealistisch. Er schlug einen viel längeren Zeitraum für die Evakuierung von Rafah vor.

Die offensichtlichen Differenzen hindern beide Seiten nicht daran, weiterhin vertrauensvoll zusammenzuarbeiten. In der Abschlusserklärung der Konferenz heißt es, USA und Israel verfolgten dasselbe Ziel: Hamas zu besiegen. „Die USA“, heißt es weiter, „äußerten ihre Bedenken zu einigen Aspekten der israelischen Pläne. Die israelische Seite sagte zu, diese Bedenken in Betracht zu ziehen.“

Mittlerweile liefern die USA weiterhin Bomben an Israel, kündigen ihren Widerstand im Sicherheitsrat gegen die Vollmitgliedschaft Palästinas in der UN und Beistand für Israel gegen die Bedrohung aus dem Iran an.

Wird die zunehmende US-Kritik am israelischen Vorgehen Wirkung zeigen? Zwar sehen Beobachter einen Waffenstillstand in greifbarer Nähe, nachdem die israelische Regierung ihre Unterhändler in Kairo mit einem weitergehenden Mandat ausgestattet hat. Ebenso wurde der größte Teil der israelischen Truppen vor allem aus dem Süden des Gazastreifens abgezogen. Doch dies soll nur der Vorbereitung für den Angriff auf Rafah dienen. Wird der Angriff bittere Realität? Oder soll die Drohung mit dem Angriff die israelische Verhandlungsposition stärken – gegenüber der Hamas und gegenüber den USA?

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"Protest, Kritik und weiter so?", UZ vom 12. April 2024



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