Unlängst erinnerte China an das siegreiche Ende des vierzehn Jahre währenden Kampfes gegen den japanischen Faschismus. 1945 vertrieben sie die Okkupanten, die – so schätzen Historiker – bis zu 35 Millionen Opfer auf dem Gewissen hatten.
Verständlich, dass sich in Peking immer Unmut regte, wenn hohe japanische Politiker dem Yasukuni-Schrein in Tokio ihre Aufwartung machten. Dort ehrten sie bekanntlich nicht nur gefallene Soldaten, sondern auch Massenmörder, die wegen ihrer Kriegsverbrechen in China verurteilt worden waren. Verständlich ist darum auch, wenn Peking Äußerungen der japanischen Regierungschefin Sanae Takaichi als Rückkehr in die Vergangenheit und als Wiederaufleben des japanischen Militarismus interpretiert. Die 64-jährige Ministerpräsidentin kündigte für Dezember nicht nur einen Besuch des Yasukuni-Schreins an. Sie erklärte auch ihre Bereitschaft, militärisch in China zu intervenieren.
Offiziell bekennt sich Tokio zur Ein-China-Politik – das von Takaichi beabsichtigte militärische Engagement pro Taiwan wäre darum nicht nur eine Einmischung in Chinas innere Angelegenheiten, sondern eine eindeutige Aggression. Die gab es bekanntlich schon einmal in China in den dreißiger Jahren. Damals besetzte die Kolonialmacht Japan Teile der Republik China, gründete 1932 den Vasallenstaat Mandschukuo und plünderte die chinesischen Bodenschätze. Die in Nordostchina stationierte Einheit 731 setzte chemische und biologische Waffen ein, Hunderttausende Chinesen kamen bei diesen Verbrechen zu Tode.
Geschichte wiederholt sich nicht. Und das China von heute ist nicht das China von damals. Dennoch ist es verständlich, wenn Peking eine Bemerkung einer ultrakonservativen Politikerin auf die Goldwaage legt, wonach „Japans Überleben bedroht“ sei, wenn China und Taiwan ihre Beziehungen regelten. Angeblich militärisch, wie unterstellt wird, durch Blockade oder Invasion. Takaichis Vorgänger im Amt des Premiers, Shinzo Abe, hatte zwar auch schon erklärt, dass ein „Notfall für Taiwan auch ein Notfall für Japan“ sei. Doch die Erklärung seiner Nachfolgerin vom 7. November geht weiter. Im Stile einer Hegemonialmacht formulierte sie Drohungen, die in Wahrheit Ansprüche darstellen. Im Unterschied zu Tokio hat Peking jedoch aus der Geschichte gelernt.


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