Letzte Woche gab die Geschäftsführung von Bosch bekannt, dass in Deutschland weitere 13.000 Arbeitsplätze gestrichen werden sollen. Zusammen mit den bereits geplanten 9.000 Stellen, die der Konzern abbauen will, wären das insgesamt 22.000 Stellen. Bereits im vergangenen Jahr hat Bosch weltweit rund 11.600 Arbeitsplätze vernichtet.
In der Region Stuttgart sind insbesondere die Standorte Feuerbach, Schwieberdingen und Waiblingen davon betroffen. Im Stammwerk Stuttgart-Feuerbach wird quer durch alle Bereiche der Rotstift angesetzt: Dort sollen 3.500 Stellen wegfallen, und zwar sowohl bei den Fahrzeugantrieben im Bereich Elektro als auch im Vertrieb, in Verwaltung und Entwicklung. Die Zahl der Beschäftigten in der Produktion wird von 2.500 auf 1.000 geschrumpft. Ein großer Aderlass. Am Freitagmorgen versammelten sich dort rund 2.000 Kolleginnen und Kollegen zu einem ersten Protest.
In Waiblingen wird die Produktion für Verbindungstechnik komplett geschlossen – alle 560 Beschäftigten verlieren ihren Arbeitsplatz. Vor rund 40 Jahren waren in Waiblingen noch gut 2.300 Menschen beschäftigt. Im Werk Schwieberdingen sollen 1.750 Stellen vernichtet werden; betroffen sind hier Vertrieb, Verwaltung, Entwicklung und Einkauf. „Auf den ganzen Standort gerechnet steht jeder dritte Arbeitsplatz zur Debatte“, so der Betriebsratsvorsitzende Tobias Möhle.
Außerdem sollen in Bühl und Bühlertal im Landkreis Rastatt bis Ende 2030 rund 1.550 Stellen wegfallen. An dem Standort werden elektrische Kleinantriebe entwickelt und gefertigt. In Homburg im Saarland sollen bis Ende 2030 rund 1.250 Stellen gestrichen werden.
Bereits Mitte September hatte Arbeitsdirektor Stefan Grosch verkündet, dass die „jährlichen Kosten weltweit in der Größenordnung von 2,5 Milliarden Euro weiter“ sinken müssen. „Unser Unternehmen muss auf Dauer eine Rendite von mindestens 7 Prozent erzielen.“ Davon ist Bosch weit entfernt. 2024 lag sie bei 3,8 Prozent und ist in diesem Jahr weiter gesunken.
Für die Beschäftigten ist das Ausmaß des jetzt angekündigten Stellenabbaus überraschend. Viele zeigen sich geschockt und verunsichert, auch weil die Lage überall „nicht rosig“ ist und ein Arbeitsplatzwechsel somit kaum Erfolg verspricht. Es werden Existenz- und Zukunftsängste, aber auch Wut und Kampfbereitschaft geäußert. Der Gesamtbetriebsratschef der Kfz-Sparte Mobility Frank Sell kündigt einen „extrem heißen Herbst“ an: „Wir werden kämpfen wie die Löwen.“ Sell kritisierte, dass beim Abbau zu einseitig auf die Personalkosten geschaut werde und die Abläufe bei der Vergabe von Aufträgen zu lange dauerten, zu ineffizient seien. Während sich in Deutschland Heerscharen von Anwälten im Vorfeld mit Gewährleistungsfragen befassten, baue man in China in dieser Zeit bereits Autos.
Adrian Hermes ist bei der IG Metall für Bosch verantwortlich und sitzt für die Arbeitnehmerseite im Aufsichtsrat. Er befürchtet, dass die Unternehmensführung um Stefan Hartung die Krise ausnutzt, um Arbeitsplätze in Billiglohnländer zu verlagern. Im September wurde bekannt, dass die Elektrowerkzeug-Sparte von Bosch im Jahr 2026 mehr und mehr nach Ungarn verlagert werden soll und die Produktion in Leinfelden-Echterdingen geschlossen wird.
Stefano Mazzei, Betriebsratsvorsitzender in Waiblingen, wirft Bosch vor, den Standort abgewirtschaftet zu haben und statt im Ländle lieber in Fernost zu produzieren. Notwendige Sanierungen hierorts würden verschleppt, dafür würden aber in Thailand Millionenbeträge investiert. „Jetzt wirft man uns vor, dass wir nicht kosteneffizient genug sind.“ Er macht deutlich, dass die Kolleginnen und Kollegen die Schließung nicht hinnehmen werden. „Wir werden um jeden einzelnen Arbeitsplatz kämpfen“, so Mazzei. „‚Like a Bosch‘ heißt offenbar: Standorte verlagern, Gewinne maximieren und Menschen in Baden-Württemberg auf die Straße setzen. Das werden wir öffentlich anprangern, laut, sichtbar und solange es sein muss.“ Das sind kämpferische Töne, die es jetzt braucht, um Resignation zu verhindern.
Wichtig ist die Vernetzung der Kämpfe, auch mit allen anderen Standorten. Denn viele andere sind ebenfalls von Sparprogrammen, Abbauplänen und Schließungen betroffen wie Schwäbisch Gmünd, Leinfelden, Hildesheim, Renningen, Abstatt und Leonberg. Und es braucht mehr als nur einen Aktionstag wie im März 2024 nach den Ankündigungen der letzten Kahlschlagpläne. Es braucht einen nachhaltigen Kampf. Dazu gehören auch Streiks, denn das ist die einzige Sprache, die das Kapital versteht.
Ein Blick nach Britannien zeigt, dass Deindustrialisierung in schleichende Verelendung führt. Das deutsche Industriekapital will sich durch Stellenabbau „gesundschrumpfen”, um ihre Profite und die eigene Wettbewerbsfähigkeit zu erhöhen. Das wachsende Arbeitslosenheer verstärkt wiederum den Druck auf das Lohnniveau. Weitere Reallohnsenkungen sind die Folge. Armut und Not werden zunehmen.