Bei ihren Auftritten an Schulen geben sich Jugendoffiziere der Bundeswehr oft eher lässig und manchmal sogar ein bisschen kritisch, um einen guten Eindruck vor der Klasse zu machen. Natürlich geht es um Aufklärung und keinesfalls um eine Rekrutierungsstrategie, versteht sich.
Gar nicht so lässig geht die deutsche Armee allerdings mit öffentlicher Kritik um. Wie kürzlich bekannt wurde, hat ein ehemaliger Schüler des Angell-Gymnasium in Freiburg nun sogar eine Strafanzeige wegen Beleidigung kassiert, weil er ein bundeswehrkritisches Meme in den sozialen Medien gepostet haben soll. Kollaborateure in der Schulleitung sollen diesbezüglich angeblich persönliche Daten an die Bundeswehr weitergegeben haben. Dem vorausgegangen war ein Auftritt eines Militäroffiziers, an dem der Schüler „Bentik“ teilgenommen hatte.
Das Meme auf Instagram, welches „Bentik“ zugerechnet wird, stilisiert einen gesichtslosen Angehörigen der Bundeswehr, der offenbar in einem Klassenraum steht. An der Tafel ist gemäß dem Veranstaltungsmotto am Angell-Gymnasium zu lesen: „Demokratie verteidigen – aber wie?“ Und darunter steht: „Also Kinder, wer von euch würde gerne an der Ostfront sterben?“
Laut „Berliner Zeitung“ teilte die Staatsanwaltschaft Freiburg auf Anfrage mit, dass die Anzeige nicht von der Bundeswehr als Institution, sondern von dem betroffenen Offizier persönlich gestellt worden sei. Der Schüler habe nach einer Veranstaltung des Offiziers an der Schule zwei Fotos bearbeitet und verbreitet, so der Vorwurf. Diese Darstellungen, so findet die Staatsanwaltschaft, unterstellten dem Offizier „persönliche Verbindungen zur nationalsozialistischen Organisation SS“ sowie eine „verfassungswidrige, menschenverachtende Grundeinstellung“. Wie diese „Fotos“ konkret aussehen sollen, ist bisher öffentlich nicht bekannt.
Nun könnte einfach gedacht werden, es handelt sich um einen bedauerlichen Einzelfall, in dem ein Jugendoffizier ein bisschen freidreht, sich gekränkt fühlt und eine Anzeige stellt.
Allerdings ist wohl eher anzunehmen, dass dieses Verfahren angestrengt wird, um andere Schülerinnen und Schüler von Protesten gegen die Bundeswehr – seien sie im Netz oder an der betreffenden Schule – abzuhalten. Mündige Klassen oder auch einzelne Mutige, die sich trauen, der Aufrüstung und den damit verbundenen Rekrutierungsversuchen zu widersprechen und die imperialistischen Interessen des Kapitals zu benennen, auch mit Verweis auf die Geschichte der deutschen Armee, stören das Image der „demokratischen Parlamentsarmee“. Da geht es dann ans Kerngeschäft und es ist Schluss mit lustig, lässig und weltoffen. Am Ende behauptet noch jemand, die Bundeswehr hätte Kontinuitäten und eine ganze Menge Neonazis in ihren Reihen.
Ob diese Verfahren mehr werden und die Möglichkeiten zu antimilitaristischen Protesten an Schulen noch weiter eingeengt werden, hängt nicht zuletzt auch davon ab, ob der Prozess gegen „Bentik“ ein Fiasko wird und die Bundeswehr sich so richtig schön blamiert, weil sie gegen einen Schüler ins Feld zieht. Um diesen Angriff zurückzuschlagen braucht es massenhafte Solidarität. Es gibt viele Schulen, die Jugendoffiziere einladen, vor denen demonstriert werden kann. Und auch die Jobcenter und Proteste gegen die Wehrpflicht sind gute Orte, um die Rekrutierungspläne zu durchkreuzen. Denn was sie wollen, ist Ruhe an der Heimatfront. Aber es gibt kein ruhiges Hinterland!



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