Das Jahr neigt sich dem Ende entgegen, 2026 zieht bereits am Horizont auf. Während die Dunkelheit zunehmend erdrückend wirkt, versuchen wir uns an Glühwein und den ersten Streiktagen in der Tarifrunde der Länder zu wärmen. Die Kolleginnen und Kollegen haben auf der Streikkundgebung mit Erich Kästner gedichtet: „Morgen Kinder, wird’s NICHTS geben, nur wer hat, dem wird geschenkt. Mutter schenkte euch das Leben, das genügt, wenn man’s bedenkt. Einmal kommt auch eure Zeit, morgen ist’s noch nicht so weit.“ Jetzt heißt es: „Alle auf die Straße, Löhne hoch, denn wir sind klug. Wertschätzung vom Turm geblasen, ist symbolisch nicht genug. Ändern wird sich’s nur mit Streik. Und dazu sind wir bereit!“ Ein mindestens so schöner wie notwendiger Gedanke, um damit das neue Jahr und die nächsten Streiktage zu beginnen.
Zumal wir aktuell wieder sehen, wie unterschiedlich verfügbar Geld ist. Reden wir von Geld, für das die Kolleginnen und Kollegen im Öffentlichen Dienst der Länder streiten, also unter anderem in Schulen, Universitätskliniken und Hochschulen, dann ist es „nicht vorhanden“ oder „unmöglich bezahlbar“. Reden wir von 90 Milliarden Euro Kriegskrediten für die Ukraine: gar kein Problem!
Mindestens ebenso erstaunlich: die Rechtsauffassung mancher Verwaltungsbehörden. Der Nürnberger Stadtrat beschäftigte sich vor Kurzem erneut auf Antrag der Linken Liste, deren Mitglied DKP und SDAJ sind, mit der regelmäßigen Polizeigewalt gegen Antifaschisten in Nürnberg. Dabei wurde sowohl von Vertretern der CDU wie auch der SPD gefordert: „Repression für die, die sie verdienen“. Zwar konnte die Stadt nach nochmaliger juristischer Überprüfung ihre Haltung, bei Blockaden von Naziaufmärschen handle es sich um „Gewalttaten“, nicht aufrechterhalten. Jedoch blieb die Polizei bei ihrer Darstellung: „Wenn Menschen, die Gewalt erfahren, nicht bereit sind, diese auch bei uns zur Anzeige zu bringen, gehen wir davon aus, dass es in Wahrheit keine Vorfälle gibt.“ Rechtsstaat BRD Ende 2025: Menschen, die von knüppelnden Polizeieinheiten krankenhausreif geprügelt werden, sind gezwungen, die Gewaltexzesse und Übergriffe bei der Institution zur Anzeige zu bringen, die ihnen das antut, sonst wird ihnen unterstellt: sie lügen.

Apropos knüppelnde Polizeieinheiten: Der medialen Berichterstattung zu den antifaschistischen Protesten in Gießen verdanken wir ein besonderes Glanzstück deutschen Qualitätsjournalismus. In der „Hessenschau“ lernen wir: „Demonstranten klagen über angeblich massive Polizeigewalt (…) Die Polizei Gießen dazu: Wir prügeln nicht auf Personen ein und wir setzen auch keine Polizeigewalt ein. Was wir tun: Wir erlassen Verfügungen, und wenn denen nicht gefolgt wird, setzen wir sie zwangsweise durch. Das kann unter Zuhilfenahme des Schlagstocks passieren, aber Polizeigewalt oder einprügeln, das macht die Polizei nicht.“ Nein, natürlich nicht. Der böse Schlagstock wird dann immer ganz von selbst gewalttätig und aggressiv und zertrümmert Unterkiefer. Der Polizeisprecher im Duktus des zerknirschten, gewalttätigen Ehemanns: Mir tut es ja selbst immer am meisten weh, wenn ich meine Frau schlage, aber warum muss sie auch immer so respektlos sein!
Fast so respektlos wie ein taubstummes zwölfjähriges Kind, das beim gewaltsamen Eindringen der Polizei in die Wohnung nicht sofort in der Lage ist, deren gebrüllte Anordnungen umzusetzen. Von einem behinderten Kind fühlen sich mit tödlichen Waffen ausgerüstete Polizisten in der nicht-faschistischen BRD derartig bedroht, dass sie es beim Eindringen in die Wohnung niederschießen müssen.
Der 13. Dezember, der ACAB-Tag, fiel auf einen Samstag. Anlass für sehr viele Organisationen und Einzelpersonen, diesen Tag in bewusster Solidarität und als Aktionstag gegen Repression und Polizeigewalt zu begehen. Es gibt Zeiten, da kann es gefühlt gar nicht genug ACAB-Tage geben. Deshalb: Solidarität ist und bleibt unsere Waffe und Widerstand notwendig. Auch 2026.


