Am 24. Juli kam es in Berlin erneut zu massiver Polizeigewalt gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung. Unter dem Motto „Israel lässt Gaza verhungern!“ versammelten sich hunderte Demonstranten am Checkpoint Charlie, bevor hochgerüstete Polizisten begannen, die Kundgebung zu stürmen und Personen willkürlich festzunehmen. Zahlreiche Video-Aufnahmen belegen, dass Demonstranten dabei ins Gesicht und in die Rippen geschlagen wurden.
Am Tag nach der Kundgebung wurde bei einer Veranstaltung am Rande Berlins über den juristischen Kampf gegen die Repression gegen die Palästina-Solidaritätsbewegung diskutiert. Neben dem Berliner Anwalt Alexander Gorski war der irische Anwalt Franck Magennis anwesend, der vor allem mit Fällen in Britannien betraut ist. Gorski gewann vor zwei Wochen das Verfahren gegen das deutsche Betätigungsverbot für den palästinensischen Arzt Ghassan Abu-Sittah (UZ berichtete online am 15. Juli).
Gorski erklärte das besonders repressive Vorgehen der Polizei in Deutschland damit, dass es hierzulande keine Lobby für die palästinensische Sache gebe. Weder die gewählten Parteien noch die großen Nichtregierungsorganisationen bezögen klar Stellung zum Völkermord in Palästina und der Repression in Deutschland. Somit habe die Polizei freie Hand auf den Straßen. Die Taktik des Staates bezeichnete der Berliner Anwalt als „bürokratische Gewalt“: Es gehe darum, möglichst viele Demonstranten mit trivialen Rechtsfällen und Gerichtsgebühren zu überschütten, um die Bewegung zu lähmen und auszubluten. In der anschließenden Diskussion ging es unter anderem um alternative Formen des Protests, um diesem Mechanismus zu entgehen.
Im Gerichtssaal sei immer häufiger zu beobachten, dass nicht-rechtliche Begriffe wie „Staatsräson“ oder das „Existenzrecht Israels“ verwendet würden, um Aktivisten strafrechtlich zu verfolgen. Laut Gorski herrsche im juristischen und polizeilichen Apparat großes Unwissen über Zionismus und palästinensischen Widerstand. In den letzten Wochen habe es beispielsweise sechs Freisprüche für Personen gegeben, denen die Verwendung des Slogans „Vom Fluss bis zum Meer“ vorgeworfen worden war. Nach eingehender Prüfung konnte weder nachgewiesen werden, dass dieser Slogan von der verbotenen Hamas stammt, noch dass Staaten ein gesetzlich verankertes „Existenzrecht“ haben. Darum ist es laut Gorski so wichtig, historische Fakten vor Gericht einzubringen und auf einer politisch-juristischen Grundlage zu argumentieren. Es gehe darum, Mythen um die Situation in Palästina zu entlarven und Ereignisse, die von den deutschen Medien verzerrt dargestellt werden, richtig einzuordnen.
Der irische Anwalt Magennis hat sich in den letzten Monaten unter anderem für Beschäftigte eingesetzt, die wegen ihrer Solidarität mit Palästina entlassen wurden. Er ist zudem einer der Anwälte in dem laufenden Gerichtsverfahren zur Aufhebung der Einstufung der Hamas als terroristische Organisation in Britannien. Diesen Rechtsstreit hält er auch deshalb für wichtig und notwendig, weil die Repression gegen die Solidaritätsbewegung häufig durch die Diskreditierung des palästinensischen Widerstands gerechtfertigt werde. Ähnlich wie Gorski betonte Magennis die Notwendigkeit, vor Gericht politisch und prinzipienfest aufzutreten, die Brutalität der israelischen Besatzungspolitik aufzudecken und zu zeigen, warum Widerstand gerechtfertigt ist.