Putin und Modi trafen sich in Neu-Delhi

Störmanöver ohne Erfolg

Manchmal ist schon die Tatsache eine Nachricht wert, dass ein Treffen zwischen führenden Politikern zweier Staaten wie geplant und ohne Verstimmung stattfinden kann. Das war etwa beim Besuch von Russlands Präsident Wladimir Putin in Indien und bei seinen Gesprächen mit Indiens Ministerpräsident Narendra Modi der Fall. Drei Tage vor Putins Ankunft in Neu-Delhi hatten sich die dortigen Botschafter Deutschlands, Frankreichs und Britanniens im diplomatischen Stinkbombenwerfen geübt – diese Disziplin beherrscht man in Europa noch – und einen länglichen Namensartikel in der „Times of India“ lanciert, in dem sie allein Russland die Schuld am bisherigen Scheitern der Friedensverhandlungen im Ukraine-Krieg zuschoben. Den durchsichtigen Versuch, das Treffen zwischen Putin und Modi zu torpedieren, wies das indische Außenministerium als „nicht akzeptabel“ zurück: „Öffentliche Ratschläge“ von außen zu seinen „Beziehungen zu Drittstaaten“ verbitte Indien sich.

Und so war es keine Randnotiz, sondern eine Nachricht, dass Modi, vom üblichen Protokoll abweichend, Putin am Donnerstagabend vergangener Woche persönlich am Flughafen empfing. Dies übrigens auch deshalb, weil Indien wegen seiner engen Bindung zu Russland weiterhin auch von den USA unter Druck gesetzt wird: Washington sucht mit Strafzöllen und Sanktionen Indien zur Einstellung seiner Ölimporte aus Russland zu nötigen. Die Zölle nimmt Neu-Delhi hin, auch wenn sie der indischen Wirtschaft herben Schaden zufügen. Die Sanktionen gegen Rosneft und Lukoil aber lassen sich nicht so leicht abblocken. Steigerten indische Raffinerien ihre Ölimporte vor dem Inkrafttreten der Sanktionen am 21. November kräftig, so gingen sie im Dezember stark zurück. Ob, und wenn ja, wie, sie sich trotz der US-Maßnahmen fortsetzen lassen, war eines der Themen, über die sich Modi und Putin bei ihrem Treffen austauschten. Entscheidende Details dazu wurden aus naheliegenden Gründen nicht bekannt.

Einen wichtigen Stellenwert nahm bei den Gesprächen der bilaterale Handel ein. Der ist zuletzt auf ein Volumen von 68,7 Milliarden US-Dollar im indischen Haushaltsjahr 2024/25 in die Höhe geschnellt; das ist mehr als fünf Mal so viel wie noch Anfang der 2020er Jahre. Maßgeblich getragen wurde die Steigerung von der Zunahme des russischen Ölexports. Der indische Export nach Russland hingegen lag zuletzt bei nicht einmal fünf Milliarden US-Dollar. Moskau und Neu-Delhi wollen ihn dringend steigern – aus mehreren Gründen. Zum ersten ist für Indien ein massives Handelsdefizit ungünstig. Zum zweiten wären solidere Wirtschaftsbeziehungen der Stabilität des Verhältnisses zwischen beiden Seiten förderlich. Und zum dritten macht Indien, seit die Trump-Regierung Zölle in Höhe von 50 Prozent auf seine Exporte verhängt hat, die Erfahrung, dass die Abhängigkeit von einem einzelnen Markt recht schädliche Folgen haben kann. Das indisch-russische Wirtschaftsforum, das Putin am Freitag besuchte, hatte denn auch das Motto „Sell in Russia“.

Um die Voraussetzungen für sicheren Handel zu verbessern, sprachen Modi und Putin nicht nur über den Ausbau bilateraler, vom US-Dollar unabhängiger Zahlungssysteme, sondern auch über den Ausbau der Verkehrskorridore – die Route aus Indien über See nach Iran und von dort durch den Kaukasus oder über das Kaspische Meer nach Russland (International North-South Transport Corridor), zudem der Seeweg aus Chennai in Indiens Südosten nach Wladiwostok. Und nicht zuletzt ging es um Indiens Pläne, Kampfjets vom Typ Su-57 und Flugabwehrsysteme S-400, vielleicht auch S-500 zu erwerben. Nähere Details wurden noch nicht bekannt. Neu-Delhi ist seit einiger Zeit dabei, seine Waffenimporte zu diversifizieren; es kauft inzwischen auch Rüstungsgüter in Europa und in den USA. Letzteres ist nötig, da Indien in gewissem Umfang eine Militärkooperation mit den USA unterhält – gegen China. Sich von Moskau lösen will New Delhi allerdings nicht: Es benötigt die Zusammenarbeit, will es in seiner Rivalität mit Peking nicht von Washington abhängig werden. Dass eine solche Abhängigkeit ins Verderben führt, hat Trump jetzt mit seinen Zöllen gezeigt.

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"Störmanöver ohne Erfolg", UZ vom 12. Dezember 2025



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