Über den Entwurf eines neuen Gesetzes von Bärbel Bas

Tariftreue ja, aber …

Schon die „Ampel“ hatte sich in ihrem Koalitionsvertrag darauf verständigt. Geschehen war danach nichts. Nun hat Bundesarbeitsministerin Bärbel Bas (SPD) endlich einen Entwurf für ein Tariftreuegesetz vorgelegt. Demnach sollen Firmen bei öffentlichen Aufträgen ab 50.000 Euro künftig zusichern, tarifliche Standards einzuhalten – auch bei Subunternehmen. Dazu sollen auch Regelungen zu Urlaub, Ruhezeiten oder Weihnachtsgeld gehören. Eine neue Prüfstelle soll eingerichtet werden, die diese Standards kontrolliert und, wenn nötig, Strafen verhängt.

So will das sozialdemokratisch geführte Arbeits- und Sozialministerium (BMAS) Lohndumping mit Steuergeld verhindern und die erodierende Tarifbindung stärken. Dies ist auch bitter nötig: Laut einer aktuellen Erhebung arbeiteten 2024 nur noch 41 Prozent aller Beschäftigten in einem Betrieb mit Tarifvertrag. 1996 galt noch für gut zwei Drittel der Beschäftigten ein Branchentarifvertrag. Das entspricht einem Minus von 26 Prozent innerhalb von knapp 30 Jahren.

Aus Sicht der Beschäftigten eine fatale Entwicklung. Schließlich sind Tarifverträge neben betrieblicher Mitbestimmung ein entscheidender Faktor zur Durchsetzung besserer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Daher ist die Initiative aus dem BMAS auf den ersten Blick eine gute Nachricht. Doch der Teufel steckt bekanntlich im Detail. Für Start-ups sollen die Regelungen erst bei Aufträgen ab 100.000 Euro gelten und Aufträge zur Bedarfsdeckung der Bundeswehr sind ganz ausgenommen.

Der DGB kritisiert zudem, dass die Marke von 50.000 Euro zu hoch ist: Damit würden im Schnitt 27,5 Prozent der jährlich gut 22.000 vom Bund vergebenen Aufträge nicht unter die Tariftreuebestimmungen fallen. Hinzu kommt, dass tarifvertraglich vereinbarte Arbeitszeiten erst nach mehr als zwei Monaten Auftragsdauer gelten sollen. Gleiches gilt auch für die sehr eng gefasste Definition zum Auftragsgegenstand: So sollen Lieferleistungen vom Anwendungsbereich des Gesetzes nicht erfasst werden. Schließlich bleibt abzuwarten, was von den zweifellos auch positiven Aspekten des Gesetzentwurfes übrigbleibt, wenn dieser die Klippen Koalitionsausschuss, Bundestag und Bundesrat umschifft hat.

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"Tariftreue ja, aber …", UZ vom 1. August 2025



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