Zur Ernennung von Papst Leo XIV.

Tauschgeschäft


Sie kamen. Sie hatten eine Bibel, wir hatten das Land. Und sie sagten: „Schließt die Augen und betet.“ Und als wir die Augen wieder öffneten, hatten wir die Bibel und sie das Land.
Eduardo Galeano

Immerhin: Ein in die Welt trompetetes „I am Pope!“ blieb uns erspart – Kardinal Robert Prevost ist nicht Trumps Wunschkandidat.

Allgemein hat Erstaunen hervorgerufen, dass jemand aus den USA Papst wurde – traute man den 133 Wahlberechtigten doch durchaus die Erkenntnis zu, welch negative Wirkung das auf diejenigen Regionen der Welt haben könnte, in denen die Rolle der Katholischen Kirche bei der gewaltsamen kolonialistischen Landnahme im kollektiven Gedächtnis ist. Außerdem war vielfach ein Papst aus Afrika oder Asien gehandelt worden, weil diese Kontinente in diesem Jahrhundert Europas Dominanz in der „allumfassenden“ (= katholischen) Kirche beenden werden – man so also den Tatsachen Rechnung trüge. Allerdings sind gerade dort unter den Kardinälen eher Hardliner zu finden, so dass Prevosts Wahl ein kluger Schachzug gewesen sein könnte, um die von Papst Franziskus ins Werk gesetzte Berufung etwas fortschrittlicherer Kardinäle fortführen zu können. Prevost ist mit 69 Jahren jung genug, um weitere Pflöcke zu setzen; selbst wurde der US-Peruaner von Franziskus 2023 zum Kardinal gemacht.

Nach einem Italo-Argentinier ist nun also wieder jemand mit doppelter Staatsbürgerschaft gewählt worden. Eine kompromisshafte Inwertsetzung anderer Weltgegenden: Wieder etwas Trikont, hat Prevost doch über Jahre in Peru gearbeitet. So wie 2013 für Bergoglio soll auch für Prevost der als fortschrittlich geltende honduranische ehemalige Kardinal Rodríguez Maradiaga getrommelt haben: Gern „Dritte Welt“ – aber dann Lateinamerika.

Und wie immer wird der Namenswahl eine Programmatik beigemessen. Der Name „Leo XIV.“ sei eine Hommage an Leo XIII., der 1891 mit der Enzyklika „Rerum Novarum“ die Kirche an ihre sozialen Verpflichtungen erinnerte, heißt es. Zur Vollständigkeit: Leo XIII. war ein Papst, der nebenbei viel Macht auf sich konzentrierte.

Ob Robert Prevost Sozialpolitik oder Machtpolitik machen wird? Vielleicht beides. Besser wäre, er sammelte die Bibeln wieder ein und engagierte sich für die Landrückgabe. Sich einen Namen zu machen ist langlebiger, als sich einen Namen zu wählen.

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"Tauschgeschäft", UZ vom 16. Mai 2025



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