Zu „Falsche Richtung“, UZ vom 7. Oktober

Vergesellschaftung

Thomas Matthes, Eschborn

Der Artikel über den Tiefstand beim Neubau von Sozialwohnungen übersieht leider ein grundsätzliches Problem des sogenannten sozialen Wohnungsbaus in unserem Land. Es geht nicht nur um den Verkauf von Wohnungen der öffentlichen Hand. Als mittelfristige Katastrophe wirkt sich vielmehr aus, dass ein Großteil der Sozialwohnungen gar nicht der öffentlichen Hand gehören. Vielmehr bestehen insofern nur Belegungsrechte an Wohnungen, die von privaten Wohnungsbaugesellschaften – wenn auch teilweise mit Beteiligung der Kommunen – errichtet wurden und werden, und zwar mit massiver finanzieller staatlicher Förderung. Diese Belegungsrechte sind zeitlich befristet. Leider hat auch der Bundesgerichtshof unbefristete Rechte für unwirksam erklärt und die Dauer der Befristung sinkt tendenziell weiter. Was bedeuten schon 15 bis 20 Jahre, die heute üblich geworden sind?

Das hat zur Folge, dass bei Ablauf des Belegungsrechts die Kommunen zwar versuchen können, diese gegen entsprechende Zahlungen zu verlängern. Bei der schwierigen Finanzlage der meisten Städte und Gemeinden ist das ein sehr unscharfes Schwert und außerdem vom Wohlwollen der jeweiligen Vertragspartner abhängig. Im Ergebnis sinkt die Zahl der Sozialwohnungen permanent durch den Ablauf solcher Belegungsrechte. Zumal Bauland nun einmal nicht unbegrenzt vermehrt werden kann, ist dies ein Teufelskreis, der nur schwer zu durchbrechen ist. Der Bau neuer Sozialwohnungen mit demselben System ist faktisch nur ein Verschieben zu Lasten kommender Generationen. Letztlich kann eine Lösung nur durch Vergesellschaftung der großen Wohnungsbaukonzerne, um dann aus zeitlich befristeten Sozialwohnungen dauerhafte zu machen, möglich sein.

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"Vergesellschaftung", UZ vom 21. Oktober 2022



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