Ulrich Schneiders Rede anlässlich des Jahrestags der Ermordung Ernst Thälmanns in der Gedenkstätte des KZ Buchenwald

Von wegen „Erinnerungsweltmeister“

Am Wochenende finden in Berlin, in Ziegenhals in Königs Wusterhausen und weiteren Städten Ehrungen des Kommunisten und Antifaschisten Ernst Thälmann statt. Der Arbeiterführer wurde am 18. August 1944 von den Faschisten in Buchenwald ermordet. In Berlin wird Patrik Köbele, Vorsitzender der DKP, am Samstag, den 23. August um 14 Uhr am Thälmann-Denkmal in der Greifswalder Straße sprechen. In Ziegenhals in Königs Wusterhausen spricht Joachim Bonatz, Vizepräsident des Ostdeutschen Kuratoriums von Verbänden (OKV). Die Veranstaltung findet am Sonntag, den 24. August in der Seestraße 27 um 11.30 Uhr statt.
In der Gedenkstätte des KZ Buchenwald sprach am 18. August, dem Jahrestag der Ermordung Thälmanns, Ulrich Schneider, Generalsekretär der Fédération Internationale des Résistants (FIR). Wir veröffentlichen im Folgenden seine Rede:

Auch wenn es kein „rundes Jubiläum“ ist, scheint es mir aus mehreren Gründen wichtig und sinnvoll zu sein, des Jahrestages der Ermordung von Ernst Thälmann am 18. August 1944 regelmäßig zu erinnern.

Da die meisten von euch die historischen Fakten kennen dürften, möchte ich in der gebotenen Kürze den Blick nur auf drei Punkte richten.

Erstens:

Heute wird in der Historiographie und öffentlichen Darstellung weitgehend verdrängt, dass es die Kommunisten waren, die bereits lange vor 1933 gegen den aufkommenden Faschismus kämpften. Und tatsächlich war Ernst Thälmann ein Sinnbild des antifaschistischen Widerstandes der KPD in dieser Zeit.

Kommunistischer Widerstand

Schon in den 20er Jahren, bis zum Verbot der Organisation 1929, kämpfte Thälmann als Vorsitzender des Roten Frontkämpferbundes (RFB) gegen Reaktion und militaristische Organisationen in und außerhalb der Reichswehr, der Brutstätte der Hitler-Partei NSDAP. Nach der zugespitzten gesellschaftlichen Auseinandersetzung in der Weltwirtschaftskrise, die bekanntermaßen mit einer politisch fehlerhaften Strategie der KPD gegenüber der Sozialdemokratie und den Freien Gewerkschaften verbunden war, orientierte Ernst Thälmann im Mai 1932 gegen die zunehmende faschistische Gefahr das ZK der KPD auf die Gründung der Antifaschistischen Aktion. Diese müsse „dem Hitlerfaschismus den Weg zur Macht verlegen“, „der Faschisierung Deutschlands Einhalt (…) gebieten“ und „durch den organisierten roten Massenselbstschutz in breitester Einheitsfront den Mordterror des Hitlerfaschismus brechen“. An die Sozialdemokraten appellierte die KPD, „schlagt in die Bruderhand ein, die die Kommunistische Partei euch bietet!“

Dass die Einheitsfront nicht zustande kam, ist bekannt. Und so musste Ernst Thälmann am 7. Februar 1933 auf der konspirativen Funktionärsberatung in Ziegenhals in seiner letzten öffentlichen Rede die neue Lage einschätzen. Sein Hauptaugenmerk lag dabei auf der Zusammenführung aller gesellschaftlichen Kräfte und der Aktionseinheit der Arbeiterklasse gegen den Faschismus, was eine Fortsetzung der antifaschistischen Arbeit der KPD der vorangegangenen Jahre bedeutete.

Anfang März 1933 gelang es den Faschisten, Ernst Thälmann zu verhaften. Sie wollten ihn nicht einfach ermorden, sondern die NS-Justiz bekam die Order, einen Hochverrats-Prozess vorzubereiten, der nicht nur gegen Thälmann gerichtet war, sondern die von der Nazi-Propaganda behauptete „Putsch-Absicht“ der KPD beweisen sollte.

Eine Anklage des Oberreichsanwalts wurde erstellt, der Termin zur Hauptverhandlung auf den 14. und 15. Juli 1934 festgelegt. Jedoch kam es nie zu diesem Schauprozess.

Internationale Solidarität

Was hatte den Gesinnungswechsel hervorgerufen?

Es war der Reichstagsbrandprozess, der im Jahre 1933 als Schauprozess gegen Marinus van der Lubbe und insbesondere die kommunistischen Angeklagten Georgi Dimitroff, Wassili Tanew und Blagoi Popow sowie den deutschen Kommunisten Ernst Torgler, den Vorsitzenden der KPD-Fraktion im deutschen Reichstag, inszeniert wurde. Auch hier sollte eine „kommunistische Verschwörung“ nachgewiesen werden. Bekanntermaßen wurde dieser Prozess durch das mutige Auftreten von Georgi Dimitroff ein absolutes Desaster für die Nazipropaganda.

Wie viel mehr mussten die Nazis befürchten, dass bei einem öffentlichen Prozess gegen Ernst Thälmann dessen Auftreten ein propagandistischer „Super-GAU“ werden würde? Selbst die Anklageschrift gegen Thälmann wurde als „Geheime Reichssache“ behandelt, dennoch kam sie 1936 an die Öffentlichkeit.

Einen gewissen Schutz für Ernst Thälmann bildete die breite internationale Aufmerksamkeit. Auf allen Kontinenten entstanden Komitees „Freiheit für Ernst Thälmann und alle politischen Gefangenen in den faschistischen Haftstätten“. Die Internationale Rote Hilfe, aber auch bürgerliche Antifaschisten organisierten Solidaritätskampagnen, die faschistische Mordpläne gegen Thälmann vorläufig unmöglich machten.

Neuanfang sollte verhindert werden

Ich komme zum zweiten Aspekt, warum Thälmann im August 1944 ermordet wurde:

Der Mord an Thälmann war Ausdruck der Agonie des deutschen Faschismus, der versuchte, alles mit in den Abgrund zu reißen, um eine revolutionäre Entwicklung wie 1918, als die kämpfende Arbeiterbewegung den Deutschen Kaiser zum Rücktritt zwang und eine sozialistische Entwicklung versuchte, im Sinne der den Faschismus tragenden gesellschaftlichen Kräfte zu verhindern.

Der faschistische Krieg und die sich im Sommer 1944 ankündigende Niederlage veränderte das Interesse der Nazis. Damit war klar, dass sich der „Endsieg“ und ein Schauprozess gegen Thälmann ins Reich der Illusion verflüchtigt hatten.

Die Konsequenzen protokollierte Heinrich Himmler bekanntermaßen auf der Führerbesprechung am 14. August 1944 mit den Worten: „Thälmann ist zu exekutieren“ – und er erledigte diesen Auftrag in der von ihm gewohnten verbrecherischen Art.

Ernst Thälmann wurde am 17. August 1944 durch zwei Gestapo-Beamte aus dem Zuchthaus Bautzen ins KZ Buchenwald gebracht, wo man ihn durch ein Nebentor direkt zum Krematorium schaffte. Dort wurde er in der Nacht vom 17. August zum 18. August von einem SS-Kommando, dem Wolfgang Otto angehörte, in Empfang genommen und erschossen. Seine Leiche wurde direkt im Krematorium verbrannt. Als die Häftlinge des Arbeitskommandos am kommenden Tag die Asche fanden, sei sie dunkel gewesen, heißt es in Zeugenaussagen, was auf eine Verbrennung mit Kleidung zurückzuführen war.

Da die Nazis selbst nicht sicher waren, ob dieses Verbrechen auf Dauer geheim zu halten war, versuchten die Mörder, ihre Tat propagandistisch zu kaschieren. Im „Völkischen Beobachter“ konnte man Mitte September 1944 die Meldung finden, Thälmann sei zusammen mit Rudolf Breitscheid bei einem Bombenangriff auf die Umgebung von Weimar, bei dem auch das Konzentrationslager Buchenwald von zahlreichen Sprengbomben getroffen wurde, ums Leben gekommen. Das traf zwar für Rudolf Breitscheid zu, der im „Sonderlager Fichtenhain“ eingekerkert war, aber nicht für Ernst Thälmann.

Illegale Gedenkfeier

Auch im KZ selber hatte sich der Mord schneller herumgesprochen, als es der SS lieb war. Als die Meldung im „Völkischen Beobachter“ erschien, hatten die Genossen traurige Gewissheit. Schon vorher hatte sich ein polnischer Tatzeuge deutschen Antifaschisten anvertraut und ihnen vom Mord an Ernst Thälmann berichtet.

In einer – wenn man die Regeln der Konspiration anwendet – unbedachten, aber auch heute vollkommen verständlichen Reaktion organisierten kommunistische Häftlinge am 18. September 1944 im Keller der Desinfektion-Blocks, wo heute die Kunstausstellung untergebracht ist, eine illegale Gedenkfeier für Ernst Thälmann.

Die Aktion war nicht mit der illegalen Leitung abgestimmt. Wahrscheinlich hätte sie aus Sicherheitsgründen ein solches Treffen abgelehnt, denn tatsächlich nahm auch ein Gestapospitzel an dieser Feier teil. Mehrere Teilnehmer wurden verraten, unter ihnen Bruno Apitz, der bei der Feier musizierte, Willi Bleicher, Kapo in der Effektenkammer, der spätere Bezirksleiter der IG Metall von Baden-Württemberg, der von der Gestapo als Organisator der Gedenkfeier angesehen wurde, sowie der österreichische Kommunist Hans Sündermann, der Mitglied im Internationalen Lagerkomitee war. Die letzten beiden wurden daraufhin in das Gestapogefängnis nach Weimar verschleppt.

Kein Interesse an der Wahrheit

Und der dritte Aspekt ist der Umgang mit dem Mord in der alten BRD, was ein Spiegelbild des Umgangs mit der faschistischen Vergangenheit war – in einer Gesellschaft, die sich heute gerne „Erinnerungsweltmeister“ nennt.

Zum ersten Mal wurde der Mord im Frühjahr 1947 im Buchenwald-Prozess vor dem amerikanischen Gerichtshof in Dachau behandelt. Ihr kennt sicherlich den Bericht des polnischen Häftlings Marian Zgoda. Seine Aussage wurde unter anderem in der „Rhein- Neckar-Zeitung“ am 26. April 1947 veröffentlicht. Auch die „Frankfurter Rundschau“ titelte am 22. April 1947: „Ernst Thälmann wurde erschossen und verbrannt“.

Der Tatbeteiligte Wolfgang Otto wurde im August 1947 wegen Mithilfe und Teilnahme an Gewaltverbrechen im KZ Buchenwald zu 20 Jahren Haft verurteilt – jedoch nicht wegen der Ermordung von Ernst Thälmann, da die Amerikaner nur die Verbrechen gegen ausländische Häftlinge ahndeten. Seine Haftzeit wurde später auf zehn Jahre Haft reduziert, wobei er nach weniger als fünf Jahren „wegen guter Führung“ vorzeitig aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg entlassen wurde. Dass er anschließend als Lehrer an einem katholischen Gymnasium in Nordrhein-Westfalen unterrichten konnte, ist mehr als zynisch.

Rosa Thälmann bemühte sich, den Mord an Ernst Thälmann auch juristisch verfolgen zu lassen. Doch die bundesdeutsche Justiz zeigte keinerlei Interesse mehr. Ab 1962 wurden in den folgenden 25 Jahren insgesamt sieben Ermittlungsverfahren gegen Wolfgang Otto angestrengt, jedoch mit fadenscheinigen Begründungen von der Justiz abgewiesen. Erst als die Tochter Thälmanns, Irma Gabel-Thälmann, über ihren Anwalt Heinrich Hannover am 24. Februar 1982 einen Klageerzwingungsantrag vor dem Oberlandesgericht Köln stellte, kam es in der Folge 1985 zu einem Hauptverfahren vor dem Landgericht Krefeld. Als kleine Sensation kann es bezeichnet werden, dass die DDR sogar einen Ortstermin in der Gedenkstätte Buchenwald ermöglichte, bei dem der Zeuge Zbigniew Fuchs, Häftling im Leichenträgerkommando wie Marian Zgoda, der aus Polen angereist war, in eindrucksvoller Weise über die Mordnacht berichtete.

Am 15. Mai 1986 verurteilte das Landgericht Krefeld Otto zu vier Jahren Haft wegen „Beihilfe zum Mord“.

Damit sind eigentlich die Fakten geklärt. Doch wer heute auf die Wikipedia-Seite zu Ernst Thälmann schaut, wird mit der absurden Behauptung konfrontiert, „die genauen Umstände von Thälmanns Tod seien unklar und in der Forschung bis heute umstritten“.

In der seriösen Geschichtsforschung sind die Umstände nicht umstritten, aber alle, die dem Andenken von Ernst Thälmann schaden wollen und die dafür auch bereit sind, SS-Täter zu entlasten, nehmen einen bundesdeutschen Justizskandal als Rechtfertigungsgrund. Denn das Urteil gegen den Tatbeteiligten Wolfgang Otto wurde 1987 im Revisionsverfahren vom Bundesgerichtshof kassiert und an das Landgericht Düsseldorf zurückverwiesen. Dieses sprach den Angeklagten ohne erneute Beweisaufnahme vom „Mordvorwurf“ frei. Für diesen Freispruch drehte das Gericht eine inhaltliche Pirouette, wie sie in der Justizgeschichte nur selten zu finden ist. Es beschäftigte sich mit der Frage, ob die Ermordung Ernst Thälmanns juristisch „Mord“ oder „Totschlag“ sei. Da Ottos Tätigkeit im Mord-„Kommando 99“ unstrittig war – er hatte dafür entsprechende Vergünstigungen, Urlaubstage, Schnaps und Zigarettenrationen erhalten – waren „niedere Beweggründe“ nicht in Frage zu stellen. Aber das Gericht fand dennoch einen Ausweg. Da Ernst Thälmann, als er in das KZ Buchenwald verbracht wurde, nicht arglos gewesen sein konnte, was mit ihm passieren solle, so das Gericht, könne man nicht von „Heimtücke“ sprechen und damit nicht von Mord, sondern nur von Totschlag – und der sei bekanntermaßen verjährt.

Freispruch dritter Klasse für Otto

Außerdem hatte der BGH 1987 dem Krefelder Gericht vorgehalten, dass es sein Urteil auf Aussagen ehemaliger Häftlinge oder SS-Leute in Buchenwald aus dem Jahre 1963 stütze. Diese Zeugen seien aber zum Zeitpunkt des Prozesses entweder tot oder wegen „seniler Demenz“ nicht mehr vernehmungsfähig gewesen. Wenn man diesen Vorwurf weiterdenkt, bedeutete es faktisch, man musste bei Prozessen gegen NS-Verbrechen nur so lange warten, bis es keine lebenden oder vernehmungsfähigen Zeugen mehr gibt, um die Täter, die das Glück hatten, zu überleben, freisprechen zu können. Das hatte tatsächlich Auswirkungen bei den Prozessen, die in den vergangenen Jahren gegen Täter aus dem KZ Auschwitz stattgefunden haben.

Die Aufhebung des Urteils gegen Otto war also ein „Freispruch 3. Klasse“, aber ein Schlag ins Gesicht all derjenigen, die sich für eine juristische Aufarbeitung dieses Verbrechens eingesetzt hatten. Die DDR–Regierung machte angesichts eines solchen Urteilsspruchs, wie schon in den Jahren zuvor, als es um das Klageerzwingungsverfahren ging, der Bundesrepublik vollkommen zurecht den Vorwurf, im Westen seien die NS-Täter nicht nur in Amt und Würden gekommen, wie verschiedene Bundesminister und Bundeskanzler Kiesinger, sondern selbst überführte Verbrecher würden geschont, wenn es nur gegen Kommunisten ginge.

Delegitimierung der DDR

Und hier finden wir den tatsächlichen Grund, warum die Vorgänge um den Thälmann-Mord angeblich „umstritten“ seien. Es geht nicht nur um eine Leugnung der Täterschaft Ottos, sondern um eine seit mehr als drei Jahrzehnten betriebenen Delegitimierung der DDR und ihres antifaschistischen Anspruchs. Man war sich auch nicht zu schade dazu, als in den Tiefen der Aktenbestände der DDR eine Notiz auftauchte, dass die DDR den Aufenthaltsort eines weiteren Tatbeteiligten gekannt habe, der DDR vorzuwerfen, sie habe damit bewusst die Aufklärung des Mordes an Ernst Thälmann behindert. Was auch immer die Staatssicherheit veranlasst haben mag, diese Information nicht weiterzugeben, sei dahingestellt. Diese Person lebte aber in der BRD, und bundesdeutsche Ermittlungsbehörden hätten alle Möglichkeiten gehabt, sie ebenfalls ausfindig zu machen.

Aber darum ging es den politisch Verantwortlichen ja überhaupt nicht. Es ging und geht um eine Abwicklung der Erinnerung, und auch um eine Verdrängung der jahrzehntelang fehlenden Aufarbeitung in der BRD.

Dies versuchte die bundesdeutsche Politik Anfang der 90er Jahre, mit dem Ende der DDR, auch in den Gedenkstätten durchzusetzen. So wurde zuerst an diesem historischen Ort die Stele mit der Thälmann-Büste abmontiert. Auch die Gedenktafel sollte verschwinden. Als diese Pläne jedoch bei den ehemaligen Häftlingen auf Widerstand stießen, wurde die Tafel mehrfach mit „geschichtspolitischen Interpretationen“ versehen, die sich gegen das Thälmann-Gedenken in der DDR richtete. Dank des unermüdlichen Einsatzes der Tochter von Ernst Thälmann und des Internationalen Komitees Buchenwald-Dora und Kommandos wurde vor einigen Jahren der jetzige Text gefunden, mit dem man zumindest leben kann.

Ideologische Angriffe auf Erinnerungskultur

Solche ideologischen Angriffe auf die Erinnerung, die Beseitigung von Gedenkorten und die Infragestellung von historischen Fakten stellen uns als Antifaschisten vor die Aufgabe der Bewahrung der antifaschistischen Erinnerung. Wir müssen immer wieder den nachgeborenen Generationen erklären, warum dieser Mord an Ernst Thälmann vor 80 Jahren nie verjähren kann.

Egal, ob man Kommunist ist oder aus anderen Überzeugungen Antifaschist – die Erinnerung an Ernst Thälmann verbindet uns alle. Mit dem Mord an Thälmann ging es den Faschisten darum, den Führer der Partei zu vernichten, deren Mitglieder den größten Blutzoll im Kampf gegen die NS-Herrschaft gezahlt haben, die von Anfang an, bis 1945, mit ihren – oftmals bescheidenen – Mitteln sich gegen Verfolgung und Kriegsvorbereitung eingesetzt haben. Kommunisten waren es, die in den verschiedenen Regionen auch die alltägliche Solidarität mit Verfolgten organisierten.

Diese Aussage bedeutet keine Idealisierung der KPD und Ernst Thälmanns, oder eine Geringschätzung der politischen und ideologischen Fehler, die auch die Kommunisten in der Weimarer Zeit gemacht haben, die die Zusammenarbeit der unterschiedlichen gesellschaftlichen Kräfte gegen den Vormarsch des Faschismus behinderten. Darüber gilt es, auch heute, immer wieder gemeinsam zu streiten. Aber nicht wegen gegenseitiger Schuldzuweisungen, sondern um ein möglichst breites gesellschaftliches Bündnis gegen jede Rechtsentwicklung zu schaffen.

Der Schwur von Buchenwald

Wenn wir als Antifaschisten uns heute auf die Tradition des Schwurs von Buchenwald berufen, und zwar auf den Satz „Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln“, dann bedeutet es, nicht nur dem heutigen Vormarsch von offenen Neonazis oder extremen Rechten in der AfD entgegenzutreten, sondern für gesellschaftliche Verhältnisse zu streiten, die sozial gerecht und demokratisch sind, die allen Menschen in unserem Land eine gesicherte Existenz und Frieden ermöglichen. In diesem Sinne bekräftigen wir den Schwur von Buchenwald zur „Schaffung einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit!“

Und wir lassen uns dabei nicht durch „Interpretationen“ eines Verfassungsschutzes irritieren, der behautet, der Schwur von Buchenwald sei ein Indiz für eine kommunistische Faschismus-Interpretation, die auf eine Überwindung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung ziele.

Aber auch nicht von Wortklaubereien, die darauf hinzielen, der Wortlaut des Schwurs sei eine „kommunistische Fälschung“.

Nein, dieser Schwur ist seit 80 Jahren das politische Vermächtnis für die internationale antifaschistische Bewegung, wie mir als Generalsekretär der FIR sehr wohl bewusst ist. Zu diesem Schwur stehen wir.

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