„Olli, rück die Zukunft raus – hier gehen sonst die Lichter aus!“ Diese und andere Losungen waren am Abend des 8. Dezember an der Außenwand des Osnabrücker Volkswagen-Werkes zu lesen. 200 Metallerinnen und Metaller hatten sich nach ihrer in jedem Quartal stattfindenden Delegiertenversammlung in einem Autokorso auf den Weg zum Werkstor von Volkswagen Osnabrück gemacht. Dort wurden sie von IG-Metall-Vertrauensleuten des Werkes erwartet. Unter dem Motto „Advent, Advent, unsre Zukunft brennt“ forderten sie Zukunftsperspektiven für das Osnabrücker Volkswagen-Werk und die anderen Industriebetriebe der Region sowie die Sicherung des Sozialstaates.
Bei Volkswagen Osnabrück produzieren zurzeit noch circa 2.300 Beschäftigte vor allem den T-Roc Cabrio. Diese Produktion läuft 2027 aus. Die weitere Zukunft ist nach wie vor ungewiss. Das Tarifrundenergebnis kurz vor Weihnachten 2024 enthielt für Osnabrück keine klaren Zukunftsperspektiven. Beschäftigte, Betriebsrat und IG Metall fordern diese vom Volkswagen-Vorstand ein – und das nicht zum ersten Mal. Zur Aufsichtsratssitzung im September hatte die ganze Belegschaft eindrucksvoll ihre Ängste, aber auch ihre Erwartungen an den Vorstand demonstriert.
Im Frühjahr 2025 bekundete der Rüstungskonzern Rheinmetall Interesse, das Osnabrücker Werk für die Produktion von Militärfahrzeugen zu nutzen. Ende März war Rheinmetall-Chef Armin Papperger vor Ort in Osnabrück. Er bezeichnete das Werk als „gut geeignet“. Vor Kurzem hieß es allerdings, Rheinmetall benötige zurzeit keine zusätzlichen Kapazitäten. Nach allen Erfahrungen mit der Militarisierung vorher ziviler Betriebe ist es zudem eher unwahrscheinlich, dass eine solche Umrüstung Beschäftigung für alle derzeit dort Arbeitenden bringen würde.
In Osnabrück wurde der pazifistische Schriftsteller Erich Maria Remarque („Im Westen nichts Neues“) geboren und der „Westfälische Frieden“, der 1648 den Dreißigjährigen Krieg beendete, wurde hier (zusammen mit Münster) verhandelt. Die Stadt versteht sich daher als „Friedensstadt“. Eine mögliche Kriegsproduktion ist hier besonders umstritten.
Das Osnabrücker Werk ist seit Ende 2009 als formal eigenständige GmbH Teil von Volkswagen. Vorausgegangen war die Insolvenz des ehemaligen Auftragsfertigers Karmann. Das Unternehmen hatte seit 1901 in Osnabrück für größere Hersteller komplette Fahrzeuge sowie Pressteile, Karosserien, Presswerkzeuge, Produktionsanlagen und Dachsysteme für Cabrios entwickelt und produziert. In der Krise ab 2007/2008 erhielt Karmann jedoch keine Aufträge mehr von den Autokonzernen und die Alt-Eigentümer führten das Werk in die Insolvenz. Eine breite politische Bewegung in der Region erreichte die Erhaltung der Arbeitsplätze durch den zu 20 Prozent landeseigenen Volkswagen-Konzern.
„Über das Fleisch, das euch in der Küche fehlt, wird nicht in der Küche entschieden“, schrieb Brecht in „Die Mutter“. Das gilt auch für die Arbeit, die in Osnabrück fehlt. Die Beschäftigten tun in jedem Falle gut daran, den Vorstand weiter lautstark zu fordern.
Besonders beeindruckend war am 8. Dezember der Beitrag der IG-Metall-Jugend. Diese warnte in einer düsteren Zukunftsvision nicht nur vor Deindustrialisierung und Sozialabbau, sondern auch vor „Kriegstüchtigkeit“, Militarisierung und Wehrpflicht. Sie forderte: „Keine Wehrpflicht über unsere Köpfe hinweg. Keine Rentenpolitik, die uns ausbrennen lässt. Keine Ausbildung, die minimal kostet und maximal fordert.“









